Alibaba verstimmt die Anleger

Trade-off zwischen Umsatzplus und Margeneinbuße - Neues Beteiligungsarrangement mit Ant Financial

Alibaba verstimmt die Anleger

Der in New York gelistete chinesische Onlinehandelsriese Alibaba glänzt mit zwar mit Umsatzschüben, doch werden sie mit deutlichen Margenrückgängen erkauft. An der Wall Street kommt dies nicht gut an. Auf Skepsis stößt auch die Neusortierung der Beziehungen zur Schwestergesellschaft Ant Financial.Von Norbert Hellmann, SchanghaiFür Onlinehändler und andere internetlastige Technologiefirmen gilt eigentlich stets, dass die Verkündung eines höher als erwartet ausgefallenen Umsatzwachstums an der Börse auf freudige Resonanz trifft. Der chinesische E-Commerce-Riese Alibaba allerdings scheint die Anleger mit der neuesten Ergebnisvorlage für das Dezemberquartal trotz fulminanten Einnahmenwachstums ziemlich verstimmt zu haben. Die an der New York Stock Exchange notierte Aktie büßte in Reaktion auf den jüngsten Quartalsausweis knapp 6 % ein und verzeichnete damit den höchsten Tagesverlust seit Mitte 2016. Erlösprognosen übertroffenBei Alibaba kletterten die Erlöse in den letzten drei Monaten um 56 % auf ein Rekordniveau für eine Quartalsperiode von 83 Mrd. Yuan (10,6 Mrd. Euro), was die Erwartungen der Analysten klar übertroffen hat. Auch die Wachstumsprognose für das volle Geschäftsjahr zum 31. März wird mit einem Umsatzplus von 55 bis 56 % statt zuvor 49 bis 53 % nochmals nach oben korrigiert.Für Unruhe bei den Anlegern sorgen jedoch erste Signale für einen bislang ungewohnten Margendruck beim führenden chinesischen Betreiber von Onlinehandelsplattformen. So ist die operative Marge im Konzern für das Dezemberquartal von 39 auf 31 % geschrumpft. Damit ist auch der den Aktionären zurechenbare Gewinn nach Steuern für die mit einem Plus von 34 % auf 24,1 Mrd. Yuan etwas schmaler als erwartet ausgefallen.Die Ursache für den Margentrend liegt im Kerngeschäft mit den chinesischen Onlinehandelsplattformen Taobao und Tmall, wo die operative Gewinnspanne von 59 auf 48 % zurückgegangen ist. Alibaba hat das Budget für Sales & Marketing im Dezemberquartal um 90 % hochgefahren um das Umsatzwachstum insbesondere im Zusammenhang mit der jährlichen Onlineshopping-Gala am 11. November zu pushen. Cainiao kostet KörnerGleichzeitig schlagen nun erhöhte Kosten auf, weil der Ausbau des von Alibaba kontrollierten umfangreichen Logistiknetzwerks Cainiao durch eine mittlerweile erfolgte Konsolidierung der Gesellschaft im Rechenwerk sichtbar wird. Ein weiterer Faktor ist der von Alibaba mit dem Erwerb von Beteiligungen an chinesischen Einzelhandelsketten forcierte Einstieg in das Online-to-Offline-Geschäft mit der Verknüpfung von E-Commerce zum physischen Einzelhandel. Alibaba-Finanzchefin Maggie Wu scheint geahnt zu haben, dass das Margenthema an der Wall Street für Gegenwind sorgen könnte. Beim Conference Call beteuerte sie, dass niedrigere Margen keineswegs mit niedrigeren Gewinnen gleichgesetzt werden dürften, weil dies Alibaba dies durch überproportionales Umsatzwachstum zu kompensieren wisse. Apfel oder Wassermelone?Wu stellt dazu eine an die Investoren gerichtete Suggestivfrage: “Wenn ihr die Wahl habt zwischen einem Anteil von 60 % an einem Apfel oder von 40 % an einer Wassermelone – wofür würdet ihr Euch entscheiden?” Nun ist die Wassermelone zwar das erklärte Lieblingsobst der Chinesen, den Wall-Street-Anlegern aber scheint die in eine obstlastige Metapher verwandelte Frage nach der Verteilung eines größeren Kuchens nicht das Wasser im Mund zusammenlaufen zu lassen.Für einige Verwirrung bei den Investoren sorgt auch die nun verkündete Neuordnung des Beziehungsgeflechts mit der vom Alibaba-Gründer und Chairman Jack Ma kontrollierten “Schwestergesellschaft” Ant Financial. Zu dieser gehört in erster Linie das hauseigene Zahlungssystem Alipay, über das die Abwicklung von E-Commerce-Transaktionen auf Alibaba-Plattformen läuft. Die in etwa mit dem von Ebay separierten Zahlungsdienst Paypal vergleichbare Alipay ist gleichzeitig Chinas führender Dienst für mobiles Bezahlen mit dem Smartphone im Einzelhandel und anderen Konsumbereichen und Andockstelle für weitere Online-Finanzdienste. Verzicht auf Alipay-BeitragMa hatte die ursprünglich zu Alibaba gehörende Ant Financial vor dem Initial Public Offering (IPO) vom September 2014 in einem kontroversen Deal abtrennen lassen und eine Vereinbarung getroffen, mit der die Alibaba-Aktionäre am Erfolg des Finanzdienstleisters profitieren würde. Seitdem hat Ant Financial 37,5 % ihres Vorsteuergewinns an Alibaba abgeführt. Im vergangenen Geschäftsjahr gingen dabei immerhin rund 300 Mill. Dollar an Alibaba.Nun allerdings zieht Ma die 2014 vereinbarte Option, dass Alibaba künftig auf die Zuwendung verzichtet, dafür aber sich mit 33 % an Ant Financial beteiligt. Die große Frage ist nun, ob das neue Arrangement im Sinne der Alibaba-Aktionäre ist oder eher dazu dient, die zuletzt mit einigen Problemen konfrontierte Ant Financial vorerst finanziell zu entlasten.In gewisser Weise kann der Deal als ein Vorbereitungsschritt für ein voraussichtlich riesenhaftes IPO von Ant Financial angesehen werden, von dem auch Alibaba mit einer Drittelbeteiligung profitieren könnte. Über dem IPO schweben allerdings noch reichlich Fragezeichen. Wu bestätigt lediglich, dass es Börsenpläne für Ant Financial gibt. Das Timing und die Wahl des Börsenplatzes (und damit die Frage New York oder Hongkong) sei noch völlig offen.