Pflegeheimbetreiber

Alloheim steht zum Verkauf

Nach vier Jahren ist es bald wieder so weit. Deutschlands zweitgrößter Pflegeheimbetreiber Alloheim wird vom Eigentümer Nordic Capital für einen milliardenschweren Verkauf ins Schaufenster gestellt. Als Interessenten kommen andere Finanzinvestoren ebenso in Frage wie strategische Konkurrenten.

Alloheim steht zum Verkauf

cru Frankfurt

Deutschlands zweitgrößter Pflegeheimbetreiber, die Alloheim Senioren-Residenzen SE, soll bald einen neuen Eigentümer bekommen. Derzeit gehört das Unternehmen aus Düsseldorf, das 238 stationäre Einrichtungen be­treibt, dem schwedischen Finanzinvestor Nordic Capital, der jetzt den Verkaufsprozess einleitet. Mit der milliardenschweren Transaktion be­auftragt ist die Investmentbank UBS. Das wird von mehreren mit der Sache vertrauten Personen aus Kreisen von Transaktionsberatern und Kanzleien bestätigt. Nordic Capital selbst und UBS geben sich zugeknöpft: „Wir kommentieren grundsätzlich keine Marktgerüchte oder Spekulationen.”

Das schwedische Private-Equity-Haus aus Stockholm, das insgesamt 25 Mrd. Euro verwaltet und in Deutschland unter der Führung von Partner Rainer Lenhard stark im Gesundheitssektor engagiert ist, hatte Alloheim 2017 für 1,1 Mrd. Euro vom Konkurrenten Carlyle übernommen, der es wiederum zuvor 2013 von Star Capital erworben hatte. Finanzinvestoren werden beispielsweise angelockt von den gut im Voraus berechenbaren Erträgen aus pauschalen Zahlungen für die Pflege.

Alloheim ist in der Zwischenzeit auch durch Zukäufe gewachsen. Das Unternehmen betreibt inzwischen bundesweit 238 stationäre Pflegeeinrichtungen mit rund 22900 Pflegeplätzen. Hinzu kommen 87 Einrichtungen mit betreutem Wohnen sowie 25 ambulante Pflegedienste. Insgesamt beschäftigt Alloheim rund 22000 Mitarbeiter und bildet etwa 1500 Auszubildende aus. Der Marktanteil liegt bei 2,4%, wie aus der Branchenliste des Analysehauses Pflegemarkt.com hervorgeht. Der Umsatz dürfte bei rund 1 Mrd. Euro liegen und der operative Gewinn (Ebitda) bei rund 100 Mill. Euro, wie Branchenexperten schätzen. Alloheim selbst gibt dazu nichts bekannt. Erhofft wird laut Insidern ein Verkaufswert von bis zu fast 2 Mrd. Euro inklusive Schulden. Ein Gewinnvielfaches von 13 oder 14 gilt als normal bei Pflegeheim-Deals.

Als Käufer kommen entweder andere Finanzinvestoren wie das Private-Equity-Haus Advent in Frage, dem bereits die stärker in der ambulanten Pflege tätige Deutsche Fachpflege Gruppe gehört. Aber auch ein Unternehmen wie der französische Pflegeheimbetreiber Korian Gruppe, laut Branchenliste von Pflegemarkt.com der Marktführer in Deutschland, wird als möglicher Interessent genannt.

Klein und dann größer

„Finanzinvestoren kaufen gewöhnlich kleinere Plattformen, um sie dann selbst zu vergrößern und zu optimieren. Alloheim dagegen ist schon sehr groß. Deshalb dürfte der Kreis der Bieter, die in Frage kommen, eher klein sein“, sagt Henning Schneider von der Kanzlei Latham  Watkins, die 2017 beim Verkauf von Alloheim an Nordic Capital beraten hatte.

Alloheim hatte gerade erst im Mai einen Führungswechsel verzeichnet: Chima Abuba, der bisherige Deutschlandchef der Hartmann AG, folgte als Co-CEO neben Thomas Kupczik auf Rainer Hohmann, der nach 13 Jahren an der Unternehmensspitze in den planmäßigen Ruhestand ging. Beide Manager gelten als erfahren und kompetent in der Branche.

Das Vorgehen der Finanzinvestoren bei Pflegeheimen ähnelt sich stets: Es wird eine ausreichend große Zahl von Heimen unter einem Dach versammelt, damit durch zentralen Einkauf und zentrale Verwaltung die Durchschnittskosten je Pflegeheim sinken. Bewohner und Angehörige berichten darüber hinaus jedoch häufig über chronische Pflegepersonalknappheit und Mitarbeiter, die stets gehetzt und überfordert für oft nur 1500 Euro netto im Monat im Schichtdienst arbeiten. Anfang 2018 berichteten „Stuttgarter Zeitung“ und ZDF Frontal21 über Missstände in Altenheimen der Alloheim-Kette. Angesichts Zehntausender fehlender Fachkräfte müsse eine neue Bundesregierung sich für deutliche Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen und der Bezahlung einsetzen, sagte Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow in Weimar.

In dem noch kleinteiligen Markt kaufen neben strategischen Interessenten auch Finanzinvestoren in so großem Stil Krankenhäuser, Pflegeheime und Versorgungszentren auf, dass der Bundestag aufmerksam geworden ist. Der Gesundheitsausschuss beargwöhnt den wachsenden Einfluss und drängt zu Transparenz. Die Grünen teilen mit der Linken das Grundanliegen, mehr über Eigentümerstrukturen zu erfahren. Es gehe darum, wie Transparenz darüber hergestellt werden könne, „wer Gesundheitseinrichtungen in Deutschland besitzt/beeinflusst und letztlich Rendite daraus abschöpft”. Sieben der zehn größten Pflegeheimbetreiber haben private Eigentümer.

2020 hatte die US-Infrastrukturbeteiligungsgesellschaft I Squared Capital aus Miami erstmals in deutsche Altenpflegeheime investiert. Der Finanzinvestor erwarb ein Portfolio aus 20 Altenheimen mit mehr als 2000 Betten in Südwestdeutschland vom Seniorenheimbetreiber Römergarten mit Sitz in Schifferstadt. Auch 2021 ging es weiter: Im Juni erwarb der Finanzinvestor Armira, beraten von der Investmentboutique Alantra, die Pflegebutler Häusliche Pflege mit Stil GmbH und die Pflegebutler Nord GmbH.

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