BlickfeldPrivate Equity

Doktor Private Equity wird bald schon schärfer reguliert

Finanzinvestoren dürfen weiter in Medizinische Versorgungszentren investieren. Aber ihnen werden voraussichtlich erhebliche Auflagen gemacht.

Doktor Private Equity wird bald schon schärfer reguliert

Doktor Private Equity wird reguliert

Finanzinvestoren dürfen weiter in medizinische Versorgungszentren investieren. Aber ihnen werden voraussichtlich erhebliche Auflagen gemacht.

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Finanzinvestoren im deutschen Gesundheitssektor sind schon seit Weihnachten alarmiert. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte angekündigt, „den Einstieg dieser Heuschrecken in Arztpraxen zu unterbinden“ und der „Gier-Medizin“ Einhalt zu gebieten. Politisches Ziel sollte es demnach sein, Fremdinvestoren mit ausschließlichen Kapitalinteressen von der Gründung und dem Betrieb von medizinischen Versorgungszentren (MVZ) auszuschließen. Ganz so extrem wird es wohl nicht kommen. Doch die Angespanntheit in der Branche vor dem erwarteten Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums ist groß.

Es ging am Anfang bei den Private-Equity-Investments im Gesundheitssektor um Laborbetreiber, Radiologieketten und Augenärzte. Inzwischen geht es auch um Zahnärzte, Kardiologen, Orthopäden und andere Facharztketten. Finanzinvestoren, die in MVZ investierten, haben in der jüngeren Vergangenheit als ersten Schritt immer zugelassene Krankenhäuser erworben, weil das die Voraussetzung für MVZ-Investments ist. Diese Krankenhäuser wiederum fungierten dann als Plattform, entweder für die Gründung von neuen MVZ oder zum Erwerb von bestehenden Einrichtungen. Größere Private-Equity-Investoren im Bereich der MVZ sind oder waren bis vor kurzem IK Partners, EQT, Gilde, PAI Partners, Waterland Private Equity und Nordic Capital. Seit 2016 hat sich die Zahl der MVZ von rund 2.500 auf rund 4.200 erhöht. Rund ein Viertel davon gehören Finanzinvestoren.

Ihre Milliardeninvestments schienen jetzt auf dem Spiel zu stehen. “Ganz so schlimm, wie die Ankündigung von Gesundheitsminister Lauterbach befürchten ließ, wird es wohl aber nicht kommen”, sagt Benjamin Rapp, Partner der US-Kanzlei Weil Gotshal in Frankfurt. “Ein Verbot von Investments der Finanzinvestoren in MVZ wird aller Voraussicht nach nicht kommen und auch kein Verbot von Gewinnabführungsverträgen.”

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Darüber herrscht beinahe Sicherheit, weil beide Punkte in der Entschließung des Bundesrates zur Schaffung eines MVZ-Regulierungsgesetzes fehlen, die der Bundesrat am 16. Juni gefasst hat. Darüber hinaus scheinen sich die Investoren auch sicher zu sein, dass es keinerlei Rückwirkung auf schon bestehende MVZ-Plattformen geben wird. Auch auf künftige Käufer werden demnach wohl die neuen Regeln nicht angewendet, so die Erwartung. Deshalb haben die Käufe von Arztpraxen und Laboren laut Unternehmensberatung PwC zuletzt sogar zugenommen: „Transaktionen in diesem Bereich haben sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt”, sagt Alexander von Friesen, Partner mit Verantwortung Healthcare M&A bei PwC Deutschland. Den Trend befeuerten vor allem fachfremde Finanzinvestoren und strategische Investoren aus dem Ausland, die ihre Ketten von medizinischen Versorgungszentren (MVZ) um Praxiszukäufe erweitern wollen. “Dahinter steckt aus meiner Sicht eine Art Torschlusspanik, denn das Bundesgesundheitsministerium plant eine Verschärfung der Regulierung, die Handlungsspielräume für private Kapitalgeber potenziell stärker begrenzen könnte“, vermutet von Friesen.

Seit der Annahme des Entschließungsantrags durch den Bundesrat, der unter Federführung des bayerischen Gesundheitsministeriums unter Minister Klaus Holetschek entstand, liegt der Ball nun bei der Bundesregierung. Das Bundesministerium für Gesundheit wird nun bald einen Gesetzentwurf vorlegen, so die allgemeine Erwartung. Deswegen steigt die Spannung. Tatsächlich enthält der Antrag der Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, den der Bundesrat beschlossen hat, in den neun Kernforderungen einzelne Punkte, die aus Sicht der Investoren problematisch sind, und andere, die harmlos sind. Als harmlos gilt die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Träger und Betreiber von MVZ auf dem Praxisschild, inklusive der Angabe der Rechtsform (MVZ-Schilderpflicht). Dasselbe gilt für die Einführung eines gesonderten MVZ-Registers mit Offenlegung der nachgelagerten Inhaberstrukturen (MVZ-Register).

Kopfschmerzen verursachen der Branche dagegen zwei andere Forderungen. Da ist zum einen die räumliche Beschränkung der Gründungsbefugnis von Krankenhäusern für (zahn)ärztliche MVZ (50 Kilometer Radius um das jeweilige Krankenhaus). “Die bisher im Einzelfall gewählte Strategie des Erwerbs eines zugelassenen Krankenhauses, welches sodann MVZ im ganzen Bundesgebiet erwirbt bzw. gründet, wäre damit hinfällig”, sagt Weil-Partner Rapp.

Zum anderen ist da die geplante Streichung der Möglichkeit des Arztstellenerwerbs für MVZ im Wege des Zulassungsverzichts durch einen Vertragsarzt, die Investoren zusetzen würde. “Auch wenn diese Art des Erwerbs eines Arztsitzes durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bereits erschwert wurde, würde die Einführung der Neuregelung die Neugewinnung von Arztsitzen durch MVZ in gesperrten Planungsbezirken stark einschränken, da investorengeführte MVZ bereits nach den derzeitigen Regelungen bei der Ausschreibung von Arztsitzen nachrangig zu berücksichtigen sind”, warnt Weil-Partner Rapp.

Vorzieheffekt

Das Transaktionsgeschehen wird derzeit von den Befürchtungen angeheizt. “Den Spitzenplatz nimmt dabei der Fachbereich Radiologie ein, der mit 18 Transaktionen beteiligt ist”, fasst PwC-Partner von Friesen zusammen. “Weitere Praxiszukäufe wurden durch verschiedene Zahnarzt-Gruppen getätigt.” So werde das Transaktionsgeschehen im Jahr 2023 voraussichtlich weiter geprägt werden durch Zukäufe von existierenden MVZ-Gruppen in der Hand insbesondere von Private-Equity-Investoren, während sich neue Investoren mit dem Einstieg in den ambulanten Markt aufgrund der noch unklaren zukünftigen regulatorischen Situation vielleicht noch etwas zurückhalten.

Die Überlegungen des Gesundheitsministeriums, derartige Aktivitäten zukünftig einzuschränken, hätten womöglich einige Transaktionen beschleunigt, schätzt PwC. Andererseits habe diese Diskussion den Verkauf von MVZ-Ketten im Rahmen von Exits durch Finanzinvestoren aber auch erschwert.

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