Finanzen persönlich

Zweite Chance für Bauherren

Nach etwa zehn Jahren läuft die Zinsbindung einer Immobilienfinanzierung aus - Wenn Bauherren ein paar Regeln beachten, können sie viel Geld sparen

Zweite Chance für Bauherren

Von Stefan Terliesner Für Eigenheimfinanzierer gibt es immer eine zweite Chance und manchmal gar eine dritte, die eigenen vier Wände günstiger zu finanzieren. Läuft doch meist nach zehn Jahren zum ersten Mal die Zinsbindungsfrist des bisherigen Geldgebers aus. Dann werden die Karten neu gemischt, die Anschlussfinanzierung steht an. Anschlussfinanzierung ist ein Oberbegriff für zwei Varianten, die Kreditnehmer am Ende einer Zinsbindungsfrist zur Verfügung stehen. Die erste ist die Prolongation. Bei ihr akzeptieren Kreditnehmer das Verlängerungsangebot des bisherigen Darlehensgebers. Einige Banken nutzen die Trägheit ihrer Kunden allerdings aus und bieten die gleichen Konditionen an wie im Neugeschäft. Das sei jedoch zu wenig, sagen Verbraucherschützer. Außerdem verursache die Verlängerung eines bestehenden Darlehensverhältnisses erheblich weniger Arbeitsaufwand als der Abschluss eines neuen Vertrags. Schon aus diesem Grund sollte das Verlängerungsangebot aus Sicht von Verbraucherschützern 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte günstiger sein. Wenn bei der ursprünglichen Finanzierung nur wenig Eigenkapital eingesetzt wurde und deshalb der Kredit mit einem Risikozinsaufschlag versehen war, sollte auch darüber verhandelt werden, ob dieser Aufschlag noch gerechtfertigt ist. Denn oft werden solche Verteuerungen fortgeschrieben.Um bessere Konditionen müssen Kreditnehmer bisweilen kämpfen. Es lohnt sich aber. Die niedrigeren Zinsen können für eine entsprechend höhere Tilgung genutzt werden. Bei dieser Gelegenheit gehören auch die Zinsbindung, die Höhe der laufenden Tilgung und Sondertilgungsrechte auf den Prüfstand. Auch sollte sich jeder Kreditnehmer einen Überblick über die Konditionen anderer Anbieter verschaffen.Damit ergibt sich die zweite Variante der Anschlussfinanzierung, die Umschuldung. Hier wird eine Anschlussfinanzierung bei einem neuen Darlehensgeber abgeschlossen. Dieser Schritt ist zwar etwas aufwendiger als die Prolongation, kann jedoch viel Geld sparen. Da die Kosten eines Bankwechsels bei einer Abtretung der Grundschuld nur ein paar hundert Euro betragen, rechnet sich der Wechsel schon bei geringen Zinsdifferenzen. Generell gilt: Günstiger als mit dem bisherigen Geldgeber können Bauherren meist dann anschlussfinanzieren, wenn sie drei Regeln beachten.Auf keinen Fall sollte die Finanzierung blind verlängert werden. Viele Anschlussfinanzierer holen aber kein Vergleichsangebot ein. Sie unterschreiben das Anschlussangebot des bisherigen Finanzierers ungeprüft. Der vernachlässigte Preisvergleich kommt Immobilienbesitzer oft teuer zu stehen. Wer nämlich die günstigen Marktanbieter links liegen lässt, zahlt unter Umständen einiges drauf. Wer beispielsweise Ende Juni anschlussfinanzierte, konnte bei einem Anschlussdarlehen von 150 000 Euro und einer neu gewählten Laufzeit von 15 Jahren in der Spitze mehr als 19 000 Euro sparen.Darüber hinaus sollten Bauherren, bei denen eine Anschlussfinanzierung ansteht, mindestens drei Alternativangebote einholen. Zwischen preiswerten und teuren Baudarlehen mit 15-jähriger Zinsbindung liegt derzeit eine Spanne von rund 0,7 Prozentpunkten. So schwankten Ende Juli die Effektivzinsangebote der einzelnen Anbieter zwischen 5,37 % und 6,12 %, wie die FMH-Finanzberatung ermittelte.Drittens sollten sich Finanzier den “Zinswecker” frühzeitig stellen. Häufig informieren Banken ihre Kundschaft erst relativ spät darüber, wann eine Verlängerung ansteht und zu welchen Konditionen dies geschehen soll. Folglich fehlt vielen Kunden schlichtweg die Zeit für Vergleiche. Und letztlich unterschreiben dann doch wieder viele bei ihrer bisherigen Bank und finanzieren ihre Immobilie eventuell teurer als nötig. VorausdarlehenEin wichtiger Faktor, der die Entscheidung des Zeitpunkts beeinflusst, ist die Einschätzung der zukünftigen Zinsentwicklung. Wenn ein Eigenheimfinanzierer erwartet, dass das Zinsniveau bis zum tatsächlichen Ende der Zinsbindung steigt, sollte er reagieren und sich die aktuellen Zinskonditionen sichern. Eine Möglichkeit ist die vorzeitige Ablösung des Darlehens. Das ist aber meist mit hohen Kosten verbunden. Mit einem sogenannten Vorausdarlehen sichern sich Kreditnehmer bereits heute bis zu 60 Monate im Voraus einen günstigen Zinssatz. Üblicherweise wird dafür abhängig von der Dauer der Wartezeit bis zum Beginn des Anschlussvertrags ein Zinsaufschlag erhoben. “Dieser übliche Zinsaufschlag fällt jedoch momentan für Umschuldungskunden komplett weg”, sagt Robert Haselsteiner, Gründer und Vorstand der Interhyp, eigenen Angaben zufolge Deutschlands größter unabhängiger Anbieter privater Immobilienfinanzierungen, den die ING übernehmen will. Durch die derzeit inverse Zinsstrukturkurve (die kurzfristigen Zinsen sind höher als die langfristigen Zinsen) fallen die Zinsaufschläge für Vorausdarlehen weg. Typischerweise sind solche Phasen ein Übergangsphänomen.Das Problem ist allerdings, dass derzeit die weitere wirtschaftliche Entwicklung nur sehr schwer einschätzbar ist . Das hässliche Wort von der “Stagflation”, also wirtschaftliche Stagnation verbunden mit einer Inflation der Preise, macht die Runde. Die niedrigen Zinsen am langen Ende spiegeln auch die Konjunkturskepsis der Marktteilnehmer wider. Wenn die Zinsen in der Eurozone nächstes Jahr wieder sinken, hätten Eigenheimfinanzierer erneut eine Chance, ihre Immobilie günstiger zu finanzieren.