BT GROUP

Abschied vom Netz

Wenn Telekom-Lenker Timotheus Höttges dieser Tage auf die zurückliegenden M&A-Deals seines Konzerns zurückblickt, wird er wohl das Tauschgeschäft mit der BT Group nicht zu den besonders geglückten Transaktionen zählen. Anfang des Jahres hatten die...

Abschied vom Netz

Wenn Telekom-Lenker Timotheus Höttges dieser Tage auf die zurückliegenden M&A-Deals seines Konzerns zurückblickt, wird er wohl das Tauschgeschäft mit der BT Group nicht zu den besonders geglückten Transaktionen zählen. Anfang des Jahres hatten die Bonner ihren Anteil am Mobilfunkanbieter EE an BT abgegeben und im Gegenzug eine 12 %-Beteiligung an der Gruppe erhalten. In jüngster Zeit jagt beim britischen Telekomkonzern nun ein Unglück das nächste. Seit dem Brexit-Votum im Juli ist der BT-Kurs um ein Fünftel gefallen; eine schmerzliche Abwertung des Pakets, das die Telekom hält. Nun naht Ungemach durch die britische Regulierungsbehörde Ofcom, die den Klagen der Wettbewerber über Diskriminierung und schlechten Service beim Zugriff auf das BT-Festnetz, der Sparte Openreach, ihr Ohr leiht.Erstmals droht einem europäischen Telekomunternehmen die erzwungene Abspaltung der Festnetz-Infrastruktur in eine rechtlich selbständige Gesellschaft, die durch die Übertragung von Personal und Assets auch prinzipiell wirtschaftlich unabhängig wäre. Der Gedanke ist andernorts in Europa schon aufgekommen und dabei nicht immer als bedrohlich empfunden worden. So erwog die hoch verschuldete Telecom Italia schon 2012 erstmals die Abspaltung ihrer Festnetzsparte, wobei der Plan allerdings schierer Not entsprungen war. Die Italiener wollten gleichzeitig einen substanziellen Anteil der Infrastruktur an einen Investor abgeben, um Geld einzutreiben für die Aufrüstung der Breitbandnetze. Das Unterfangen wurde nach mehreren Anläufen abgeblasen, weil man sich mit dem potenziellen Investor weder über Bewertung noch Strategie einigen konnte.Während Bewertungsfragen für BT zunächst nicht im Vordergrund stehen, weil Openreach auch nach Ausgliederung im 100-prozentigen Eigentum der Mutter bleiben soll, wirft eine Abspaltung strategische Fragen auf. Ein wahrhaft unabhängiges Management der Festnetzgesellschaft schließt eine unabhängige Finanzierung ein. Sie erscheint bei einer mit eigenen Assets ausgestatteten Openreach zwar möglich, aber nur theoretisch, denn solange BT die Tochter voll konsolidiert, wird sie als Eigentümerin naturgemäß entscheidenden Einfluss auf die Investitionen nehmen wollen.Ein wahrhaft “freier Zugriff” aller Telekomanbieter im Markt zu gleichen Bedingungen macht damit zwangsläufig Planspiele für den nächsten Schritt wahrscheinlich: eine Abspaltung an die eigenen Aktionäre oder gar an fremde. Dann droht allerdings der Abschied vom Festnetz.