737-Max-Flugverbot dauert länger als erwartet

Kosten des Debakels könnten auf mehr als 25 Mrd. Dollar steigen

737-Max-Flugverbot dauert länger als erwartet

wü Paris – Die Kritik kam von oberster Stelle. Boeing sei eine große Enttäuschung für ihn, erklärte US-Präsident Donald Trump gegenüber dem Fernsehsender CNBC. Noch vor rund einem Jahr sei der Flugzeugbauer eines der weltweit führenden Unternehmen gewesen, doch dann seien plötzlich Dinge passiert, sagte Trump in Anspielung auf das nach zwei Abstürzen mit 346 Toten Mitte März für den Mittelstreckenjet 737 Max weltweit verhängte Flugverbot. Dies dürfte sich noch bis Mitte des Jahres hinziehen, warnte der Airbus-Konkurrent nun, nachdem er zuvor bereits die amerikanische Flugaufsichtsbehörde FAA (Federal Aviation Administration) und Fluggesellschaften unterrichtet hatte.”Wir informieren unsere Kunden und Zulieferer, dass unseren aktuellen Prognosen zufolge die Wiederindienststellung der 737 Max Mitte des Jahres 2020 beginnen wird”, erklärte Boeing. Es obliege aber der FAA und anderen Aufsichtsbehörden, über den Termin dafür zu entscheiden. Amerikanische Fluggesellschaften wie American Airlines, United und Southwest Airlines hatten den Mittelstreckenjet bereits in den letzten Wochen bis Anfang Juni aus ihren Dienstplänen gestrichen. Doch Branchenkenner wie die Analysten von Jefferies hatten mit April, einige sogar mit Ende März für die Wiederzulassung gerechnet.Die Analysten von Jefferies gehen nun davon aus, dass die Wiederindienststellung im Juli erfolgen und die seit Anfang des Jahres vorübergehend gestoppte 737-Produktion im Oktober mit einer Produktionsrate von 21 Exemplaren monatlich wieder aufgenommen werden könnte. Boeing hatte die 737-Produktion Mitte April zunächst von 52 auf 42 Exemplare monatlich gesenkt. Auf den Geländen des Flugzeugbauers stehen rund 400 Exemplare der 737 Max, die wegen des Flugverbots nicht ausgeliefert werden können. Sollte die Produktion im Oktober mit einer Rate von 21 pro Monat wieder starten und bis zum zweiten Quartal 2022 auf 57 steigen, könnte Boeing in diesem Jahr 256 Exemplare der 737 Max ausliefern, 2021 dann 720 und im übernächsten Jahr 705, meinen die Experten von Jefferies.Neue Schätzungen, wie teuer die anhaltende 737-Max-Krise wird, dürfte der neue Boeing-Chef David Calhoun am 29. Januar nennen, wenn er die Bilanz des vierten Quartals präsentiert. Die Kosten für das Debakel beliefen sich Ende des dritten Quartals auf 9,2 Mrd. Dollar und könnten laut Analysten auf mehr als 25 Mrd. Dollar steigen. Sollte die 737 Max von den Airlines erst nach der Sommersaison wieder eingesetzt werden können, muss der Flugzeugbauer ihnen höhere Entschädigungen zahlen als bisher vereinbart. Auch Zulieferer wie Spirit Aerosystems setzt die Krise unter Druck. Boeing verhandelt dem Vernehmen nach gerade mit Banken über einen weiteren Kredit über 10 Mrd. Dollar. Flugzeugleasing-Unternehmen äußerten sich auf einer Konferenz in Dublin besorgt, dass die Krise zu einem Preisverfall und einem Ausverkauf der 737 Max führen könnte.Auch bei anderen Programmen von Boeing wie dem Langstreckenjet 777X, dem Militärtankflugzeug KC-46 und dem Starliner-Raumschiff kommt es zu Problemen. Wegen Problemen mit den Triebwerken hat der Airbus-Rivale den Erstflug der 777X auf dieses Jahr verschieben müssen. Er soll am heutigen Donnerstag um 19 Uhr europäischer Zeit in Seattle zu seinem Jungfernflug abheben und um Mitternacht wieder landen. Die Boeing-Aktie gab am Mittwoch in New York zeitweise über 2 % nach.