737-Max-Krise verhagelt Boeing das Geschäft

Fluggesellschaften weltweit verschieben Liefertermine - Gespräche mit Banken

737-Max-Krise verhagelt Boeing das Geschäft

wü Paris – Der Tiefpunkt der 737-Max-Krise bei Boeing scheint noch längst nicht erreicht. Inzwischen verdichten sich die Anzeichen, dass der seit Mitte März 2019 mit einem weltweiten Flugverbot belegte Mittelstreckenjet noch später wieder in Dienst gestellt werden könnte als zuletzt gehofft. Nach United Airlines hat nun auch American Airlines das Modell bis Anfang Juni aus seinen Flugplänen gestrichen. Selbst wenn die 737 Max die Wiederzulassung erhalten sollte, könnte es danach Wochen, wenn nicht Monate dauern, bis sie wieder regulär im Linienbetrieb fliegen kann. Denn inzwischen empfiehlt der Airbus-Rivale für 737-Max-Piloten ein Simulator-Training. Weltweit gibt es jedoch nur 34 solcher Simulatoren.Wegen der anhaltenden Unsicherheiten bezüglich der Aufhebung des Flugverbots haben bereits mehrere Fluggesellschaften wie Virgin Australia und Norwegian für die nächsten Jahre geplante 737-Max-Auslieferungen nach hinten verschoben. Zuletzt gab Malaysia Airlines am Mittwoch bekannt, in diesem Jahr kein Exemplar des Unglücksmodells abnehmen zu wollen. Malaysia hat 25 Stück bestellt und hätte seine erste 737 Max eigentlich im Juli erhalten sollen. Airline-Chef Izham Ismail hatte bereits im vergangenen Jahr erklärt, dass sich die Indienststellung verzögern könnte. Nach Ansicht von Analysten könnten finanzschwache Boeing-Kunden das anhaltende Flugverbot nutzen, um mit dem amerikanischen Flugzeugbauer etwas zu üppig ausgefallene Bestellungen neu zu verhandeln. Je länger das Debakel um die 737 Max anhält, desto mehr drohen Boeing Entschädigungsansprüche und Abbestellungen.Diese haben dem Flugzeugbauer bereits 2019 das Geschäft verhagelt. Zum ersten Mal seit mehreren Jahrzehnten wies er ein Auftragsminus aus. So verbuchte Boeing unter dem Strich wegen 54 Stornierungen minus 87 Nettobestellungen, während sein europäischer Wettbewerber Airbus auf 768 Netto-Aufträge kam. Allein bei der 737 Max stehen bei Boeing jetzt 183 Bestellungen weniger in den Auftragsbüchern. Der Auftragsbestand verringerte sich entsprechend auf 5 406. Die Zahl der Auslieferungen ging 2019 von 806 im Vorjahr auf 380 zurück, während Airbus die Auslieferungen im Vergleich zum Vorjahr von 800 auf 863 steigerte. Seit die 737 Max mit dem Flugverbot belegt ist, kann sie nicht mehr ausgeliefert werden, so dass inzwischen auf den verschiedenen Werksgeländen des Flugzeugbauers rund 400 Exemplare des Unglücksmodells geparkt sind.Boeing hat die 737-Produktion deshalb Mitte April zunächst von 52 auf 42 Exemplare monatlich gesenkt und sie zu Beginn des Jahres vorübergehend gestoppt. Wann sie wieder anlaufen soll, ist nicht bekannt. Seit der Entscheidung, die 737-Produktion vorübergehend zu stoppen, hat die US-Aufsichtsbehörde FAA (Federal Aviation Administration) Boeing die Genehmigung erteilt, die 737 Max auch auf einem Gelände im kalifornischen Victorville zu parken. Doch solange unklar ist, wann das Flugverbot aufgehoben werden könnte, dürfte der Flugzeugbauer mit seiner Entscheidung zögern, die Produktion wieder zu starten. Boeing selber hoffe auf eine Wiederaufnahme der Produktion Mitte Februar, meint der Branchendienst Leeham News. Boeing soll dem Vernehmen nach bereits mit mehreren Banken wie Citigroup über neue Kredite sprechen. Für ihn könnte es jedoch demnächst an den Kreditmärkten teurer werden, da Moody’s gerade damit drohte, die Kreditwürdigkeitsnote von Boeing abzustufen.