ROUNDUP 2: Sorgen um Arbeitsmarkt: US-Notenbank senkt erneut Leitzins

ROUNDUP 2: Sorgen um Arbeitsmarkt: US-Notenbank senkt erneut Leitzins

(Neu: Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell und Ökonomen-Stimmen)

WASHINGTON (dpa-AFX) - Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat aus Sorge um den Arbeitsmarkt zum dritten Mal in diesem Jahr den Leitzins gesenkt. Sie befürchtet Risiken für die Beschäftigung, sodass die hartnäckige Inflation auf erhöhtem Niveau in den Hintergrund geriet. Die Zinssenkung solle helfen, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, sagte Fed-Chef Jerome Powell. Einstimmig erging die Entscheidung allerdings nicht - selten zeigte sich der Zentralbankrat so uneins wie in seiner letzten geplanten Zinsentscheidung in diesem Jahr.

Der Zentralbankrat setzte das Zinsniveau um 0,25 Punkte herab auf eine Spanne von 3,5 bis 3,75 Prozent, wie die Fed in Washington mitteilte. Eine Mehrheit von Volkswirten hatte das erwartet. Seit September 2024 hat die Notenbank damit den Leitzins um 1,75 Prozentpunkte gelockert.

Die wenigen verfügbaren Daten legten nahe, dass sich an den Aussichten für Beschäftigung und Inflation seit dem letzten Zinsentscheid im Oktober nichts geändert habe, sagte Powell. Wegen des Haushaltsstreits und des folgenden Shutdowns konnte die Fed nur auf deutlich weniger Daten als üblich zugreifen. Viele Bundesbehörden hatten wochenlang ihre Arbeit ausgesetzt. Das Büro für Arbeitsmarktstatistik (BLS) hatte mitgeteilt, dass die Inflationsdaten für den Oktober ersatzlos ausfallen - diese könnten im Nachgang nicht rekonstruiert werden. Erst Mitte Dezember sollen die Zahlen für November folgen.

Arbeitsmarktsorgen überlagern hohe Inflation

Im September waren die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr noch auf 3,0 Prozent gestiegen und lagen damit deutlich über dem mittelfristigen Inflationsziel der Fed von 2,0 Prozent. Das spräche an sich gegen eine Zinssenkung. Allerdings hatten Experten einen noch stärkeren Zuwachs befürchtet, sodass die Sorgen um den US-Arbeitsmarkt schwerer wiegen als die Inflationsproblematik. So wird etwa ein Abflauen des Beschäftigungswachstums oder gar ein Abbau von Arbeitsplätzen befürchtet.

Mit ihren Zinsentscheidungen versucht die US-Notenbank, einen Kompromiss zwischen stabilen Preisen und möglichst vielen Vollbeschäftigten zu finden. Ist der Leitzins zu hoch, bremst er die Wirtschaft aus etwa wegen zu hoher Kreditkosten. Ein niedrigerer Zins stimuliert zwar Wachstum und den Arbeitsmarkt, kann aber die Inflation anheizen.

Differenzen im Entscheider-Gremium

Allerdings gestalteten sich die Zinsentscheidungen in den vergangenen Monaten zunehmend schwieriger: Während Fed-Chef Powell in der Vergangenheit in vielen Fällen noch einstimmige Beschlüsse präsentieren konnte, kam es zuletzt immer wieder zu Abweichlern.

In seiner Dezember-Sitzung stimmten nur neun der zwölf stimmberechtigten Mitglieder des Zentralbankrates für eine Zinssenkung um einen Schritt - also 0,25 Prozentpunkte. Mit Austan D. Goolsbee und Jeffrey R. Schmid stemmten sich nun zwei Mitglieder gegen eine Senkung; Schmid hatte bereits bei der Oktober-Entscheidung für die Beibehaltung des zuvor gesenkten Zinses votiert.

