Immobilienkonzern

Adler wertet Wohnungs­bestand ab

Wertminderungen im Bestandsportfolio und ein gestiegener Verschuldungsgrad prägen den Neunmonatsbericht der Adler Group. Der angeschlagene Wohnungskonzern baut auf ein Rettungspaket mit Gläubigern.

Adler wertet Wohnungs­bestand ab

hek Frankfurt

– Der krisengeschüttelte Wohnungskonzern Adler Group hat im dritten Quartal sein Bestandsportfolio um 2,3 % abgewertet. Der Rückgang des Zeitwerts im Vergleich zur Jahresmitte spiegele den Zinsanstieg wider, teilt das Unternehmen zur Vorlage des Quartalsberichts mit. Zugleich ist der Verschuldungsgrad weiter auf 59,9 % des Immobilienvermögens gestiegen. Ende Dezember 2021 waren es noch 50,9 % und Ende Juni 2022 dann 58 %.

Mit den Werteinbußen endet eine lange Phase von Aufwertungen im Zuge des Immobilienbooms. Auch andere Wohnungskonzerne stellen sich auf Wertminderungen zum Jahresende oder im neuen Jahr ein.

Den Bruttovermögenswert des Bestands gibt Adler mit 5,3 Mrd. Euro an. Der Rückgang um 2,6 Mrd. Euro zu Ende 2021 gehe hauptsächlich auf Verkäufe und die Umgruppierung der Enkeltochter Brack Capital Properties (BCP) zurück, die nach wie vor zum Verkauf steht.

Mit der am Freitagabend verkündeten Einigung mit maßgeblichen Bondholdern will sich Adler finanziell Luft bis Mitte 2025 verschaffen (vgl. BZ vom 29. November). Der Deal wurde mit einer Gruppe von sechs Bondholdern vereinbart, die 45 % der Firmenanleihen der Adler Group halten. Weitere Gläubiger wollten der Vereinbarung beitreten, sagt Verwaltungsratschef Stefan Kirsten. Mitte oder Ende nächster Woche werde man Klarheit haben, wie die Mehrheitsverhältnisse aussehen. Die Gläubigerversammlungen sollen Mitte Dezember stattfinden. Für Beschlüsse sind 75 % der abgegebenen Stimmen erforderlich.

In den vergangenen Wochen sei es um das nackte Überleben der Gruppe gegangen, stellt Kirsten klar. Aus der Liquiditätsplanung geht hervor, dass 880 Mill. Euro aus der neuen hochverzinsten Fremdfinanzierung über bis zu 937,5 Mill. Euro abgerufen werden sollen.

Voraussichtlich am 26. April 2023 werde Adler einen ungeprüften Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2022 vorlegen, kündigt Kirsten an. Für die geprüfte Version hat Adler gemäß der Vereinbarung mit Gläubigern nun bis Ende 2023 Zeit. Bei der Suche nach einem Wirtschaftsprüfer setzt Adler auf Unterstützung des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg. Dort hat die deutsche Tochter Adler Real Estate die gerichtliche Bestellung eines Prüfers beantragt. Das Unternehmen hat laut Kirsten alle Möglichkeiten ausgeschöpft, selbst einen zu finden.

Für die Prüfung kämen nur drei oder vier Gesellschaften in Frage, sagt Kirsten. Bei anderen gebe es entweder Interessenkonflikte durch anderweitige Beratungstätigkeiten – PwC beispielsweise berät in Corporate-Governance-Fragen und erstellt das Bewertungsgutachten für den geplanten Squeeze-out bei Adler Real Estate – oder sie decken die Jurisdiktion Luxemburg nicht ab, wo die Muttergesellschaft Adler Group ihren Sitz hat. In Luxemburg gibt es die Option nicht, einen Prüfer gerichtlich zu bestellen.

„Weitreichende Sonderrechte“

Die bei der Sonderprüfung durch die forensische Abteilung von KPMG zurückgehaltenen 800 000 E-Mails und Dokumente würden dem neuen Prüfer vorgelegt, kündigt Kirsten an. Sie seien extern von Anwälten geprüft worden. Ergebnis sei, dass keiner der ursprünglichen Vorwürfe wie Betrug oder Vorteilsnahme zutreffe. Zudem würden dem neuen Prüfer „weitreichende Sonderrechte“ eingeräumt wie die Befreiung von der Schweigepflicht bei Hinweisen zur Erläuterung der Prüfung.

Die verweigerte Herausgabe der Mails gilt als wesentlicher Grund für das Zerwürfnis zwischen Adler Group und dem bisherigen Prüfer KPMG Luxembourg. Sie war mit dem anwaltlichen Berufsgeheimnis in den USA begründet worden. KPMG hatte daraufhin dem Jahresabschluss 2021 das Testat versagt und die Fortführung des Mandats abgelehnt.

„Im Einklang mit der Anleihegläubiger-Vereinbarung hat Adler ihre Strategie angepasst“, teilt der Konzern weiter mit. Demnach konzentriert sich die Gruppe künftig auf den Wohnungsbestand in Berlin, ergänzt um ein „selektives“ Immobilienentwicklungsgeschäft, zu dessen Umfang keine Details genannt werden, und eine Begrenzung der Investitionsausgaben.

Damit schrumpft der Konzern, der aus der Fusion der Vermieter Adler Real Estate und Ado Properties und der Übernahme des Projektentwicklers Consus entstand, im Wesentlichen auf die frühere Ado. Die Verkleinerung des Entwicklungsgeschäfts ist allein schon deshalb notwendig, weil es Adler dafür an Cash fehlt. „Wir müssen mit der frischen Liquidität haushalten“, sagt CFO Thomas Echelmeyer.

Der für die Anleihen maßgebliche Verschuldungsgrad (LtV) lag Ende September bei 55 %. Die Obergrenze beträgt bisher 60 %. Dieser LtV ist niedriger als der nach branchenüblichen Maßstäben berechnete Wert von 59,9 %. An der Jahresprognose für den operativen Gewinn (Funds from Operations) von 84 Mill. bis 88 Mill. Euro hält Adler fest. Im dritten Quartal schrumpfte der FFO infolge der Wohnungsverkäufe von 35,1 Mill. Euro vor Jahresfrist auf 18,1 Mill. Euro. Adler Group verfügt noch über 26 200 Mietwohnungen.

Adler Group
Konzernzahlen nach IFRS
9 Monate
in Mill. Euro20222021
Mieterträge281344
Ebitda17182
Bewertungsergebnis−370571
Funds from Operations68102
Periodenergebnis−789347
Immobilienwert914899651
Beleihungsquote (%)59,950,91
Leerstandsquote (%)1,71,11
Mietwachstum (%)22,02,51
Nettofinanzschulden549550911
1)Ende 2021; 2) flächenbereinigtBörsen-Zeitung