Beihilfe zur Veruntreuung

Wulf Matthias im Visier der Wirecard-Ermittler

Als Wulf Matthias im Januar 2020 nach mehreren peinlichen Pannen in der Kapitalmarktkommunikation bei Wirecard den Aufsichtsratsvorsitz an Thomas Eichelmann abtrat, wollte er das seinerzeit als „Generationenwechsel“ verstanden wissen – so, als wäre...

Wulf Matthias im Visier der Wirecard-Ermittler

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Als Wulf Matthias im Januar 2020 nach mehreren peinlichen Pannen in der Kapitalmarktkommunikation bei Wirecard den Aufsichtsratsvorsitz an Thomas Eichelmann abtrat, wollte er das seinerzeit als „Generationenwechsel“ verstanden wissen – so, als wäre das ein ganz normaler Vorgang. Zu dieser Zeit stand der Zahlungsabwickler aber längst am Abgrund, wie sich später herausstellte. Nach einem aufgedeckten Bilanzloch von 1,9 Mrd. Euro infolge mutmaßlicher krimineller Machenschaften brach das im September 2018 in den Dax aufgestiegene Fintech am 25. Juni 2020 unter der Last hoher Schulden zusammen. Fast ein Jahr nach der Pleite holt den heute 76-Jährigen die unrühmliche Vergangenheit wieder ein. Der langjährige Chefaufseher von Wirecard ist ins Visier der Strafermittler geraten. Am Dienstag ließ die Staatsanwaltschaft München seine Privat- und Büroräume durchsuchen. Darüber berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. Die Justiz geht dem Verdacht nach, dass Matthias Beihilfe zur Veruntreuung von Firmenvermögen geleistet haben soll.

Im Fokus stehen frühere Darlehen der Wirecard AG und ihrer Bank an ausländische Partnerunternehmen. Letztere erwiesen sich den Ermittlern nach als bizarre Gebilde, über die vermutlich Scheingeschäfte abgewickelt wurden. Matthias soll dabei eine Mitverantwortung tragen. Denn als ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender habe er es zugelassen, dass das Kontrollgremium damals diese Kredite kritiklos genehmigte.

Die juristische Aufarbeitung des Desasters um Wirecard ist damit um ein Kapitel reicher. Die Ermittlungsbehörde führt ihn dem Vernehmen nach als Beschuldigten. Dem Rechtsprinzip nach gilt für ihn die Unschuldsvermutung. Ungeachtet dessen hatte sich Matthias in der Causa Wirecard nicht mit Ruhm bekleckert. Die Insolvenz beziehungsweise die aufgedeckten Luftbuchungen gigantischen Ausmaßes von Seiten der verdächtigten Ex-Konzernmanager waren auch das Resultat eines Kontrollversagens. Erst unter Eichelmanns Initiative soll im Herbst 2019 im Aufsichtsrat ein Prüfungsausschuss eingerichtet worden sein. Der frühere Finanzvorstand der Deutschen Börse war darum bemüht, die Corporate Governance des Unternehmens auf das notwendige Niveau für ein Blue Chip zu heben. Offensichtlich hatte Matthias dies zuvor lange vernachlässigt. Zeugenaussagen im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestages werfen kein gutes Licht auf seine frühere Tätigkeit. So z.B. die von Tina Kleingarn, die nur kurze Zeit dem Gremium (2016 bis 2017) angehörte (vgl. BZ vom 20.11.2020).

Dem Diplom-Kaufmann und früheren Bankmanager wurde eine zu große Nähe zu Markus Braun nachgesagt. Der Ex-Vorstandschef sitzt in Untersuchungshaft. Zusammen mit anderen wird ihm u.a. „gewerbsmäßiger Bandenbetrug“ vorgeworfen.

(Börsen-Zeitung,