Abschreibungen bescheren Thyssenkrupp Milliardenverlust
Thyssenkrupp schüttet trotz Milliardenverlust aus
Gespräche mit EPH ergebnisoffen – Plan B in der Tasche – Wachstum forcieren – 2024 bleibt herausfordernd
ab Essen
Abschreibungen im Stahlgeschäft haben Thyssenkrupp das Geschäftsjahr verhagelt. An der Dividende wird jedoch nicht gerüttelt. Zugleich ziehen sich die Gespräche mit dem potenziellen Partner für das Stahlgeschäft in die Länge. Thyssenkrupp verfüge aber über einen Plan B, sagte Vorstandschef Miguel Lopez.
Thyssenkrupp hat trotz der schwierigen Rahmenbedingungen ein passables bereinigtes operatives Ergebnis abgeliefert. Gleichwohl drückten milliardenhohe Abschreibungen das Konzernergebnis tief in die roten Zahlen, wie der Mischkonzern bei der Vorlage des Geschäftsberichts erläuterte. Dennoch sollen die Aktionäre eine unveränderte Dividende von 0,15 Euro je Aktie oder 93 Mill. Euro in Summe erhalten.
Erst im Vorjahr hatte der Traditionskonzern nach drei dividendenlosen Jahren die Ausschüttung wieder aufgenommen. Im Vorjahr hatte der Konzern die Dividende allerdings noch verdient. Dagegen steht im Einzelabschluss der AG für das im September abgelaufene Geschäftsjahr unter dem Strich ein Verlust von 1,8 Mrd. Euro. Folglich wurden der Gewinnrücklage 1,4 Mrd. Euro entnommen.
Swing im Cashflow gelungen
Von einem Griff in die Substanz wollte Finanzchef Klaus Keysberg jedoch nichts wissen, zumal es 2022/23 gelungen sei, einen positiven freien Cashflow von 363 Mill. Euro zu erwirtschaften – ein Swing um 839 Mill. Euro. Außerdem sei Thyssenkrupp mit einer Eigenkapitalquote von 38% und einer Netto-Cashposition von 4,3 Mrd. Euro gut aufgestellt.
Dass Thyssenkrupp das jahrelange Geldverbrennen beendet hat, bescherte dem MDax-Wert einen Kurssprung um 8%.
Wenngleich der Konzern die operativen Ziele weitestgehend erreichte, machten 2,1 Mrd. Euro schwere Abschreibungen auf das Anlagevermögen der Stahlsparte die Zielsetzung eines ausgeglichenen Jahresüberschusses zunichte. Neben gestiegenen Kapitalkosten waren dafür auch die langfristig eingetrübten Ertragserwartungen im Stahlgeschäft ursächlich, wie Keysberg ausführte.
Planungssicherheit
Verständlich also, dass Thyssenkrupp für das hochzyklische Stahlgeschäft einen Partner sucht. Thyssen-Chef Miguel Lopez bestätigte, mit EPH, dem Energiekonzern des tschechischen Investors Daniel Kretinsky, über einen Teilverkauf zu verhandeln. Für die Stahlsparte sei entscheidend, Planungssicherheit bezüglich wettbewerbsfähiger Preise und langfristigen Zugang zu grünem Strom und Wasserstoff zu erhalten, sagte Lopez. Denn bei der Produktion von grünem Stahl entfalle bis zur Hälfte der Kosten auf Energie.
Aus diesem Grund werde mit dem Energieunternehmen EPH über ein Joint Venture verhandelt, an dem Thyssenkrupp und EPH jeweils mit 50% beteiligt wären. Die Gespräche verliefen konstruktiv und ergebnisoffen. Zum Timing sagte Lopez: „Das wird noch Zeit in Anspruch nehmen.“
Wunderwaffe Apex
Sollten die Gespräche scheitern, habe Thyssenkrupp einen Plan B. Diesen allerdings behielt der Manager für sich. Schon seit Jahren sucht Thyssenkrupp nach einem Käufer oder Partner für das volatile Stahlgeschäft. EPH gilt als letzter verbliebener Interessent. Anders als bei einem Verkauf müsste die Hauptversammlung der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens nicht zustimmen, sagte Lopez.
Wenngleich der seit Juni amtierende Vorstandschef anerkannte, dass Thyssenkrupp im abgelaufenen Turnus Fortschritte bei der Cash-Generierung gemacht habe, ließ Lopez keine Zweifel daran, dass alle Geschäfte ihre Leistung verbessern müssten. Um das zu erreichen, wurde im September das Performance-Programm „Apex“ aufgelegt. Im Zentrum stehe profitables Wachstum und weniger die Kostenseite. Entsprechend taxierte Lopez die Kosten für das Effizienzprogramm auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag.
Mittelfristziele im Blick
Bis 2024/25 – also binnen zwei Jahren – soll Apex einen Beitrag zum operativen Ergebnis von 2 Mrd. Euro liefern. Bis dahin sollen auch die mittelfristigen Finanzziele erreicht werden, also eine bereinigte Ebit-Marge von 4 bis 6% und ein signifikant positiver freier Cashflow vor M&A. Im abgelaufenen Turnus landete die Ebit-Marge bei 1,9%.
Für den neuen Turnus strebt Thyssenkrupp ein bereinigtes Ebit im hohen dreistelligen Millionenbereich und einen freien Cashflow im niedrigen dreistelligen Millionenbetrag an sowie einen Überschuss im niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenbereich. Mit Rückenwind vom gesamtwirtschaftlichen Umfeld wird dabei nicht gerechnet.