Kampagnen

Aktivisten als Schrecken der CEOs

Aktivistische Investoren wie Elliott oder Valueact werden zum Schrecken der Vorstandsetagen. Sie greifen nicht mehr nur in Konzernumbauten wie bei RWE und Commerzbank ein oder erkämpfen Verwaltungsratssitze wie bei Exxon.

Aktivisten als Schrecken der CEOs

cru Frankfurt

Die Attacken aktivistischer Investoren auf Unternehmen haben in jüngster Zeit wieder deutlich mehr Schwung bekommen – und zielen immer öfter direkt auf die Personen in den Konzernführungen. So haben die größten aktivistischen Fonds wie Elliott, Valueact und TCI im Jahr 2021 bis dato bei 18% der von ihnen lancierten Kampagnen die Ablösung der Vorstandschefs angestoßen. Normal ist in einem solchen Zeitraum nur der Wechsel von 5% der CEOs. Das geht aus einem neuen Bericht der Investmentbank Lazard über aktivistische Investoren hervor.

„Es ist bemerkenswert, wie häufig die Aktivisten inzwischen mit ihren Angriffen auf das Top-Management erfolgreich sind“, sagte Richard Thomas, Managing Director und Head of European Shareholder Advisory, der Börsen-Zeitung. Eines der prominentesten Beispiele in Europa war jüngst Danone. Mit nur 3% der Aktien führten Artisan Partner und Bluebell Capital die Entlassung von CEO Emmanuel Faber herbei. Zum Verhängnis wurde ihm die Tatsache, dass die Danone-Aktie im März 2021 weniger wert war als fünf Jahre zuvor, die von Nestlé aber fast 40% mehr. Doch Danone ist bei weitem kein Einzelfall: Weitere Beispiele für Attacken der Aktivisten in Europa, die zur Ablösung von CEOs führten, waren Unicredit (Jean Pierre Mustier), Willis Towers Watson (John Haley) and First Group (Matthew Gregory).

Die Vorstöße sind in der jüngsten Zeit – nach dem Abflauen der Pandemie – wieder häufiger geworden. Allein zwischen dem 27. September und dem 8. Oktober gab es 15 neue Kampagnen. Im gesamten dritten Quartal dieses Jahres steckten die Aktivisten 8,5 Mrd. Dollar in 29 neue Kampagnen – fast drei Viertel mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres.

Insgesamt wurden im Laufe des Jahres bis dato 123 neue Attacken gestartet und 28,5 Mrd. Dollar dafür aufgewendet. In Europa geht es meist um Angriffe auf Finanzdienstleister (26%), wie etwa bei der Commerzbank, die von Cerberus aufgemischt wurde. Am stärksten betroffen sind britische Unternehmen. Auf der Insel gibt des mehr als dreimal so viele Attacken wie in jedem anderen europäischen Land – unter anderem weil der Brexit und die Pfund-Schwäche die Unternehmen verwundbarer machen.

Neben M&A Fokus auf ESG

Häufigster Dreh- und Angelpunkt aller Kampagnen weltweit sind M&A-Situationen. Das trifft auf fast die Hälfte zu. In der Mehrzahl der M&A-bezogenen Kampagnen sollen Übernahmen torpediert und in der Folge mit einem höheren Preis bezahlt werden. Manchmal geht es auch um Aufspaltungen oder Verkäufe von Randaktivitäten. Die australische Hochtief-Tochter Cimic beispielsweise hat Ende 2020 die Hälfte des Minenausrüsters Thiess an den Hegdefonds Elliott abgegeben.

Als wichtigster Ansatzpunkt für die Angriffe der Aktivisten hat neuerdings neben M&A-Situationen vor allem der Themenkreis Umwelt, Soziales und Governance (ESG) an Gewicht gewonnen. Aufsehen erregte zuletzt, dass der winzige Hedgefonds Engine No. 1 es schaffte, in einer Kampfabstimmung mehrere Verwaltungsratssitze beim großen US-Ölkonzern Exxon für sich zu gewinnen. Als nächster Gegner ist schon Exxon-Rivale Chevron ins Visier von Engine No. 1 geraten.

Auch in Deutschland machte eine ESG-Attacke Schlagzeilen: Der kleine Münchener aktivistische Investor Enkraft fordert bei RWE mit weniger als 1% der Aktien eine Abtrennung der Braunkohlesparte, um so vermeintlich milliardenschwere Werte zu heben, die in den CO2-Emissionsrechten des Konzerns schlummern sollen. Am Ende könnten Bund und Länder direkt oder über eine Stiftung die Kontrolle über die Restaktivitäten und die Renaturierungen übernehmen und damit Versorgung sichern, fordert Enkraft-Geschäftsführer Benedikt Kormaier. Doch auch diverse der ganz großen aktivistischen Investoren wie Elliott haben ESG als Angriffspunkt für Kampagnen genutzt: So setzte der Valueact mit durch, dass BP und der Versorger Enviva ihre CO2-Emissionen aus dem Ölgeschäft und aus Kohlekraftwerken reduzieren. Elliott erzwang bei Evergy eine Umlenkung der Investitionen in Windkraft. Und TCI mischte sich in den Dieselskandal bei VW ein.

Das liegt nicht etwa daran, dass die Aktivisten plötzlich altruistisch geworden wären, sondern daran, dass ESG-Aktivitäten eine höhere Rendite versprechen. Und: „Wer seinen Fonds auf ESG-Ziele ausrichtet, kann sich von den anderen unterscheiden. Er zieht mehr Anlagekapital auf sich“, sagt Lazard-Banker Thomas. Dadurch ist eine neue Klasse von Spielern entstanden. Dazu zählen Engine No. 1 sowie Inclusive Capital und Impactive Capital – alle drei erfolgreiche ESG-Aktivisten, die erst 2020 in Fahrt gekommen sind, von Branchenveteranen neu gegründet wurden und darauf setzen, dass der Erfolg von Unternehmen eng damit zusammenhängt, ob sie ESG-Ziele­ ernsthaft verfolgen.