ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Bankenregulierung belastet Rentenprodukte

Börsen-Zeitung, 24.1.2012 Seit dem letzten Stresstest der European Banking Authority (EBA) am 8. Dezember 2011 versuchen in ganz Europa Banken mit unterschiedlichen Mitteln ihr Eigenkapital zu erhöhen. Insgesamt gilt es für die Banken, laut der EBA...

Bankenregulierung belastet Rentenprodukte

Seit dem letzten Stresstest der European Banking Authority (EBA) am 8. Dezember 2011 versuchen in ganz Europa Banken mit unterschiedlichen Mitteln ihr Eigenkapital zu erhöhen. Insgesamt gilt es für die Banken, laut der EBA knapp 115 Mrd. Euro Eigenkapital aufzutreiben. Diese Zahl resultiert aus den Kapitalanforderungen der Capital Requirements Directive (CRD) IV (inhaltlich Basel III sehr ähnlich), die vom 1. Januar 2013 an stufenweise implementiert werden. Der Vorgänger CRD III (Basel 2,5) wurde zum 31.12.2011 in deutsches Recht umgesetzt.Die zwei neuen Regularien (CRD III, CRD IV) zielen darauf ab, große Verluste aus Wertpapierpositionen zu vermeiden und Banken mit ausreichend Eigenkapital zu versorgen. Neben den angestrebten unmittelbaren Auswirkungen auf die Banken selbst dürften diese Vorschriften mittelbar jedoch auch andere Marktteilnehmer wie Renteninvestoren betreffen. Basel III verändert BilanzenDie beiden Direktiven des Baseler Komitees wirken sich über die Stellschrauben Eigenkapital und Liquidität auf Struktur und Größe der Gesamtbilanz einer Bank aus. Die Neudefinition von Eigenkapital sowie die Einführung eines antizyklischen Eigenkapitalpuffers führen dazu, dass systemisch wichtige Banken nunmehr 9 % Eigenkapital vorhalten müssen. Ergänzend sorgen neue Liquiditätsstandards im Rahmen der CRD IV für einen höheren Liquiditätsbedarf. Durch die Net Stable Funding Ratio (NFSR) und die Liquidity Coverage Ratio (LCR) soll die Liquiditätsvorhaltung der Kreditinstitute sichergestellt werden.Für die LCR müssen hochliquide Aktiva wie Staatsanleihen als Liquiditätsreserve gehalten werden, während die NSFR eine stabile Refinanzierung zum Beispiel durch Depositen vorsieht. Neben diesen Kernkomponenten enthalten CRD III und IV weitere Vorschriften, die insbesondere die Handelsbücher von großen Banken mit internen Marktrisikomodellen betreffen. So müssen ungesicherte Rentenprodukte, die als Bestand im Handelsbuch gehalten werden, seit dem 31. Dezember 2011 mit mehr Eigenkapital unterlegt werden.Dazu wird ein zusätzlicher Krisen-Risikobeitrag (das sogenannte Stressed Value-at-Risk oder Stressed VaR) zusätzlich zum bereits vorher zu unterlegenden potenziellen Risikobeitrag (VaR) eingeführt. Ein ebenfalls neu zu erfassendes Marktrisiko stellt das Ausfall- und Migrationsrisiko (sogenannte Incremental Risk Charge, IRC) dar. Dieses bildet das Risiko einer Ratingveränderung, verbunden mit der Erhöhung der Ausfallwahrscheinlichkeit, ab. Mehr Eigenkapital nötigEbenfalls ein Novum bildet in CRD III ein Standard, der insbesondere das Kursrisiko von Verbriefungen im Handelsbuch berücksichtigen soll. Bislang ist nur der höhere Betrag aus Beständen und Leerverkäufen mit Eigenkapital zu unterlegen. Künftig dagegen müssen die Summe der Risikopositionen und mögliche Absicherungen für die Unterlegung mit Eigenkapital herangezogen werden.Um der oftmals schwierigen Risikobewertung von Verbriefungen (die in der Subprime-Krise einigen Banken hohe Verluste beschert hatten) Rechnung zu tragen, wurden Risikogewichte für Wiederverbriefungsstrukturen eingeführt. Diese sind abhängig von der Bonitätsstufe und reichen im Kreditrisikostandardansatz (KSA) bis zu 1250 %. Mit CRD IV werden dann vom 1. Januar 2013 an auch die Marktwerte von Derivaten durch Einführung einer Cash-Value-Added-(CVA-)Abgabe berücksichtigt. Risikohäufung vermeidenAll diese Maßnahmen haben zum Ziel, eine Häufung von Risiken auf den Bilanzen der Banken im Allgemeinen und in den Handelsbüchern im Besonderen zu vermeiden. Das hat Auswirkungen auf andere Marktteilnehmer. So sind zum Beispiel die Akteure im Rentenfondsmanagement, anders als bei börsengehandelten Produkten, abhängig von Banken, die Liquidität im Sekundärmarkt zum Handel von Rentenprodukten wie Unternehmensanleihen und Pfandbriefen zur Verfügung stellen. Die Banken nehmen dabei für ihre Kunden aktiv Risiken auf ihre Bilanzen. Durch die neuen Vorschriften CRD III und IV jedoch steigen die Kosten für Banken, die für ihre Kunden Anleihen auf ihrer Bilanz halten – und sei es nur für einen Tag.Für die Banken ergeben sich daraus zwei Strategieoptionen. Eine Bank kann sich unter Option 1 entschließen, den Handelsumfang zu reduzieren, und versuchen, die gestiegenen Kosten in Form höherer Geld-Brief-Spannen an die Kunden weiterzugeben.Option 2 wäre, den Handelsumfang auszuweiten und die Geld-Brief-Spannen zu senken in der Hoffnung, hierdurch mehr Geschäft zu generieren. Zunächst würde sich eine Bank mit dem Modell 2 schlechter stellen, da sowohl die Margen sinken als auch die Kosten steigen würden. Mittelfristig allerdings könnte man einen größeren Marktanteil gewinnen und hätte so die Kapazität, die Geld-Brief-Spannen und damit die Margen wieder zu erhöhen. Steigende HandelskostenWas bedeutet das aber für Renteninvestoren? Für sie blieben beide Optionen der Banken nicht ohne Folgen. Würden Banken unter Option 1 das Geschäft reduzieren oder komplett einstellen, kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass die verlorene Handelskapazität von anderen Banken aufgefangen wird. Für das verbleibende Geschäft fielen bei einer geringeren Gesamtmarktliquidität höhere Kosten in Form von breiteren Geld-Brief-Spannen an.Die Option 2 dagegen würde unmittelbar zunächst für höhere Liquidität bei geringeren Preisenspannen sorgen – jedoch nur solange sich keine oligopolistische Struktur entwickelt. Dann hätten Investoren zwar den Vorteil höherer Liquidität, um steigende Handelskosten kämen sie aber bei beiden Optionen nicht herum.Insbesondere für benchmarkorientierte Investoren wird es schwieriger, einen Vergleichsindex zu schlagen. Dabei dürfte es aufgrund der gestiegenen Kosten wenig erfolgversprechend sein, lediglich geringfügig von der Benchmark abzuweichen. Wichtiger ist vor allem eine deutliche Positionierung des Renteninvestors. Diese sollte selektiv über Neuemissionen und liquide Anleihen implementiert werden.