Aktivistischer Investor setzt Nestlé unter Druck
Der aktivistische US-Investor Daniel Loeb hat einen Anteil von 1,25 % an Nestlé erworben. Nun fordert Loebs Hedgefonds Third Point vom weltgrößten Lebensmittelkonzern, u.a. den Anteil von 23 % am französischen Kosmetikhersteller L’Oréal zu verkaufen und den Erlös vor allem für Aktienrückkäufe einzusetzen.md Frankfurt – Der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé ist ins Visier des aktivistischen Investors Daniel Loeb geraten. Der vom 55-jährigen US-Amerikaner geführte Hedgefonds Third Point hat rund 3,5 Mrd. Dollar in zirka 40 Millionen Nestlé-Aktien investiert und hält nun einen Anteil von 1,25 % an dem Schweizer Unternehmen, wie aus einem Brief an die Investoren hervorgeht, der der Nachrichtenagentur Bloomberg vorliegt.Aktivistische Investoren wie Loeb oder Paul Singer (Hedgefonds Elliott) sind dafür bekannt, öffentlich Druck auf die Unternehmensführung auszuüben, um sie zu Strategiewechseln, Assetverkäufen oder Ähnlichem zu bewegen. Ziel ist es, mehr Wert für die Aktionäre – also auch für den Finanzinvestor – zu schaffen. Da sie häufig die Unterstützung anderer Anleger gewinnen, können sie trotz einer nur geringen Beteiligung mitunter großen Einfluss auf wichtige Entscheidungen nehmen. 1 Mrd. Euro MehrwertBei Nestlé stößt sich Loeb offenbar vor allem am 23,1-%-Anteil, den die Schweizer am französischen Kosmetikkonzern L’Oréal halten. Der Finanzinvestor fordert, dieses Aktienpaket – das am Freitagabend 24,4 Mrd. Euro wert war – zu verkaufen.Nach Bekanntwerden von Loebs Einstieg bei Nestlé und der Forderung, das L’Oréal-Paket zu versilbern, stieg der Aktienkurs des französischen Blue Chip bis auf das Rekordhoch von 196,95 Euro und schloss 3,9 % fester mit 195,35 Euro. Damit bringt es L’Oréal an der Börse nun auf eine Marktkapitalisierung von fast 110 Mrd. Euro. Der Wert der Nestlé-Beteiligung nahm damit gestern um rund 1 Mrd. Euro zu. Der Verkaufserlös des L’Oréal-Paketes soll nach dem Wunsch von Loeb von Nestlé überwiegend für Aktienrückkäufe verwendet werden. Zudem sollen die Schweizer ihr Portfolio straffen und Zukäufe in “vorteilhaften Bereichen” prüfen, heißt es in dem Brief an die Investoren. Schließlich soll Nestlé sichtbar profitabler werden: Die Rendite soll bis 2020 auf 18 bis 20 % (Ebit-Marge 2016: 15,3 %) gesteigert werden, heißt es in dem Brief an die Investoren.Nicht nur die Papiere von L’Oréal, auch die von Nestlé zogen gestern spürbar an: Der Aktienkurs erreichte mit 86 sfr ein Rekordhoch und schloss 4,3 % fester mit 85,65 sfr. Die Marktkapitalisierung liegt nun bei 266,6 Mrd. sfr (245 Mrd. Euro).Der Einstieg und die Forderungen von Third Point setzen den seit Jahresanfang amtierenden CEO Mark Schneider unter Druck. Der 51-Jährige war viele Jahre Vorstandschef von Fresenius und soll den Umbau von Nestlé vom klassischen Lebensmittelanbieter zum Konzern für Ernährung, Gesundheit und Wellness forcieren. Zudem soll er Nestlé auf mittlere Sicht wieder zu mehr Wachstum verhelfen, nachdem der Konzern zuletzt vier Mal in Folge das selbstgesteckte Ziel eines organischen Wachstums von mindestens 5 % im Jahr verfehlt hatte.Die Forderungen von Loeb wurden von einigen Analysten aufgenommen. Der UBS zufolge gibt es nach einem Verkauf des L’Oréal-Paketes Raum für ein 10 Mrd. sfr schweres Aktienrückkaufprogramm. Zudem stellten die UBS-Experten das gesamte Süßwarengeschäft in Frage. Hier könnten Nestlé durch einen Verkauf bis zu 26 Mrd. sfr zufließen, heißt es, die in eigene Aktien oder ergänzende Zukäufe für die Kerngeschäfte gesteckt werden könnten. Jüngst hatte Nestlé eine strategische Überprüfung des US-Süßwarengeschäftes angekündigt und explizit die Option einer Veräußerung eingeräumt (vgl. BZ vom 17. Juni). Analysten rechnen vorIn Bezug auf die geforderte Steigerung der Ebit-Marge gab es unterschiedliche Meinungen. Die UBS verwies auf ein nicht ausgeschöpftes Kostenoptimierungspotenzial. Allein dadurch sei innerhalb der nächsten drei Jahre eine Steigerung der Marge um 80 Basispunkte möglich. Dagegen käme die Festlegung von Nestlé auf ein aggressives Margenziel von 18 bis 20 % für 2020 für die Zürcher Kantonalbank “sehr überraschend”.Schon seit längerem gilt die deutsche Wurstmarke Herta, die Nestlé 1987 übernommen hatte, als Verkaufskandidat. Nach Schätzung der Bank Vontobel könnte das 1,5 Mrd. sfr in die Kasse bringen. Weiter heißt es, der Ausstieg aus lokalen Süßwaren- und Schokoladenmarken sowie Wassermarken könne zu 10 Mrd. bis 50 Mrd. sfr Erlös führen.Nach Ansicht von Kepler Cheuvreux könnten sich die Desinvestitionen auf 100 Mrd. sfr summieren. Als Akquisitionsziele kämen die französische Danone, die Sparte Medizinische Ernährung von Abbott Laboratories oder das Geschäft mit klinischer Ernährung von Fresenius in Frage.