Geldpolitik

EZB nimmt Tempo bei Geldpolitik noch nicht raus

Die Europäische Zentralbank hebt ihre Leitzinsen um 50 Basispunkte an und betont, dass weitere Erhöhungen bei den nächsten Sitzungen folgen werden – über die genaue Höhe wird bereits heftig gerungen.

EZB nimmt Tempo bei Geldpolitik noch nicht raus

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Leitzinsen erneut deutlich angehoben und zugleich bekräftigt, dass die Sätze künftig weiter spürbar erhöht werden dürften. Der EZB-Rat beschloss bei seiner Sitzung am Donnerstag, die drei Leitzinsen um jeweils 50 Basispunkte anzuheben. Der Leitzins liegt damit nun bei 3,0%. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt nun bei 2,50% und damit wie die beiden anderen Leitzinsen auf dem höchsten Stand seit der Finanzkrise im Jahr 2008. Die Nachfrage der Unternehmen nach Bankkrediten war zuletzt im Zuge der Zinserhöhungen deutlich gesunken. Für die nächsten Sitzungen avisierten die Euro-Notenbanker weitere Zinserhöhungen. Über die Höhe wird aber bereits heftig gerungen und das dürfte bis zur nächsten Zinssitzung Mitte März noch merklich zunehmen.

Nach langem Zögern hatte die EZB im Juli 2022 die Zinswende eingeleitet, um die viel zu hohe Inflation einzudämmen. Inklusive der heutigen Anhebung summieren sich die Zinserhöhungen nun bereits auf 300 Basispunkte. Das ist seit Einführung des Euro eine beispiellose Straffung. Bei der Sitzung Mitte Dezember hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde für Februar und März erneut Zinserhöhungen um jeweils 50 Basispunkte in Aussicht gestellt. Die Verfechter einer lockereren Geldpolitik im EZB-Rat, die sogenannten Tauben, liebäugelten zuletzt aber bereits mit einer Drosselung des Zinserhöhungstempos – spätestens im März. Hintergrund sind der deutliche Rückgang der Euro-Inflation und die merkliche Abschwächung der Euro-Konjunktur.

Die EZB hielt nun am Donnerstag erst einmal Kurs und lieferte die gemeinhin erwartete Zinserhöhung um 50 Basispunkte… AKTUELLE ABSÄTZE

Einen Tag vor der Sitzung des EZB-Rats hatte die Debatte über einen künftig weniger aggressiven EZB-Kurs neue Nahrung erhalten. Die Inflation in der Eurozone war im Dezember überraschend stark von 9,2% auf 8,5% gefallen, Im Oktober hatte sie sogar noch bei 10,6% gelegen. Zum anderen drosselte die US-Notenbank Fed am Mittwochabend ihr Zinserhöhungstempo erneut. Die US-Währungshüter hoben ihren Leitzins um 25 Basispunkte an, nachdem sie bereits im Dezember von zuvor einigen 75-Basispunkte-Anhebungen auf eine Erhöhung um 50 Basispunkte zurückgegangen waren. Die Leitzinsspanne von 4,5% bis 4,75% ist nun die höchste seit Oktober 2007. In den USA schwächt sich die Inflation bereits seit vergangenen Sommer ab und die Wirtschaft verliert an Dynamik. Jedoch geht die niedrigere Teuerungsrate in den USA anders als in der Eurozone nicht nahezu ausschließlich auf niedrigere Energiepreise zurück.

In der Eurozone blieb die Kernrate der Inflation, in der die schwankungsanfälligen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak herausgerechnet sind, konstant bei 5,2% – was deutlich oberhalb des mittelfristigen Inflationsziels der EZB von 2,0% liegt. Die Kernrate gilt als besserer Gradmesser für den zugrundeliegenden Preisdruck und das anhaltend hohe Niveau signalisiert eine Verfestigung des Preisdrucks – wenn auch auf niedrigerem Niveau. Die Befürworter weiterer deutlicher Zinserhöhungen im EZB-Rat verweisen zudem darauf, dass sich die Euro-Wirtschaft bislang als widerstandsfähiger gegen den Ukraine-Krieg und die hohe Inflation präsentiert als gedacht. Im Schlussquartal 2022 wuchs sie zumindest noch um 0,1% statt wie verbreitet erwartet zu schrumpfen.

Unmittelbar vor der EZB hatte auch die Bank of England ihren Leitzins um 50 Basispunkte angehoben.

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