Zinswende

TLTRO-Ausstieg wird für ING teuer

Als erste europäische Großbank hat die niederländische ING die Kosten beziffert, die ihr durch die EZB-Entscheidung entstehen, die Bedingungen des Programms zur Vergabe günstiger Kredite zu ändern.

TLTRO-Ausstieg wird für ING teuer

lee/wü Frankfurt/Paris

Die nachträgliche Änderung der langfristigen Finanzierungsgeschäfte durch die Europäische Zentralbank (EZB) beschert dem niederländischen Finanzkonzern ING Groep hohe Kosten. Wie das Institut am Donnerstag bei Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal mitteilte, erwartet es in diesem Zusammenhang vor Steuern eine Belastung von etwa 315 Mill. Euro, die im Schlussquartal gebucht werden soll.

Die Kosten resultierten aus der Auflösung von Absicherungsgeschäften, die für die ursprünglich geplante Aufnahme der vergünstigten Notenbankkredite getätigt wurden, erläuterte Finanzchef Tanate Phutrakul. Da es sich unter den neuen Bedingungen nicht mehr lohne, nach dem 23. November weitere Mittel aufzunehmen, müssen diese Derivatepositionen aufgelöst werden.

Damit steht nach einem enttäuschenden dritten Quartal, in dem die stark gestiegene Risikovorsorge den Überschuss der ING Groep um 28 % auf 979 Mill. Euro einbrechen ließ, ein weiteres schwaches Quartal bevor. Trotzdem kündigte das Institut den Rückkauf eigener Aktien im Wert von 1,5 Mrd. Euro an, was die Börse mit einem satten Kursaufschlag honorierte.

Mit Blick auf die vom EZB-Rat beschlossene Änderung der TLTRO-Konditionen äußerte Konzernchef Steven Rijswijk zwar Verständnis dafür, dass mit der eingeleiteten Zinswende der Grund entfalle, den Banken vergünstigte Kredite zur Verfügung zu stellen: „Womit wir jedoch ein Problem haben, ist das Timing.“

Ob die ING plane, rechtlich gegen die Entscheidung vorzugehen, ließ Rijswijk unkommentiert. „Wir möchten unsere Beziehung mit der Notenbank nicht in der Öffentlichkeit thematisieren“, so der Manager. Auch BNP Paribas, Unicredit, Deutsche Bank und DZ Bank lehnen in der Angelegenheit einen Kommentar ab.

In der Frage, ob sie dem Wunsch der EZB entsprechend die bereits aufgenommenen TLTRO-Mittel an einem der dafür vorgesehenen Termine im November und Dezember vorzeitig zurückzahlen, wollten sie sich nicht in die Karten schauen lassen. „Wir diskutieren derzeit, ob und wenn ja in welchem Umfang wir von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollen“, sagte ING-Chef Rijswijk. Fast gleichlautend äußerten sich auch BNP Paribas, DZ Bank und die Deutsche Bank.

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