Ermotti-Nachfolge bei UBS

Beatriz Martin hat gute Chancen auf UBS-Chefsessel

Die 51-jährige Beatriz Martin empfiehlt sich mit herausragenden Leistungen beim Rückbau der CS-Investmentbank für die Nachfolge von CEO Sergio Ermotti. Dieser will zwar sicher bis Ende 2026 weitermachen, aber das Kandidatenkarussell dreht sich bereits.

Beatriz Martin hat gute Chancen auf UBS-Chefsessel

Beatriz Martin hat gute Chancen auf UBS-Chefsessel

Die Spanierin empfiehlt sich mit herausragenden Leistungen beim Rückbau der Credit-Suisse-Investmentbank für die Nachfolge von CEO Sergio Ermotti. Dieser will aber sicher bis Ende 2026 weitermachen.

dz Zürich

Wer es bei UBS bis in die Konzernleitung schafft, hat finanziell ausgesorgt – mindestens, wenn man den Lebensstandard von Normalbürgerinnen und Normalbürgern zum Maßstab nimmt. Das gilt auch für jenes Quintett, das CEO Sergio Ermotti erst im Mai 2023 in seine 15-köpfige Führungsmannschaft aufnahm. Finanzchef Todd Tuckner, Personalchef Stefan Seiler, Integrationschefin Michelle Bereaux, Credit-Suisse-Chef Ulrich Körner und Beatriz Martin Jimenez, Hauptverantwortliche für die Bewirtschaftung des Abwrackportefeuilles der Credit-Suisse-Investmentbank, sie alle durften im Zuge ihrer Beförderung UBS-Aktien in bedeutender Zahl entgegennehmen, zu deren Versilberung die Glücklichen in einigen Jahren, teilweise aber auch sofort berechtigt sind.

Von wegen Frührente

Allein Martin besaß Ende 2023 insgesamt 463.000 UBS-Aktien im aktuellen Wert von rund 12,5 Mill. sfr – genug, um sich schon mit ihren 51 Jahren zur Ruhe zu setzen. Doch ans Aufhören dürfte die Spanierin noch lange nicht denken. Ihr winkt die Chance, in absehbarer Zeit auch noch die letzte Sprosse auf der Karriereleiter zu nehmen. Es ist ein Ziel, das erfahrungsgemäß fast alle Managerinnen und Manager haben, wenn sie sich nach Jahren des intensiven beruflichen Strebens endlich einen Platz am Tisch der Konzernleitung ergattert haben. Der 64 Jahre alte Sergio Ermotti macht zwar noch keine Anstalten, von seinem Job als CEO der UBS bereits wieder zurückzutreten, schließlich hat er die Aufgabe erst im März 2023 angenommen. Am Montag bestätigte der Tessiner denn auch auf einer Veranstaltung in Zürich, dass er mindestens bis zum Abschluss der Credit-Suisse-Integration, also bis Ende 2026 und vielleicht noch etwas länger, im Amt bleiben werde. Die Regelung seiner Nachfolge sei wichtig, aber noch nicht prioritär, sagte Ermotti.

Vorbereitungen werden schon getroffen

Die Vorbereitungen zu der Stabübergabe sind bereits im Gang. Bis Ende 2026 soll eine Liste mit drei potenziellen Nachfolgern erstellt werden, hatte UBS-Präsident Colm Kelleher im November auf einer Konferenz in London erklärt und damit implizit vielleicht schon die Präferenz für eine interne Lösung durchschimmern lassen. 

