ArcelorMittal kauft Stahlwerk Ilva
Europas größtes Stahlwerk Ilva in Italien wird vom weltweit größten Stahlkonzern ArcelorMittal übernommen. Damit kommt die lange erwartete Branchenkonsolidierung langsam in Schwung. Der nächste Schritt wäre die Fusion der Stahlsparte von Thyssenkrupp mit Tata Steel.cru Düsseldorf – Das marode staatliche Stahlwerk Ilva in Tarent bekommt einen neuen Eigentümer. ArcelorMittal festigt mit der Übernahme die Stellung als größter Stahlhersteller weltweit und in Europa. Der transnationale Konzern mit Sitz in Luxemburg und die Industriegruppe Marcegaglia haben die Ausschreibung für Europas größtes Stahlwerk gewonnen.Das Angebot habe knapp unter 2 Mrd. Euro gelegen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine mit der Sache vertraute Person. Die Unternehmen lehnten eine Stellungnahme ab, solange das Geschäft nicht offiziell vom italienischen Industrieministerium abgesegnet worden sei. ArcelorMittal und das italienische Familienunternehmen Marcegaglia, das Stahl verarbeitet, setzten sich gegen eine Gruppe um den indischen Stahlkonzern JSW Steel durch.Der italienische Staat hatte 2015 – nach einem Umweltskandal und der folgenden Insolvenz – die Kontrolle über das angeschlagene Werk in der Nähe des Hafens von Tarent übernommen, um in der strukturschwachen Region die Arbeitsplätze zu erhalten und die starke Umweltverschmutzung im Umfeld des Werkes in den Griff zu bekommen.Im März 2017 war die Frist für verbindliche Kaufofferten abgelaufen. Damals wurde der Wert des Stahlwerks nur auf rund 1 Mrd. Euro geschätzt. ArcelorMittal hatte im März mitgeteilt, man beabsichtige über die nicht bezifferte Kaufofferte hinaus, weitere 2,3 Mrd. Euro in das Stahlwerk Ilva zu investieren. Delfin-Holding abgehaktDas andere Konsortium, das nicht zum Zuge gekommen ist, hat drei Teilnehmer: Die Holding des Luxottica-Eigentümers Leonardo Del Vecchio namens Delfin hat sich zusammengetan mit dem italienischen Staatsfonds Cassa Depositi e Prestiti. Zusätzlich angeschlossen hat sich dieser Allianz der indische Stahlkonzern JSW Steel, der dem Milliardär Sajjan Jindal gehört. Interesse hatten auch ein Konsortium um den italienischen Stahlhersteller Arvedi sowie der türkische Stahlhersteller Erdemir angedeutet.Das derzeit als marode geltende Stahlwerk Ilva hat nach Überzeugung der Bieter das Zeug dazu, nach einer Restrukturierung zu einem der Standorte mit den geringsten Kosten in Europa zu werden. Italiens Regierung hatte das Werk 2015 übernommen, nachdem ein Gericht geurteilt hatte, es stoße zu viele Giftstoffe aus. Seitdem hat sich das Unternehmen finanziell erholt: Der Umsatz ist 2016 um 5 % auf 2,2 Mrd. Euro gestiegen, während sich der operative Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen um mehr als die Hälfte auf 220 Mill. Euro verringerte.Ilva beschäftigt rund 14 000 Mitarbeiter in der strukturschwachen Provinz Tarent in Apulien. Während ArcelorMittal die Produktion am Standort Taranto um ein Drittel auf jährlich 8 Mill. Tonnen steigern will, strebte das Konsortium um den indischen Stahlunternehmer Jindal sogar eine Verdoppelung auf 12 Mill. Tonnen an – und damit die volle Auslastung der Kapazitäten. Rund 2 Mrd. Euro Subventionen hatte die italienische Regierung bereits lockergemacht. Die Konkurrenz läuft gegen die Hilfen Sturm, eine EU-Prüfung der Subventionen läuft. Optimistische PläneDie optimistischen Pläne für die Produktionsausweitung bei Ilva sind umso überraschender, als Europas Stahlbranche ständig über Überkapazitäten, billige Importe aus China sowie eine überbordende Klimaschutzregulierung aus Brüssel klagt. Tatsächlich haben jedoch in jüngster Zeit die zahlreichen Strafzölle der EU auf billige Stahlimporte aus Fernost zu einem starken Anstieg der Preise geführt.