Atlantia prüft Klage gegen Madrid
Im milliardenschweren Bieterkampf um Spaniens Autobahnbetreiber Abertis will sich die italienische Atlantia-Gruppe trotz der Blockadehaltung der Regierung in Madrid nicht geschlagen geben. Die Italiener erwägen nach Angaben aus Atlantia-Kreisen rechtliche Schritte.Von Christoph Ruhkamp, DüsseldorfAtlantia erwägt rechtliche Schritte, um im Rennen um den Abertis-Konzern zu bleiben, für den auch Hochtief im Oktober eine 17 Mrd. Euro schwere Offerte bei der spanischen Börsenaufsicht CNMV zur Prüfung bis Januar eingereicht hat. Zwei spanische Ministerien wollen Atlantia zwingen, eine Regierungserlaubnis für die Übernahme von Abertis einzuholen, weil der Deal auch den Satellitenbetreiber Hispasat betreffe.Das bringt die Madrider Börsenaufsicht CNMV, die die Offerte der Italiener bereits im Oktober genehmigt hatte, in eine Zwickmühle: Widersetzt sich CNMV-Chef Sebastian Albella der Regierungsanweisung zur Rücknahme der Genehmigung, droht seiner Behörde ein Verwaltungsgerichtsprozess. Folgt er der Anweisung, riskiert er den guten Ruf der CNMV (Comisión Nacional del Mercado de Valores) als unabhängige Behörde. Zur Erinnerung: 2007 war der damalige CNMV-Chef Manuel Conthe im Streit mit der Regierung zurückgetreten – wegen deren Blockade der Übernahme des spanischen Energiekonzerns Endesa durch den deutschen Rivalen Eon.Wenn man aus der Vergangenheit lernen kann, dann müssten der italienische Mautstraßenkonzern Atlantia und der deutsche Baukonzern Hochtief auch abseits der Regierungsblockade gegen die Italiener Angst bekommen, dass sie sich mit ihrem rund 20 Mrd. Euro schweren Bieterkampf um Spaniens Autobahnbetreiber Abertis ins Abseits manövrieren. Denn die Übernahmeschlacht hat ein mahnendes Vorbild. Im Jahr 2006 stritten sich die spanische Bau- und Ingenieursgruppe Isolux Corsán und der Bau- und Immobilienkonzern Sacyr Vallehermoso um den damals zunächst nur 850 Mill. Euro teuren Autobahnbetreiber Europistas. Das Ringen wurde mit einer juristischen spanischen Besonderheit entschieden: Am Ende des Bieterrennens wurden zwei Offerten der beiden erbitterten Kontrahenten in versiegelten Umschlägen bei der spanischen Finanzaufsicht eingereicht. Verschlossene UmschlägeIn den letzten fünf Tagen der 30-tägigen Annahmefrist konnten die Bieter damit ihre letzten und besten Gebote auf den Tisch legen. Sacyr übertrumpfte damals die Isolux-Offerte um 20 %. Doch schon 2008 musste der hochverschuldete Sacyr-Konzern seinen inzwischen in Itínere umbenannten Autobahnbetreiber nach längeren Verhandlungen an den von der US-Bank Citigroup mitkontrollierten Infrastrukturfonds Citi Infrastructure verkaufen, um so den Konkurs abzuwenden und den Schuldenberg von 20 Mrd. Euro zu reduzieren. Spieltheoretiker, die sich mit Auktionen befassen, nennen dieses Phänomen “The winner’s curse”: Wer sich am Ende mit dem höchsten Gebot durchsetzt, hat meist schon zu viel bezahlt.So könnte es auch Atlantia oder Hochtief ergehen, wenn sie sich im Bietergefecht um Abertis übernehmen. Schließlich geht es um ein Deal-Volumen inklusive Schulden von rund 35 Mrd. Euro – die größte im Jahr 2017 angekündigte Übernahme in Europa und zugleich die zweitgrößte deutsche Auslandsübernahme aller Zeiten. Bis Januar prüft noch die spanische Börsenaufsicht CNMV die Offerte von Hochtief über rund 17 Mrd. Euro (ohne die eigenen Aktien von Abertis gerechnet).Dann beginnt die Annahmefrist von 30 Tagen, innerhalb derer Atlantia wie bereits avisiert ihre schon vorliegende Offerte von rund 16 Mrd. Euro um zunächst 2 Mrd. Euro erhöhen dürfte. Am Ende kommen dann voraussichtlich die versiegelten Umschläge ins Spiel.Zuletzt haben sich die Chancen von Hochtief, am Ende mehr zu bieten als der Konkurrent Atlantia, etwas verringert, obwohl die Deutschen derzeit das höhere Gebot machen. Grund ist der seit einiger Zeit fallende Aktienkurs des Essener Baukonzerns. Denn die Hochtief-Aktie soll als Akquisitionswährung gut 20 % des Gesamtwerts der Offerte abdecken. Der Wert der Aktie wurde dabei mit einem Betrag von 146,42 Euro angesetzt. Doch an der Börse liegt der Hochtief-Kurs derzeit bei etwa 144 Euro – was die Aktie als Tauschwährung für die Abertis-Aktionäre unattraktiv erscheinen lassen dürfte.Damit steht die Investmentbank J.P. Morgan, die Hochtief und den spanischen Mutterkonzern ACS federführend berät, vor einem Problem: Die geplante Kapitalerhöhung bei Hochtief mit neuen Aktien zum Festpreis von 146,42 Euro soll eigentlich einen Teilbetrag von 3,6 Mrd. Euro zu der Offerte beitragen. Dieser Teilbetrag steht nun in Frage. Deutsche liegen vornAm 18. Oktober hatte Hochtief das Übernahmeangebot für Abertis in Höhe von 18,6 Mrd. Euro Eigenkapitalwert bekannt gegeben und damit das zuvor von Atlantia abgegebene Übernahmeangebot von 16,3 Mrd. Euro überboten. Das Angebot von Hochtief beinhaltet eine Bargeld- und eine Aktienkomponente. Für bis zu 80,5 % der ausstehenden 990,4 Millionen Abertis-Aktien inklusive der Abertis-eigenen Aktien bietet Hochtief eine Barabfindung von 18,76 Euro pro Aktie an. Für einen Anteil von 19,5 % der Abertis-Aktien bietet Hochtief den Tausch in 24,8 Millionen neu auszugebende Hochtief-Aktien im Verhältnis 1 zu 0,1281 an – eine Kapitalerhöhung von 39 %.