Eine solche erschiene auch plausibel, wenn nicht gar wahrscheinlich, zumal die Großbank nach den vielen tiefgreifenden Veränderungen, wie sie derzeit stattfinden und noch stattfinden werden, eine Phase der Konsolidierung nötig haben könnte. Auf dem Karussell für die Ermotti-Nachfolge drehen einige Kandidaten schon seit geraumer Zeit ihrer Runden.  Da wäre zum Beispiel Iqbal Khan, Chef der globalen Vermögensverwaltung und damit Leiter der UBS-Flaggschiffsparte. Oder Sabine Keller-Busse, Chefin des Schweizer Privat- und Firmenkundengeschäfts. Mit der Beförderung in die 15-köpfige Konzernleitung gehört seit Mai 2023 formell auch Beatriz Martin in den Anwärterkreis. Ihre Chancen sind nicht nur von theoretischer Natur. 

Wichtige Geschäftseinheit

Die von ihr verantwortete Geschäftseinheit „Non-Core and Legacy“, in der primär die nicht mehr weitergeführten Investment-Banking-Aktivitäten der Credit Suisse zusammengefasst sind, hatte in den ersten drei Monaten des Jahres den größten Anteil daran, dass die neue UBS zum ersten Mal seit ihrer formellen Entstehung im Juni 2023 ein positives Quartalsergebnis ausweisen konnte.

Martin und ihr Team haben die risikogewichteten Aktiva in ihrem Abwrackportefeuille allein im Berichtsquartal um 16 Mrd. Dollar verringert und deren Bestand in nur gerade neun Monaten um 28 Mrd. Dollar beziehungsweise um ein Drittel reduziert. Dieser forcierte Rückbau erfolgte zu weit besseren finanziellen Bedingungen als anfänglich erwartet. Statt eines Verlustes von 4 Mrd. Dollar erwartet UBS im laufenden Jahr aus dem Abbau der CS-Altlasten nur noch einen Verlust von 2,5 Mrd. Dollar.

Gelegenheiten genutzt

Der günstige Verlauf des CS-Rückbaus ist nicht allein dem dafür zuständigen Team, sondern auch den günstigen Bedingungen in den Finanzmärkten zuzuschreiben. Fakt ist aber, dass Martin und ihre Leute die sich bietenden Gelegenheiten zu nutzen verstehen und der Bank damit auch helfen, bedeutende Kosten einzusparen.

Dass die Spanierin im Handel mit schwer verkäuflichen, meist festverzinslichen Wertpapieren ein gutes Händchen hat, weiß man bei der UBS schon seit langem. 2012 hatte sie der damalige UBS-Manager Andrea Orcel (aktuell CEO von Unicredit) als Stabschefin in sein Team geholt, als es darum gegangen war, die damals ebenfalls überdimensionierte und in vielen Bereichen schwer defizitär operierende UBS-Investmentbank auf eine gesunde Größe zu schrumpfen.

Seit 2014 Chief Operating Officer

2014 stieg sie zum Chief Operating Officer der UBS Investmentbank auf. 2019 erhielt sie zusätzlich die Gesamtverantwortung für das Geschäft in Großbritannien. 2020 wurde sie konzernweite Cashmanagerin („Global Treasurer“).  Seither ist die in London wohnhafte Bankerin Managing Director, eine „Kaste“ von gut 100 überwiegend männlichen Führungspersonen, von denen viele eine direkte Ergebnisverantwortung haben und entsprechend hohe Gehälter verdienen.

Frauen sind integrativer

Martin wurde vor einigen Jahren in einer spanischen Zeitschrift mit dieser Aussage zitiert: „Mit einer weiblichen Führungskraft ist es in einer Sitzung einfacher, die Perspektive aller Teilnehmenden zu bekommen“, denn Frauen seien in Führungspositionen integrativer als Männer, weil sie sich in der Regel weniger herausgefordert fühlten.

Beatriz Martin war 1996 ins Bankgeschäft eingestiegen und erlernte das Handwerk einer Händlerin bei der Deutschen Bank und bei Morgan Stanley. Talentierten und selbstbewussten Bankerinnen und Bankern aus Spanien wird man in Zukunft wohl auch in der Schweiz öfters begegnen.  

Von Dani Zulauf, Zürich