LeitartikelUS-Regulierung

Amerikas Regulierungsbehörden geben im Wahljahr ein schwaches Bild ab

Amerikas Regulierungsbehörden fallen im US-Wahljahr vor allem mit Aktionismus auf. Konstruktives oder Effektives kommt bei ihren zahlreichen Markteingriffen selten bis gar nicht heraus.

Amerikas Regulierungsbehörden geben im Wahljahr ein schwaches Bild ab

US-Regulierung

Bizarres Beamtenmikado

Amerikas Regulatoren müssen ihren blinden Aktionismus im Jahr der Präsidentschaftswahl dringend abstellen.

Von Alex Wehnert

Amerikas Regulatoren geben im Jahr der Präsidentschaftswahl ein bizarres Bild ab. Denn ob die Börsenaufsicht SEC, die Kartellbehörde FTC oder die Einlagensicherung FDIC – alle spielen sie eine umgekehrte Form des beliebten Beamtenmikado. Dabei verliert nicht der Erste, der sich bewegt, sondern der Letzte. So überbieten die Behörden einander hinsichtlich der Zahl ihrer Regelinitiativen und Vollstreckungsmaßnahmen gegen einzelne Unternehmen sowie Personen geradezu oder fühlen sich bemüßigt, sich in Regulierungsprozesse in anderen Rechtsräumen einzumischen. Konstruktives oder Effektives kommt dabei selten bis gar nicht heraus.

Die FTC liefert dafür die besten Beispiele. So hat die Aufsicht eine Klage eingereicht, um den Merger zwischen der Handtaschenholding Tapestry, zu deren Portfolio Marken wie Coach gehören, und der Michael-Kors-Mutter Capri zu blockieren. Nach Darstellung der Behörde würde die Fusion den Wettbewerb im Markt für Luxusgüter beschneiden und damit negative Auswirkungen für Konsumenten entfalten. Denn sollen sich Arbeiter am Band von Ford und General Motors künftig etwa höhnischem Gelächter aussetzen, wenn sie aus Kostengründen nicht mehr mit der neuen Michael Kors am Arm zum Dienst erscheinen können?

Falsche Gewichtung

Dass die FTC mit Blick auf Luxusgüter, die für mehrere 100 Dollar über den Tresen gehen, mit dem Verbraucherwohl argumentiert, ist in doppelter Hinsicht lachhaft. Denn einerseits ist der Markt für Hochpreis-Accessoires schon extrem konzentriert, europäische Schwergewichte wie LVMH generieren jährlich ein Vielfaches der Erlöse von Tapestry und Capri. Den New Yorker Handtaschenholdings eine Fusion zu erlauben, würde sie gegenüber den Luxusgiganten konkurrenzfähiger machen und damit einen stärkeren Preiswettbewerb begünstigen. Andererseits aber setzt sich die FTC bei viel folgenschwereren Transaktionen mitnichten effizient für das Verbraucherwohl ein.

Erst Anfang Mai hat ExxonMobil die Übernahme des Ölförderers Pioneer Natural Resources abgeschlossen. Natürlich hat sich die Kartellaufsicht auch bei dieser Transaktion eingemischt, sich allerdings mit niedrigschwelligen Zugeständnissen abspeisen lassen. So darf Ex-Pioneer-Chef Scott Sheffield nicht in den Exxon-Verwaltungsrat einziehen. Denn die FTC hegt schwere Bedenken wegen geheimer Absprachen, die der 71-Jährige mit der Opec getroffen haben soll.

Verbraucher zahlt Preis für Ölmerger

Die Behörde feiert sich nun dafür, dass Sheffield seinen Einfluss nicht ausweiten kann. In Wahrheit hat die FTC allerdings nichts erreicht, außer auf Basis dünner Beweise die Reputation eines einzelnen Managers zu beschädigen. Der Output der US-Ölkonzerne wird indes auch ohne Sheffields Zutun sinken. Schließlich stellen Branchenriesen wie ExxonMobil ihr Erlöswachstum stärker hinter Shareholder Returns zurück und bohren daher weitaus weniger neu als kleinere Förderer. Am Ende zahlt der viel beschworene Verbraucher den Preis für die Ölmerger, an deren Blockade sich die FTC nicht einmal ernsthaft versucht.

Die Börsenaufsicht SEC arbeitet keinen Deut effektiver. Mit ihren weitreichenden Klima-Offenlegungspflichten und Kampagnen bei Private Funds und Geldmarktfonds stärkt sie nicht den Anlegerschutz, sondern verursacht nur höheren Verwaltungsaufwand und rechtliche Risiken. Die FDIC kritisiert Schweizer Regulatoren indes, weil sie die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS vermittelten. Die US-Einlagensicherung würde in einem ähnlichen Fall nicht vor einer Abwicklung zurückschrecken, tönte Behördenchef Martin Gruenberg jüngst. Erstens ist dies unglaubwürdig, weil die FDIC die Einlagen der kollabierten Silicon Valley Bank garantierte. Und zweitens täte Gruenberg, der mit einem Skandal um sexuelle Belästigung in seiner Behörde konfrontiert ist, besser daran, vor der eigenen Haustür zu kehren.

Amerikas Regulatoren müssen ihren blinden Aktionismus nun dringend abstellen. Im US-Wahljahr dürften die demokratisch kontrollierten Behörden ihrem Präsidenten Joe Biden mit ihrem bizarren Beamtenmikado aber bereits mehrere Bärendienste erwiesen haben.

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