Rückversicherer

Swiss Re beerdigt Prestigeprojekt

Der Schweizer Rückversicherer Swiss Re gibt nach neun sehr verlustreichen Jahren seine Versicherungsplattform Iptiq auf. Einige Teile werden geschlossen, andere sollen verkauft werden.

Swiss Re beerdigt Prestigeprojekt

Swiss Re schüttet
weiteres Milliardengrab zu

„White Label“-Geschäft wird nach neun Jahren aufgegeben

dz Zürich

Swiss Re stopft alte Verlustlöcher. Im Zuge der Quartalskommunikation hat der Rückversicherer die Aufgabe des Start-up-Unternehmens Iptiq angekündigt. Swiss Re hatte Iptiq vor neun Jahren aus Angst, obsolet zu werden, wenn die Welt dereinst keine Rückversicherer mehr benötigen sollte, gegründet. Also bot man Nichtversicherungsunternehmen wie etwa dem Möbelhändler Ikea die Möglichkeit, ihren Kunden auf digitalen Plattformen Versicherungsdeckungen unter eigenem Namen anzubieten, welche im Hintergrund von Swiss Re gemanagt werden. 

Wirkung weit überschätzt

Doch der Technologiewandel und die Kapitalflut, mit der Investoren im Zuge der kräftigen Börsenerholung nach der Finanzkrise die globalen Rückversicherungsmärkte überschwemmt und bei den Platzhirschen die Existenzängste ausgelöst hatten, erwiesen sich in ihrer Wirkung als weit überschätzt. Iptiq fand nie genügend Kunden und hat allein in den vergangenen zwei Jahren Verluste von 360 Mill. bzw. 250 Mill. Dollar angehäuft.

Schließen oder verkaufen

Finanzchef John Dacey sagte auf einer Telefonkonferenz, Iptiq bestehe aus verschiedenen Einheiten in Europa und den USA. Einige könnten vielleicht unter einer neuen Eigentümerschaft fortgeführt werden. Andere aber gelte es wohl zu schließen. Die Restrukturierung werde im laufenden Jahr noch einmal Geld kosten, sagte Dacey. Eine Summe nannte er ebenso wenig wie eine Zahl betroffener Iptiq-Mitarbeitender. So oder so dürfte Iptiq der Swiss Re über die volle Laufzeit Verluste in Milliardenhöhe eingebrockt haben.

Das Start-up wurde unter der Ägide von Christian Mumenthaler aufgebaut, der 2016 an die Spitze der Swiss Re gelangt war. Der Manager kommentiert die Aufgabe des Prestigeprojektes so: „Das aktuelle Marktumfeld unterscheidet sich erheblich von dem zur Zeit der Gründung von Iptiq.“ Swiss Re sei deshalb „nicht mehr die beste Eigentümerin“.

Verluste in Milliardenhöhe

Die schlimmsten Verluste von Iptiq folgten einer Phase, in der Swiss Re im Geschäft mit großen Unternehmenskunden („Corporate Solutions“) Verluste in mehrfacher Milliardenhöhe angehäuft hatte. Der deutsche Manager Andreas Berger, der dieses Corporate-Geschäft ab 2020 in die Gewinnzone zurückbrachte, übernimmt Anfang Juli die Position von Mumenthaler.

Inzwischen gelingt es den Rückversicherern so gut wie schon lange nicht mehr, sich mithilfe von Prämienerhöhungen schadlos zu halten. So hat auch Swiss Re 2023 eine starke Steigerung des Gewinns auf 3,2 Mrd. Dollar geschafft, und für das laufende Jahr sagt der Konzern ein Ergebnis von mehr als 3,6 Mrd. Dollar voraus. Nach drei Monaten weist Swiss Re einen Gewinn von 1,1 Mrd. Dollar aus.

Ivan Gonzalez folgt Andreas Berger

An Bergers Stelle tritt mit Ivan Gonzalez ein altgedienter Swiss-Re-Manager, der aktuell für das Rückversicherungsgeschäft in China verantwortlich ist und davor die verlustreiche Unternehmensversicherungssparte in den USA geleitet hatte. Ein Hinweis, dass Swiss Re unter Berger die Kosten stärker in den Blick nehmen wird, ist auch der Hinweis, dass der Konzern keinen Ersatz für das auf Ende August zurücktretende Konzernleitungsmitglied Moses Ojeisekhoba mehr suchen und dessen Geschäftseinheit Global Clients and Solutions auflösen wird.

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