Immobilienkonzern

Abwertungen drücken Adler tief in rote Zahlen

Wertberichtigungen auf Immobilien und Forderungen haben der Adler Group 2022 knapp 1,7 Mrd. Euro Verlust eingebrockt. Der Immobilienkonzern sieht sich weiter in rauer See, habe aber drei Mal die Insolvenz abwenden können.

Abwertungen drücken Adler tief in rote Zahlen

Abwertungen drücken Adler tief in rote Zahlen

Konzerneigenkapital halbiert – Wohnimmobilienkonzern will Verbindlichkeiten ohne Zerschlagung zurückzahlen – Verschuldungsgrad steigt – Fokus auf Berlin

hek Frankfurt

Der schwer angeschlagene Wohnungskonzern Adler Group hat im Geschäftsjahr 2022 erneut einen Milliardenverlust eingefahren. Unter dem Strich stehen 1,67 Mrd. Euro Fehlbetrag, die vor allem auf Abwertungen von Immobilien und Forderungen zurückgehen. 2021 hatte die in Luxemburg ansässige Gruppe 1,17 Mrd. Euro Nettoverlust verbucht.

Den Wert des Immobilienportfolios hat Adler im vergangenen Jahr um 1,9% herabgesetzt. Er lag Ende 2022 bei 5,2 Mrd. Euro. Darüber hinaus hat der Konzern Portfolien veräußert, um die Verschuldung zu verringern. Die Verkäufe führten dazu, dass die Nettomieterträge im abgelaufenen Jahr um 29,4% auf 244,5 Mill. Euro schrumpften. Auf vergleichbarer Basis legten die Mieteinnahmen aber um 1,5% zu.

Das Eigenkapital im Konzernabschluss schrumpfte infolge des Verlusts auf 1,91 Mrd. Euro. Ende 2021 hatte es mit 3,69 Mrd. Euro noch doppelt so hoch gelegen. Im Einzelabschluss ist das Eigenkapital aufgezehrt. Es liegt mit 300 Mill. Euro im negativen Bereich. Adler befinde sich weiter in rauer See, komme aber Schritt für Schritt voran, sagt Verwaltungsratschef Stefan Kirsten in einer Telefonkonferenz klar. Die Lage sei positiver als im vergangenen Herbst.

Suche nach Konzernprüfer läuft

Die Geschäftszahlen sind ungeprüft, weil Adler nach dem Zerwürfnis mit dem bisherigen Abschlussprüfer KPMG trotz quälend langer Suche noch keinen Prüfer für den Konzern gefunden hat. Das sei ein „außergewöhnlicher Fall für ein Unternehmen unserer Größenordnung“, räumt Kirsten ein. Für die deutsche Tochter Adler Real Estate ist neuerdings Rödl & Partner an Bord. Eine Bestellung werde zeitnah angestrebt, teilte Adler am Montagabend mit.

Die Suche nach einen Prüfer für die Muttergesellschaft Adler Group dauert dagegen an. Man sei laufend in Diskussionen mit Behörden und Prüfungsgesellschaften, sagt Kirsten. Kurzfristig sei kein Ergebnis zu erwarten. Rödl & Partner habe keine Lizenz und keine ausreichenden Kapazitäten, um kapitalmarktorientierte Unternehmen in Luxemburg zu prüfen.

Strategisch will sich Adler in den nächsten zwei Jahren als auf Berlin fokussiertes Wohnimmobilienunternehmen aufstellen. Ausgewählte Portfolien und zusätzliche Bauprojekte sollen abgestoßen werden. Aus der kapitalintensiven Projektentwicklung will sich das Unternehmen laut Kirsten weitgehend verabschieden. Zuletzt verfügte die Gruppe noch über 26.200 Wohnungen, davon 18.560 in Berlin.

Adler müsse weiter schrumpfen, um die Forderungen zu bezahlen, sagt Kirsten. Der Schrumpfkurs geht mit weniger Personal einher – 150 Mitarbeiter seien informiert worden, dass sie sich verabschieden müssen. Ob es zu weiterem Abbau komme, hänge von der Marktentwicklung ab.

Zu dem vor dem High Court in London diskutierten weitgehenden Komplettverkauf der Assets soll es aber nicht kommen: „Wir werden keine Zerschlagung machen“, versichert CFO Thomas Echelmeyer. Adler könne die Schulden ohne komplette Zerschlagung zurückzahlen.

Der Verschuldungsgrad ist 2022 auf 74,5% des Immobilienvermögens geklettert. Er wurde erstmals nach den Vorgaben der Immobilienorganisation Epra ermittelt. Ende 2021 lag der vergleichbare Wert bei 62,7%. Die neue Berechnungsmethode schlägt sich in einem Anstieg um 7,7 Prozentpunkte nieder, bezogen auf das dritte Quartal 2022. Der für die Kreditbedingungen maßgebliche Loan-to-Value wird mit 60,9% angeben. Er überschreitet also die frühere Obergrenze in den Anleihebedingungen von 60%. Im Zuge der Anpassung der Covenants wurde das Limit umgestellt.

Der mit einer Kerngruppe von Bondholdern ausgehandelte Kredit von maximal fast 940 Mill. Euro soll an diesem Mittwoch fließen. Damit wäre die Gruppe in der Lage, den am 27. April fälligen 500-Mill.-Euro-Bond von Adler Real Estate zu tilgen. Laut den geänderten Anleihebedingungen darf Adler für 2022 und darüber hinaus keine Dividenden an die Aktionäre zahlen. Zu den Anteilseignern gehört der Wohnungskonzern Vonovia, dessen Anteil mit 20,5% angegeben wird.

Mit der Billigung des finanziellen Restrukturierungsplans durch den Londoner High Court habe Adler zum dritten Mal eine drohende Insolvenz abgewendet, sagt Kirsten und versichert: „Aktuell machen uns keine Fristen in den Anleihebedingungen Sorgen.“ Für geprüfte Jahresabschlüsse 2022 und 2023 hat Adler nun Zeit bis Ende September 2024. Das von Opponenten angestrebte Berufungsverfahren hat der High Court inzwischen abgelehnt. Allerdings klagen Gegner des Schuldenplans in Frankfurt gegen die Übertragung der Adler-Group-Bonds auf eine englische Gesellschaft. Diese war Voraussetzung für eine vorinsolvenzliche Sanierung nach englischen Recht.

Mehr als drei Leben

Für das laufende Jahr stellt Adler zwischen 207 Mill. und 219 Mill. Euro Nettomieterträge in Aussicht, 13% weniger als 2022 erzielt wurden. Keinen Ausblick gibt das Management für das operative Ergebnis aus der Vermietung (Funds from Operations). Im abgelaufenen Jahr waren es 86,8 Mill. Euro, was innerhalb der Prognoserahmens von 84 Mill. bis 88 Mill. Euro liegt. „2021 war ein extrem schweres Jahr, 2022 war noch schwerer mit einigen kommerziellen Nahtoderfahrungen“, bilanziert Kirsten. „Eine Katze hat bekanntlich irgendwas zwischen sieben und neun Leben, Adler hat auf jeden Fall mehr als drei.“

Wertberichtigungen auf Immobilien und Forderungen haben Adler Group knapp 1,7 Mrd. Euro Verlust eingebrockt. Der Wohnungskonzern sieht sich weiter in rauer See, hat aber laut Verwaltungsratschef Stefan Kirsten drei Mal die Insolvenz abwenden können. Die Schulden sollen ohne Zerschlagung abbezahlt werden.

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