Amazon greift Lebensmittelhandel an
Der US-Internetkonzern Amazon, der 1994 als Online-Buchhändler gestartet war, macht jetzt auch im Wettbewerb mit dem Lebensmittelhandel Ernst. Für rund 14 Mrd. Dollar übernimmt Amazon die Bio-Supermarktkette Whole Foods und setzt Konkurrenten wie Wal-Mart und Aldi in den USA unter Druck.sp New York – Der Internetkonzern Amazon greift den Lebensmittelhandel frontal an. Zehn Jahre nach dem Start eines eigenen Lieferdienstes für frische Produkte hat der Online-Händler für 13,7 Mrd. Dollar die US-Supermarktkette Whole Foods übernommen. Es ist der größte Zukauf in der Firmengeschichte und die größte Akquisition eines Technologieunternehmens in dem Sektor. Kommt der Deal zustande, wäre es die drittgrößte Übernahme einer Supermarktkette und 2017 der bisher viertgrößte Deal in den USA.Amazon bietet mit 42 Dollar je Aktie inklusive Schulden eine Prämie von gut einem Viertel auf den Schlusskurs vom Donnerstag, obwohl auch Whole Foods zuletzt unter dem Druck auf Lebensmittelpreise gelitten hat (siehe Grafik). In den zurückliegenden sechs Quartalen hat der Konzern auf vergleichbarer Fläche jeweils schrumpfende Umsätze verzeichnet, nachdem es zuvor fast sechs Jahre lang in jedem Quartal nach oben ging. Die Aktie legte am Freitag um etwas mehr als 27 % zu, während der Konkurrenz an der Lebensmitteltheke der Schreck in die Glieder fuhr. Der größte US-Einzelhändler Wal-Mart, der sich schon bisher in fast allen Produktkategorien mit Amazon messen muss und künftig auch im Lebensmittelhandel noch stärkere Konkurrenz erwarten darf, rutschte um gut 7 % ab. Die größte US-Lebensmittelhandelskette Kroger brach um ein Zehntel ein. Bereits am Donnerstag hatte die Aktie nach einer Gewinnwarnung bis zu 19 % abgegeben und die ganze Branche unter Druck gebracht. Für Whole Foods war es am Donnerstag fast 7 % nach unten gegangen. Wal-Mart hatten 3 % schwächer notiert. Aldi und Lidl, die in den USA expandieren, dürften den Deal ebenfalls interessiert zur Kenntnis nehmen. Jana Partners steigt ausDas Interesse von Amazon an Whole Foods ist nicht neu. Bereits im Herbst soll der Konzern eine Übernahme der Bio-Supermärkte geprüft haben, wie US-Medien unter Berufung auf Insider berichteten. Als dann im April die Beteiligungsgesellschaft Jana Partners mit 8 % einstieg und Firmengründer John Mackey drängte, einen Käufer für die Kette zu finden, nahm das Projekt auch bei Amazon wieder Fahrt auf.Whole Foods betreibt 460 Supermärkte in den USA, Kanada und Großbritannien, die zuletzt rund 16 Mrd. Dollar Umsatz machten. Das Konzept setzt ähnlich wie Alnatura in Deutschland auf eine zahlungskräftige Kundschaft. Für CEO John Mackey, der Jana Partners zuletzt als “gierige Bastarde” beschimpfte, ist der Verkauf an Amazon ein Befreiungsschlag. Er soll Whole Foods auch unter dem neuen Eigentümer führen, nachdem die Private-Equity-Gesellschaft drohte, den Gründer aus der Firma zu treiben.Das Interesse von Amazon am Geschäft mit Lebensmitteln geht mindestens zehn Jahre zurück. 2007 startete der Konzern mit dem Lieferdienst Amazon Fresh den ersten Versuch, die Erlöse zu erhöhen. Erst vor kurzem hat Amazon begonnen, mit eigenen Ladenkonzepten zu experimentieren (vgl. BZ vom 7.12.2016).Bisher hat das Geschäft die Erwartungen nicht erfüllt. Der Umsatz mit Lebensmitteln im US-Online-Handel hat sich nach Angaben des Marktforschers Kantor Retail seit 2009 zwar insgesamt verdreifacht. Mit einem Volumen von 9 Mrd. Dollar lag der Anteil zuletzt aber gerade einmal bei 1 %. Bis 2021 könnte der Online-Handel in dieser Kategorie laut Kantor auf 5,4 % zulegen und dann 59 Mrd. Dollar umsetzen. Hinter dieser Prognose steckt nicht nur das Engagement von Online-Adressen wie Amazon, die ihr Angebot offline erweitern, sondern auch die Anstrengungen von Einzelhandelsketten wie Wal-Mart und Target, die ihr Online-Angebot ausweiten.