Der Vertraute von US-Präsident Donald Trump, Stephen Miran, stimmte wie bereits bei früheren Sitzungen für eine stärkere Zinssenkung. Trump hatte Miran auf einen vakant gewordenen Posten gesetzt und hofft dadurch, Einfluss auf die Geldpolitik zu nehmen und ungeachtet jeglicher Daten seine geforderten Zinssenkungen zu bekommen. Kritiker bezweifeln Mirans Unabhängigkeit - er wiederum bestreitet, zu nah an Trump zu sein.

Drei Zinssenkungen 2025 - was folgt im neuen Jahr?

Nach der letzten planmäßigen Zinsentscheidung in diesem Jahr richtet sich der Blick bereits auf 2026: An den Finanzmärkten werden im Durchschnitt zwei weitere Zinssenkungen um insgesamt 0,5 Prozentpunkte erwartet. Der Fed-Zentralbankrat gab sich vorsichtiger und signalisierte nur eine Zinssenkung für das nächste Jahr.

Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der deutschen Förderbank KfW, zeigte sich dagegen abwartender: „Wir gehen davon aus, dass es zunächst zu einer Pause bei den Zinssenkungen kommen wird“, schrieb er noch vor der Entscheidung. So rechne er mit einer signifikanten Verlangsamung des Wachstums und die Fed dürfte mehr Zeit benötigen, um die tatsächlichen Effekte durch Trumps Zölle zu evaluieren.

Fed gibt neue Prognosen für Konjunktur und Inflation

Unterdessen rechnet die Fed nun im kommenden Jahr mit mehr Wachstum als bislang. Für 2026 geht die Zentralbank im Median mittlerweile von einem Plus von 2,3 Prozent aus - noch im September hatten die Experten 1,8 Prozent für das neue Jahr vorhergesagt. Die Konjunkturerwartungen für das ablaufende Jahr stiegen leicht auf 1,7 Prozent (zuvor 1,6 Prozent).

Die Inflation dürfte 2026 unterdessen nachlassen: Trotz der aggressiven Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump erwartet die Notenbank nun einen Wert von 2,4 Prozent statt bislang 2,6 Prozent. Für 2025 hatten die Experten eine Teuerungsrate von 3,0 Prozent vorhergesagt - jetzt rechnen sie mit 2,9 Prozent. Powell sagte, dass ungefähr die Hälfte der übermäßigen Inflation auf Zölle zurückzuführen sei.

Trump: Weiß bereits, wer neuer Fed-Chef werden wird

Mit Spannung wird zudem erwartet, wer auf Fed-Chef Powell folgt, dessen Amtszeit im Mai 2026 endet. Jüngst hatte Trump gesagt, dass Powells Nachfolger bereits feststehe. „Ich weiß, wen ich wählen werde“, sagte er gegenüber Journalisten. Seit langem ist klar, dass er Powell nicht ein weiteres Mal für das Amt an der Spitze der Notenbank nominieren wird - zu stark gingen die Meinungen über den geldpolitischen Kurs der USA auseinander.

Als Favorit auf den Chefposten wird der Vorsitzende des Nationalen Wirtschaftsrats im Weißen Haus, Kevin Hassett, gehandelt. Dieser hatte bereits angekündigt, die Aufgabe „gerne“ übernehmen zu wollen, sofern Trump ihn denn tatsächlich nominieren sollte. Hassett gilt als Vertreter einer lockeren Geldpolitik und dürfte wie Trumps Vertrauter Miran dann regelmäßig für Zinssenkungen stimmen.

Die Zentralbank ist von Gesetzes wegen unabhängig. Dem Zentralbankrat gehören zwölf Mitglieder an: Neben den sieben sogenannten Gouverneuren der Notenbank entscheiden fünf Regionalbankpräsidenten über den Leitzins. Unter den fünf Repräsentanten der regionalen Notenbanken ist der Fed-Präsident von New York ein ständiges Mitglied - die vier anderen wechseln jährlich./ngu/DP/jsl