67 Mrd. Dollar, um Kosten zu sparen

US-Krankenversicherer Cigna übernimmt auf Pharmapreisverhandlungen spezialisierte Express Scripts

67 Mrd. Dollar, um Kosten zu sparen

Der Druck des Online- Konglomerats Amazon zeigt Wirkung in den US-Gesundheitsbranchen: Krankenversicherer Cigna will für 67 Mrd. Dollar den Dienstleister Express Scripts kaufen. Es ist der bisher größte angekündigte M&A-Deal 2018. Die Investoren stutzen den Cigna-Kurs kräftig.wb Frankfurt – Es ist die größte in diesem Jahr bisher angekündigte Übernahme global: Der US-Krankenversicherer Cigna will den auf Preisverhandlungen spezialisierten Dienstleister Express Scripts für 67 Mrd. Dollar inklusive Nettoschulden von 15 Mrd. Dollar schlucken. Dabei geht es um ein Vielfaches von Enterprise Value zu operativem Ergebnis (Ebitda ) von etwa 8,8. Krankenversicherer und Pharmadienstleister rücken in den USA unter dem Druck von Amazon zusammen. Die Investoren sind mit dem Megadeal unzufrieden: Der Cigna-Kurs brach an der Nyse gestern knapp 10 % ein.Express Scripts handelt für Versicherungen unter anderem Medikamentenpreise aus und verdient an der Abrechnung von Arzneikosten. In diesem Fall ist mit Cigna ein Versicherer der Bieter, während bei der Übernahme von Aetna für 77 Mrd. Dollar die US-Apothekenkette CVS, zu der auch der Express-Script-Rivale Caremark zählt, die Assekuranz übernahm. CVS hat gerade Bonds für 40 Mrd. Dollar zur Finanzierung der Übernahme begeben, das ist die drittgrößte Anleiheemission bisher. Cigna war vom Versicherungsrivalen Anthem im Volumen von 48 Mrd. Dollar umworben worden, doch 2017 stoppten die Wettbewerbshüter die Pläne. Zudem wurde ein Deal über 37 Mrd. Dollar zwischen den Versicherern Aetna und Humana blockiert. Ende 2017 kündigte Anthem an, einen eigenen Pharma Benefit Manager (PBM) zu installieren – ein Schlag für Express Scripts, denn Anthem ist der größte Kunde. Die Vermittler verdienenPBMs sind außerhalb des privaten US-Gesundheitssystems weitgehend unbekannt. Sie treten als Vermittler in Verhandlungen zwischen Pharmaherstellern und Kostenträgern auf, also Versicherern, Arbeitgebern und steuerfinanzierten Institutionen, die Medikamente kaufen. Ihr Geschäftsmodell besteht darin, für eine große Zahl von Patienten von mehreren Kostenträgern Rabatte von Arzneimittelherstellern zu verlangen, die damit ihre Produkte auf der Liste der Medikamente halten wollen, für die gezahlt wird. Die größten PBMs – Caremark, Express Scripts, Optum – verhandeln zusammen für rund 250 Millionen Menschen und kontrollieren 85 % des Marktes. Caremark ging 2006 an CVS, und Optum gehört zu Unitedhealth, dem größten Krankenversicherer des Landes. Das Geschäft von Express Scripts wird angegriffen, weil es unter dem Mäntelchen der Kostensenkung die eigenen Gewinne maximiere und die Preise treibe.Im Hintergrund der Umbrüche mit vertikalen, branchenübergreifenden Transaktionen steht niemand anders als Amazon. Spätestens seit im Herbst bekannt wurde, dass sich Amazon in mehreren US-Bundesstaaten die Lizenz zum Medikamentenvertrieb gesichert hatte, herrscht Alarmstimmung. Ein noch schrillerer Weckruf war für Marktteilnehmer, dass Amazon-Gründer und CEO Jeff Bezos verlauten ließ, in einem Gemeinschaftsunternehmen mit Berkshire Hathaway und der größten US-Bank J.P. Morgan die Gesundheitsversorgung (zunächst) für ihre Angestellten in den USA umzukrempeln. Nach dieser Ankündigung hatte die Aktie von Express Scripts am stärksten verloren. Das Trio könnte in einem ersten Schritt vor allem das Geschäft von Arzneimitteleinkaufsorganisationen trüben, das für Walgreens oder CVS eine große Rolle spielt. CVS will sich nun zum vertikal integrierten Gesundheitskonzern umbauen; Walgreens versucht dies mit einem 20 Mrd. Dollar schweren Deal mit Amerisource. Indes plant der Lebensmittelhändler Albertsons, die Reste von Rite Aid zu erwerben, einem kleineren CVS-Rivalen. 41 Mrd. Dollar SchuldenExpress Scripts war vor der Deal-Ankündigung an der Nasdaq 41 Mrd. Dollar schwer, Cigna 47 Mrd. Dollar. Die Express-Scripts-Aktionäre sollen 48,75 Dollar in bar plus jeweils 0,2434 Cigna-Aktien bekommen. Dies ergibt rechnerisch gut 47 Dollar und samt der Cash-Komponente reichlich 96 Dollar je Aktie – eine Prämie von 31 % auf den Express-Scripts-Kurs vom Mittwoch. Nach dem Zusammenschluss sollen Cigna-Eigner 64 % halten, die Express-Scripts-Aktionäre den Rest. Finanziert wird mit neuen Schulden über 22,5 Mrd. Dollar, neuem Eigenkapital von 26,6 Mrd. und vorhandenen Barmitteln von 7,2 Mrd. Dollar. Die Fremdfinanzierung stellen Morgan Stanley und Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ. Nach dem Abschluss wird Cigna mit 41,1 Mrd. Dollar in der Kreide stehen; das Investment-Grade-Rating will man behalten. Cigna hat bisher “Baa1″/”A”. Der Leverage dürfte laut Creditsights beim 3,3-Fachen landen. Morgan Stanley berät die Bieterin, die Zielgesellschaft setzt auf Centerview und Lazard.—– Wertberichtigt Seite 8