Überraschungscoup

ACS will Italiens Autobahnen kaufen

Der spanische Bau- und Dienstleistungskonzern ACS will für Aspi angeblich bis zu 10 Mrd. Euro hinlegen. CEO Florentino Pérez verweist auf die langjährige Partnerschaft zwischen Atlantia und dem Autobahnbetreiber Abertis,

ACS will Italiens Autobahnen kaufen

bl Mailand

Überraschungscoup in der sich seit mehr als zwei Jahren hinziehenden Verkaufsdiskussion um den zu 88% vom Infrastrukturkonzern Atlantia kontrollierten italienischen Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia (Aspi). Der spanische Bau- und Dienstleistungskonzern ACS will für Aspi angeblich bis zu 10 Mrd. Euro hinlegen. CEO Florentino Pérez verweist Presseberichten zufolge auf die langjährige Partnerschaft zwischen Atlantia und dem Autobahnbetreiber Abertis, der zu 50,1% von Atlantia und zu 49,9% von ACS und deren Tochter Hochtief kontrolliert wird. Pérez, im „Nebenberuf“ Präsident des Fußballclubs Real Madrid, könnte mit einer Übernahme einen weltweit führenden Autobahnbetreiber schmieden.

Die Offerte muss nun vom Atlantia-Verwaltungsrat geprüft werden, der am gestrigen Donnerstag zusammenkam, um über ein Kaufangebot eines Konsortiums aus der mehrheitlich staatlichen Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP), Macquarie und Blackstone zu diskutieren. Das Bündnis bietet 9,1 Mrd. Euro für Aspi. Das ist nach Ansicht der meisten Atlantia-Aktionäre zu wenig. Bei der Hauptversammlung im März stimmte deshalb eine Mehrheit des Kapitals für eine Verlängerung der Frist zur Vorlage weiterer Angebote. Das hatten der Großaktionär Edizione, hinter dem die Familie Benetton steht und der 30,2% von Atlantia kontrolliert, sowie die Bankenstiftungen CRT abgelehnt. Für eine Annahme des Antrags wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen. Aktionäre wie Lazard (5%), HSBC (5%) und die Sparkassenstiftung von Turin (4,85%), vor allem aber TCI (10%) dürften klar ACS favorisieren. TCI-Chef Chris Hohn hat sich bereits entsprechend geäußert und die Regierung in Rom vor einer Einmischung gewarnt. Auch die Aspi-Minderheitsaktionäre EDF und Allianz dürften auf eine marktgerechte Lösung dringen.

Der Atlantia-Aktienkurs reagierte auf die Meldungen mit einem Kurssprung um 3,1% auf 16,29 Euro. Es bleibt abzuwarten, welche Empfehlung der Atlantia-Verwaltungsrat für die Hauptversammlung am 28. April gibt. Die Diskussionen um einen Aspi-Verkauf dauern schon zweieinhalb Jahre. Die bis Anfang Februar amtierende Regierung unter Premierminister Giuseppe Conte hatte massiv auf einen Verkauf gedrungen, weil sie Atlantia bzw. Aspi für den Einsturz einer Autobahnbrücke in Genua verantwortlich machte. Die Regierung unter Mario Draghi ist weniger interventionistisch. Transportminister Enrico Giovannini sagte kürzlich, er hoffe auf eine schnelle Lösung, damit sich Aspi auf die Wartung und Investitionen in das Autobahnnetz konzentrieren könne.

ACS hat die Mittel für den Kauf. Durch den Verkauf von Geschäftsaktivitäten an die französische Vinci sind 4,9 Mrd. Euro in die Kassen geflossen. Laut Pérez würde Aspi hervorragend in die langfristige Strategie von ACS passen. Aspi hat die Konzession für ein etwa 3200 Kilometer langes Autobahnnetz in Italien und war lange Zeit die Cashcow von Atlantia. Pérez ist offenbar auch bereit, die CDP mit ins Boot zu holen. Wie bei Abertis sind auch bei Atlantia und Aspi die Erlöse infolge des deutlich geringeren Verkehrsaufkommens in der Coronakrise stark eingebrochen. Der Atlantia-Umsatz ging von 11,6 auf 8,3 Mrd. Euro zu­rück, wobei ein Verlust von 1,2 Mrd. Euro verbucht wurde. Zu Atlantia gehören neben dem Autobahnnetz von 14000 Kilometern auch fünf Flughäfen sowie die Mautgesellschaft Telepass.