Attacke auf Eon/Innogy-Fusion

Rivalen fordern Verkauf von Strom-Discounter Eprimo - Brüsseler Kartellwächter prüfen bis 20. September

Attacke auf Eon/Innogy-Fusion

Die Fusion von Eon und Innogy bekommt Gegenwind von den kleineren Konkurrenten. Mehrere Stadtwerke und Regionalversorger haben die Kartellwächter in Brüssel aufgefordert, den Deal am 20. September zu untersagen. Zumindest müssten die Wettbewerbshüter Eon strenge Auflagen machen.cru Frankfurt – Kurz vor der geplanten 22 Mrd. Euro schweren Übernahme von Innogy durch den Rivalen Eon fordern in einer konzertierten Aktion zehn kleinere Konkurrenten die Kartellwächter in Brüssel auf, die Fusion der beiden Energiekonzerne zu untersagen. “Die Übernahme der Innogy durch Eon führt dazu, dass die Erfolge der Liberalisierung der Energiemärkte in Deutschland ad absurdum geführt werden”, hießt es in dem gemeinsamen Papier, das unter anderem von den Versorgern Mainova, Leipziger Stadtwerke, der hessischen Entega und der Aachener Stawag unterzeichnet ist.Deren Interessen werden von der Energieanwältin Ines Zenke der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) gebündelt. Eon müsse “als Kompensation” (für die Fusion) unter anderem die bundesweit agierenden Discountgesellschaften verkaufen, fordern die Konkurrenten – also Eprimo und E-wie-einfach. Beteiligungen im VisierDie Veräußerung von Discountermarken würde nach Einschätzung der Konkurrenten aber nicht ausreichen. Ein noch größeres Problem als der Erwerb von Eprimo seien die hinzukommenden Regionalgesellschaften und Stadtwerkebeteiligungen von Innogy wie Süwag, VSE, Lechwerke, Enviam/Mitgas, EWR, Pfalzwerke, EWV oder Maingau. Hier dürfe man sich nicht täuschen lassen: Trotz der Kommunalbeteiligungen beherrschten Eon und Innogy die Ausrichtung dieser Gesellschaften.Bei den Strom- und Gasnetzen dürfe Eon auf keiner Ebene mehr als ein Drittel des jeweiligen Gesamtmarktes erreichen.Am 20. September läuft die vorläufige Frist der EU-Kommission zur Prüfung der Aufteilung von Innogy ab. Dann entscheiden die Kartellwächter in Brüssel, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen sie den letzten Teil des geplanten Deals genehmigt. Für die Energiewirtschaft gilt dies als eine Entscheidung von enormer Tragweite. Bisher hatte Eon als Zugeständnis in Deutschland nur angeboten, einige Hunderttausend Kunden und einige Dutzend Elektroautoladesäulen an Wettbewerber abzugeben. “Wettbewerb beschränkt””Der freie und faire Wettbewerb wäre ebenso beschränkt wie die Wahlfreiheit und der Schutz der Verbraucher”, warnen die Konkurrenten. Der Markt würde wieder deutlich intransparenter. Auch und gerade in Zusammenschau mit der Konzentration der Erzeugung in der Hand der RWE sei die wachsende Marktmacht im Bereich der Netze, des Energievertriebs, des Messwesens und der innovativen Lösungen in den Händen von Eon “nicht freigabefähig”. Dies gelte umso mehr, als beide Konzerne künftig miteinander und weiterhin in erheblichem Maße mit der deutschen kommunalen Energiewirtschaft verflochten seien.Fällt jedoch die Entscheidung der Kartellwächter positiv aus, würde dies den gesamten Sektor grundlegend verändern. “Dann wäre wettbewerbsrechtlich der Weg frei für die beiden größten deutschen Energieversorger, die Wertschöpfungsstufen des Marktes neu zu ordnen und ihr Geschäft jeweils zu bündeln”, kommentiert Anwältin Zenke von BBH. Die Regionalversorger und Stadtwerke befürchten, dass Eon nach der Innogy-Übernahme “Kampfpreise anbieten, kleinere Konkurrenten verdrängen und so den Markt verschließen” könnte.Das Fusionskontrollverfahren Eon/RWE läuft offiziell seit dem 21. Januar und in drei Teilen: Den ersten Teil gab die EU-Kommission am 26. Februar frei. Damit darf RWE die Erzeugungskapazitäten der Eon übernehmen und so zum zentralen Anbieter sowohl konventioneller als auch erneuerbarer Erzeugungskapazitäten in Deutschland werden. Grünes Licht aus BonnAm selben Tag gab das Bundeskartellamt bekannt, dass es die Übernahme der 16,7-Prozent-Beteiligung an Eon durch RWE für unbedenklich hält. Im dritten Teil des Verfahrens geht es nun um die Frage, ob es mit dem gemeinsamen Markt vereinbar ist, wenn Eon Netze und Vertrieb der Innogy zentral an sich nimmt.Gegen die fusionsrechtliche Freigabe der Übernahme sprechen aus Sicht der Wettbewerber für alle drei Marktsegmente – Vertrieb, Netz und digitale Dienste – “signifikante Gründe”: Eon werde der größte Anbieter von Energie für Endkunden. Im europäischen Kernmarkt werde Eon auf einen Schlag von 31 Millionen auf 50 Millionen Kunden wachsen. In Deutschland allein kämen zu den mehr als 6 Millionen Eon-Kunden ca. 7,8 Millionen Kunden – rund 6,5 Millionen Strom- und 1,3 Millionen Gaskunden – der Innogy und ihrer Töchter unmittelbar dazu. Größter NetzbetreiberEon werde mit Abstand der größte Netzbetreiber mit Stromnetzen und Gasnetzen, die dann 50 % bzw. 20 % der deutschen Verbraucher versorgen. Und Eon werde mehr energiebezogene Daten als jeder andere haben. Der Konzern werde zum beherrschenden “Manager der dezentralen Erzeugung”: Rund 70 % der installierten Leistung Erneuerbarer würden in die Netze der neuen Eon eingespeist.”Wettbewerbliche Zweifel sind dabei durchaus angebracht”, meint BBH-Anwältin Zenke. Die Spitzenposition von Eon im Vertrieb würde sich auch auf Messstellenbetrieb, Ladeinfrastruktur und Energiedienstleistungen zentralisierend auswirken. Durch den Zugriff auf eine riesige Datenmenge verbesserten sich schließlich die Voraussetzungen gegenüber anderen Vertretern der Branche, innovative Geschäftsfelder zu entwickeln.