Der Hamburger Online-Modehändler About You hat die operative Gewinnschwelle zum Start ins neue Geschäftsjahr dank eines rigiden Sparkurses schneller erreicht als erwartet und seine Anleger damit in Jubelstimmung versetzt. Der Aktienkurs legte am Mittwoch zeitweise um fast 41% auf etwa 6,20 Euro zu. In seinem Fahrwasser verbuchte auch Konkurrent Zalando einen Kurssprung von zeitweise knapp 14%.

Vom Höchststand aus dem Jahr 2021, als About You an die Börse gegangen war und kurz danach für mehr als 26 Euro gehandelt wurde, ist der Kurs zwar noch weit entfernt. Mitgründer und Co-CEO Tarek Müller zeigt sich dennoch zufrieden. Nicht nur habe sich sein Unternehmen am Aktienmarkt zuletzt besser geschlagen als viele andere börsennotierte Online-Modehändler wie Fashionette, Boohoo oder Asos. Auch das Geschäft habe sich im ersten Quartal vergleichsweise gut entwickelt. “Wir haben in den ersten drei Monaten beim Umsatz trotz aller Effizienzmaßnahmen mehr als das Dreifache gegenüber dem Vor-Corona-Niveau erzielt”, sagte er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Damit sind wir sehr zuversichtlich, unsere Gesamtjahresprognose auch erreichen zu können, sprich ein Umsatzwachstum von 1 bis 11% und das Erreichen der Gewinnschwelle.”

About You war zuletzt deutlich schneller gewachsen als der deutsche Hauptkonkurrent Zalando. Wo der Umsatz der Hamburger im abgelaufenen Geschäftsjahr um 10% zugelegt hatte, kam es bei Zalando aus Berlin zu einer Stagnation.

Das erklärte Ziel von About You ist es, den Markt auch dieses Jahr zu schlagen. Im ersten Geschäftsquartal (bis Ende Mai) stiegen die Erlöse wegen hoher Vergleichszahlen zwar nur um knapp 1% auf 507 Mill. Euro. Aber auch hier ist Müller optimistisch. “Wir sehen jetzt schon im zweiten Quartal eine leichte Beschleunigung des Wachstums und glauben, dass sich diese Entwicklung im Gesamtjahr fortsetzen wird, so dass wir ab 2024 wieder auf zweistellige Wachstumsraten zurückkommen werden”, so der Unternehmer.

Anders als vom Unternehmen und vom Markt erwartet hat About You nun schon im ersten Geschäftsquartal ein positives bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 4,2 Mill. Euro erzielt. Im Vorjahr stand hier noch ein Minus von fast 29 Mill. Euro. Zu verdanken sei dies “disziplinierten Kostensenkungen” in den Bereichen Marketing und Verwaltung, wie der Konzern mitteilte. So wurden etwa Werbekampagnen zum Eintritt in neue Märkte stark zurückgefahren und Neueinstellungen verlangsamt. Allein im Marketing reduzierten sich die Kosten dadurch im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres um mehr als die Hälfte auf gut 51 Mill. Euro.

An der Steigerung der Markenbekanntheit hat das Unternehmen dennoch gearbeitet – zum Beispiel in Form von zahlreichen Kollaborationen mit internationalen Promis wie der US-Schauspielerin Emma Roberts, der britischen Schauspielerin Millie Bobby Brown oder der US-Sängerin Katy Perry. “Das wird uns alles in den nächsten Jahren helfen, das Wachstum weiter über Marktniveau halten zu können”, sagt Müller.

Anders als die Marketingkosten stiegen die Fulfillment-Kosten zur Belieferung der Kunden im ersten Quartal deutlich um 9% auf 121 Mill. Euro. “Das lag daran, dass wir unser Logistiknetzwerk ausgebaut und ein drittes Logistikzentrum in Polen ans Netz genommen haben”, erklärt Müller. Der Free Cashflow landete am Ende mit 10,8 Mill. Euro dennoch deutlich im positiven Bereich, nachdem About You hier im vergangenen Jahr noch ein Minus von gut 24 Mill. Euro verzeichnet hatte.

Eine große Herausforderung, die die Modebranche seit einiger Zeit umtreibt, sind die hohen Lagerbestände, die bei den Händlern teils in der Pandemie, teils aber auch schon davor aufgelaufen waren. Die übergroßen Vorräte führen zu Rabattschlachten und schmälern die Renditen der Unternehmen – so auch bei About You. “Wir haben den Druck im ersten Quartal gespürt und das hat unsere Bruttomarge belastet”, sagt Müller.

Allerdings übertraf die Bruttomarge mit 39,5% (Q1 2022/2023: 42,6%) immer noch die Erwartungen der Deutschen Bank, die mit etwa 38% gerechnet hatte. Müller geht davon aus, dass sich der Markt diesbezüglich im kommenden Jahr normalisieren wird. “Damit haben wir dann auch noch ein signifikantes Aufwärtspotenzial bei der Marge”, betonte er.

Es gibt aber noch andere Hebel, die About You zuletzt gezogen hat, um die Profitabilität zu steigern. So hat der Konzern wie Zalando einen Mindestbestellwert für den kostenlosen Versand eingeführt und – ebenfalls wie Zalando – die Gebühren für Händler leicht angehoben.

Bei der Frage, ob Retouren künftig kostenpflichtig sein sollen oder nicht, ist der Konzern noch zurückhaltend. “Wir beobachten das Thema und fahren erste Tests in sehr kleinen Ländern”, sagt Müller. “Das ist aber noch nicht sichtbar in unseren Zahlen und es wird wohl noch sechs bis zwölf Monate dauern, bis wir feststellen können, ob das etwas ist, das man ausrollen kann.”

Während Zalando hartnäckig an der Gratis-Retour festhält, haben Anbieter wie Zara, H&M oder die japanische Modekette Uniqlo bereits eine Rücksendegebühr eingeführt. Ein solcher Schritt würde bei About You zwar nicht alle Kunden betreffen, sagt Müller. “Im Falle eines Ausrollens wäre es aber trotzdem ein signifikanter Hebel zur Profitabilitätssteigerung.”

Mit dem kräftigen Kurszuwachs liegt die Aktie von About You nun seit Jahresbeginn bei knapp 3% im Plus. Alexander Zienkowicz von Alster Research hob sein Kursziel nach Veröffentlichung der Quartalszahlen von 6,50 Euro auf 7,30 Euro an und schrieb, dass das Unternehmen sein Versprechen eingehalten habe, Profitabilität über Wachstum zu stellen. “Die Sparmaßnahmen haben angefangen Früchte zu tragen”, so der Analyst.