Zugkonzern

Alstom spaltet die Gemüter

Wertminderungen für eine russische Beteiligung haben Alstom tiefer in die roten Zahlen fahren lassen. Wegen der Übernahme der Zugsparte von Bombardier flossen erneut Mittel ab.

Alstom spaltet die Gemüter

wü Paris

Der französische Zughersteller Alstom hat am Mittwoch mit seiner Bilanz für das versetzte Geschäftsjahr 2021/22 bei Anlegern für eine Achterbahnfahrt der Gefühle gesorgt. Erst legte die Aktie des Konzerns an der Börse von Paris mit einem Plus von 9 % kräftig zu, dann brach ihr Kurs zeitweise um bis zu 11 % ein. Am Ende schloss sie mit einem Minus von 5,2 % mit 21,85 Euro, während der französische Leitindex CAC 40 um 2,3 % zulegte.

Investoren hätten zunächst positiv auf die gute Entwicklung des freien Barmittelzuflusses im zweiten Halbjahr reagiert, erklären die Analysten von Oddo BHF. Denn er sei mit 469 Mill. Euro deutlich besser als die Konsensschätzung von 215 Mill. Euro ausgefallen. Doch während der Telefonkonferenz drehte sich die Stimmung, da die Konzernleitung offenbar nicht erklären wollte, wie es zu der Verbesserung gekommen ist.

Zugleich hat Alstom keine klare Prognose für den freien Barmittelzufluss für das laufende Geschäftsjahr gegeben. Die Meinungen über die mittelfristigen Aussichten Alstoms seien gespalten, vor allem was die Fähigkeit, einen Cashflow zu generieren und die finanzielle Struktur zu stärken, angehe, meint Analyst William Mackie von Kepler Cheuvreux. Zumal die Kosten der Integration der Zugsparte von Bombardier im gesamten Geschäftsjahr 2021/22 dafür gesorgt haben, dass Bargeldmittel abgeflossen sind.

Nach Angaben des Herstellers von TGV-Hochgeschwindigkeitszügen ist die Integration von Bombardier auf gutem Wege. Die Synergien, die sich im vergangenen Jahr auf 102 Mill. Euro beliefen, dürften in drei Jahren 400 Mill. Euro jährlich erreichen, 2026 dann 475 bis 500 Mill. Euro. Fast alle der Rechtsstreitigkeiten seien geregelt, so dass die Risiken inzwischen sehr viel beschränkter als vorher seien, erklärte Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge. Alstom hatte im vorangegangenen Geschäftsjahr 2020/21 insgesamt 1,08 Mrd. Euro für belastende Projekte der Bombardier-Sparte zurückgestellt.

Diesmal musste der Zugkonzern Wertminderungen über 441 Mill. Euro für eine Beteiligung von 20 % vornehmen, die er an seinem russischen Wettbewerber Transmashholding hält. Deshalb fiel unter dem Strich ein Verlust von 581 Mill. Euro an. Laut Informationen des Wirtschaftsradiosenders BFM Business verhandelt Alstom nun mit russischen Oligarchen über den Verkauf der Beteiligung. Alstom hatte Anfang März erklärt, Investitionen und Lieferungen an Russland stoppen zu wollen.

Kein Ende des Aufschwungs

Man werde je nach Entwicklung der Lage opportunistisch handeln, erklärte Poupart-Lafarge nun. Er äußerte sich zuversichtlich zur Entwicklung der Auftragslage, da seinen Angaben zufolge viele Konjunkturprogramme Elemente enthielten, die die Zugbranche begünstigen. Deshalb sei weltweit kein Anzeichen einer Abschwächung der Investitionen in Bahnen zu beobachten, erklärte er.

Alstom
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro2021/222020/21
Umsatz15 4718 785
Auftragseingang19 2629 100
Backlog81 01374 537
Bereinigtes Ebit767645
Nettoergebnis−581247
Free Cashflow−992−703
Börsen-Zeitung