RECHT UND KAPITALMARKT - KANZLEIEN IM GESPRÄCH

Allen & Overy schaltet wieder auf Angriff

Kanzlei strebt in Deutschland an die Marktspitze - Fokus auf Legal Tech

Allen & Overy schaltet wieder auf Angriff

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt Allen & Overy ist vor fast 25 Jahren in Deutschland deutlich später als andere Wettbewerber in den Markt gegangen und startete die Aufholjagd ohne Schulterschluss mit einer alteingesessenen Kanzlei. Entsprechend stark wurde auf die Tube gedrückt, das rasante Tempo beim Ausbau des Geschäfts sorgte für Aufsehen. Vor einigen Jahren, als gut 200 Berufsträger an Bord waren, hat die Sozietät einen Gang zurückgeschaltet und die Konsolidierung in den Vordergrund gestellt. Das hat zu einigen Abgängen auch prominenter Partner geführt. Inzwischen stehen die Schalter wieder auf Expansion: “Wir haben die Angriffsphase neu gestartet mit dem Ziel, an die Marktspitze vorzudringen”, sagt Senior Partner Thomas Ubber im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Im Expansionsdrang hat die Kanzlei spezifische Wachstumsfelder definiert, die eine besondere Bedeutung für den deutschen Markt haben. Zum Beispiel Private Equity, wo sich Allen & Overy mit prominenten Zugängen von Freshfields (Nils Koffka) und DLA Piper (Dominik Stühler) nun als ausreichend stark betrachtet. “Verstärkung gesucht wird noch für Leveraged Finance – auch im Kontext von Private Equity”, erläutert Managing-Partnerin Astrid Krüger.Wachsen will die Kanzlei zudem im Steuerrecht. Hier habe man sich über die klassische Steuerstrukturierung hinaus weiterentwickelt und konzentriere sich nun im Wesentlichen auf Risikovermeidungsstrategien, also zum Beispiel Investigations im Bereich Cum-ex/Cum-cum, sowie auf alle Steuerthemen in der Begleitung von Transaktionen. “Beide Steuerbereiche wollen wir weiter ausbauen”, sagt Ubber. Verstärkung werde auch noch in weiteren Bereichen gesucht, zum Beispiel Patent Litigation, wo die Kanzlei global zur Spitzengruppe gehöre, aber in Deutschland noch Wachstumspotenzial sehe. Vom Umsatz her ist die Magic-Circle-Kanzlei hierzulande auf Platz 9. “Wir wollen definitiv auf Partnerebene weiter wachsen”, sagt Ubber. Es gibt aber keine Zielvorgabe, ergänzt Krüger. Wegen der jüngsten Partnerabgänge ist Allen & Overy im Umsatz in Deutschland zuletzt nicht so stark gewachsen. Doch im Umsatz je Berufsträger liege man mit 695 000 Euro im Kreis der Top-10-Kanzleien auf Platz 4, unterstreicht Krüger. Weltweit stehe Allen & Overy so gut da wie noch nie. “Hinter uns liegt global das mit Abstand erfolgreichste Geschäftsjahr”, hebt Ubber hervor. Zu den Treibern des Wachstums gehörten aktuell das Transaktionsgeschäft einschließlich Finanzierungen, vor allem im Bereich Private Equity. Hohe Nachfrage spürt die Kanzlei auch im Bereich Litigation/Investigations. Gefragt ist die Expertise für Immobilientransaktionen – vermehrt als Investitionsklasse für Private Equity. Das Thema Brexit sorgt ebenfalls für Beratungsbedarf. Die Wachstumsstrategie bis 2022 fußt auf vier Bausteinen: Es geht um Innovationen in der Rechtsberatung. Daneben will die Kanzlei den “Glanz” der globalen Marke in Deutschland noch stärker verbreiten. Mit Blick auf die Mandanten ist man bestrebt, intensive langfristige Beziehungen aufzubauen und zu halten, um im Fall des Falles parat zu stehen. “Wir stürzen uns nicht nur auf große Transaktionen, sondern legen Wert auf kontinuierliche Begleitung der Mandanten”, sagt Ubber. Last but not least wird Teamgeist gepflegt. “Wir sind eine echte Partnerschaft, wir mögen uns”, so Krüger. Die Kanzlei betrachtet sich global als Innovationstreiber. Anspruch ist, alle wesentlichen Neuerungen vor allen anderen umzusetzen, um Mandanten einen besseren Service zu bieten, erklärt Ubber. Das Thema Legal Tech wird groß geschrieben. “Wir sind die Einzigen, die einen eigenen Campus in London errichtet haben”, so Krüger. Dort biete man mit “Fuse” Start-ups eine Plattform, um gemeinsam mit Anwälten Produkte zu entwickeln. Jeweils für ein Jahr werden acht Start-ups in einem Auswahlverfahren an Bord geholt. Als erfolgreiches Beispiel für eine Legal-Tech-Anwendung nennt Krüger Margin Matrix, ein digitales Compliance-System für derivative Finanzinstrumente, das es Banken ermöglicht, regulatorischen Aufsichtspflichten, für die zigtausend Daten erfasst werden müssen, schnell und kostengünstig nachzukommen.