Iveco wird zerschlagen
Iveco steht unmittelbar vor Verkauf
Tata am Zug – Rüstungssparte geht an Leonardo
Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand
Der italienische Rüstungskonzern Leonardo übernimmt für 1,7 Mrd. Euro die Rüstungssparte. Mitbewerber wie der tschechische Rüstungskonzern CSG und der deutsch-französische Panzerbauer KNDS boten zwar bis zu 2 Mrd. Euro. Doch Italiens Regierung, die die Transaktion über eine Golden-Power-Regelung verhindern könnte, wollte, dass die Iveco-Rüstungssparte italienisch bleibt. In einem zweiten Schritt verhandelt Leonardo über die Abgabe der Iveco-Defence-Sparte an den deutschen Joint-Venture-Partner Rheinmetall.
Der Verkauf ist Teil einer größeren Transaktion, in deren Verlauf der indische Jaguar-Eigner Tata Motors für angeblich 4,5 Mrd. Dollar das verbleibende Nutzfahrzeuggeschäft übernimmt. Offenbar wollen die Inder zunächst die 27% übernehmen, die die Beteiligungsholding Exor der Familie Agnelli hält, und dann den restlichen Aktionären ein Übernahmeangebot machen. Iveco hatte am Dienstag fortgeschrittene Verhandlungen bestätigt.
Goldgräberstimmung
Leonardo will durch die Übernahme der Iveco-Rüstungssparte (Militärlastwagen, gepanzerte Fahrzeuge), die 2024 bei einem Umsatz von 1,3 Mrd. Euro auf einen Betriebsgewinn (Ebit) von 108 Mill. Euro kam, die Kapazitäten ausbauen und die wachsende Nachfrage nach gepanzerten Fahrzeugen noch besser bedienen. Zu diesem Zweck haben Leonardo und Rheinmetall auch ein Joint Venture zum gemeinsamen Bau von Panzern gebildet. Angesichts der massiven Aufstockung der Rüstungsbudgets in Deutschland und Europa herrscht Goldgräberstimmung in der Branche. Noch vor einem Jahr war für Iveco Defence ein Preis von etwa 750 Mill. Euro aufgerufen worden.
Rheinmetall, Fincantieri und Leonardo erleben an der Börse eine Kursexplosion. Auch die Aktie von Iveco legte wegen der Rüstungssparte binnen eines Jahres um 114% zu. Die goldenen Perspektiven veranlassen auch Unternehmen wie Heidelberger Druck, Deutz und den Chemiekonzern AlzChem in die Rüstungsbranche einzusteigen.
Börsenboom
Auch der zu knapp 30% staatliche italienische Rüstungskonzern Leonardo ist ein Nutznießer der Entwicklung. Die Notierung stieg in den vergangenen zwölf Monaten um 114%. An der Börse ist das Unternehmen 27,5 Mrd. Euro wert. Im ersten Halbjahr wuchs der Auftragseingang um fast 10% auf 11,2 Mrd. Euro. Der Auftragsbestand nahm um 3,9% auf 45 Mrd. Euro zu. Während der Umsatz um 12,9% auf 8,9 Mrd. Euro stieg, erhöhte sich der Nettogewinn – bereinigt um Sonderfaktoren – um 44% auf 273 Mill. Euro.
Leonardo bestätigte die Jahresprognose, hob aber die Ziele für 2029 an. Probleme bereitet nur die Flugzeugsparte, insbesondere Aerostructures und der Regionalflugzeugbauer ATR. Beide weisen Verluste aus. Angesichts der wachsenden Rüstungsbudgets erwartet Leonardo bis 2029 gegenüber der bisherigen Prognose von 24 Mrd. Euro einen um 4 bis 6 Mrd. Euro höheren Umsatz. Dafür braucht Leonardo zusätzliche Kapazitäten.
Leonardo hat zuletzt mehrere Übernahmen getätigt, aber die Unterwasserrüstungssparte Underwater Armamenti Systems (UAS) für bis zu 415 Mill. Euro an Fincantieri verkauft. Der Schiffsbaukonzern, der neben Kreuzfahrtschiffen auch Fregatten und U-Boote (auch mit ThyssenKrupp Marine Systems) baut, steigerte den Umsatz im ersten Halbjahr um 24% auf 4,6 Mrd. Euro und wies einen Gewinn von 35 Mill. Euro aus. Der Auftragsbestand wuchs auf fast 58 Mrd. Euro.
Internationale Kooperationen
Leonardo-CEO Roberto Cingolani setzt auf internationale Kooperationen: Neben der Panzerallianz mit Rheinmetall gibt es ein Joint Venture mit der türkischen Baykar zum Bau von Drohnen. Zudem ist Leonardo Teil eines Konsortiums mit BAE Systems und der japanischen JAIE zur Entwicklung des Kampfflugzeugsystems Edgewing, das in Konkurrenz zum deutsch-französisch-spanischen Future Combat Air System (FCAS) steht.