Autozulieferer schielen nach Bahrain
Autozulieferer schielen nach Bahrain
Autozulieferer schielen nach Bahrain
Golfstaat in „sehr frühen Gesprächen“ – Unternehmen können für fünf Jahre 20 Prozent der Lohnkosten subventionieren lassen
Von Heidi Rohde, Frankfurt
Der Golfstaat Bahrain will seine Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland vertiefen und wirbt verstärkt um die Ansiedlung industrieller Produktion in dem arabischen Land. „Logistik und Fertigung gehören definitiv zu unseren fünf strategischen Entwicklungsfeldern, ebenso wie Tourismus und Technologie und natürlich Financial Services, wo wir seit 100 Jahren aktiv sind“, erklärt Noor bint Ali Al Khulaif, Ministerin für Nachhaltige Entwicklung und CEO des Bahrain Economic Development Board, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Regierungsvertreter seien bereits in „sehr frühen Gesprächen“ mit der gebeutelten deutschen Autoindustrie gewesen, nicht mit den Herstellern, sondern „mit den Zulieferern“, so die Ministerin. Die Zulieferbranche leidet hierzulande massiv unter den Folgen der ruckeligen Transformation zur E-Mobilität. Über vielen kleinen Unternehmen kreist der Pleitegeier, aber auch Branchenriesen wie Bosch oder mehr noch die hochverschuldete ZF bauen Stellen ab oder prüfen Produktionsverlagerungen an kostengünstigere Standorte im Ausland.
Bahrain ist aufgrund seiner geografischen Lage seit 50 Jahren ein Hauptumschlagzentrum für den DHL-Konzern und wirbt für Industrieansiedlungen mit Kostenvorteilen, die der Beratungsgesellschaft EY zufolge selbst in der Golfregion überdurchschnittlich sind. Während alle Staaten der Region seit Jahren dabei sind, sogenannte „spezielle Wirtschaftszonen“ aufzubauen, die gegenüber anderen Standorten, insbesondere in Europa, mit geringen Regulierungsanforderungen, hoher Steuerersparnis, Zollfreistellungen und unbegrenzten Kapitaltransfers zurück zum Heimatland locken, kommen die Experten in einer Studie von 2024 zu dem Schluss, dass der Bahrain International Investment Park (BIIP) die Konkurrenz hinter sich lässt. Mit jährlichen Kosten von 1,59 Mill. Dollar für eine beispielhafte Fertigungsstätte eines Nahrungsmittelsherstellers, bei der EY Arbeitskosten, Transport und Logistik, Steuern, Versorger, Immobilienkauf und Ausstattung sowie administrative Ansiedelungskosten einrechnet, liegt Bahrain am unteren Ende aller betrachteten Golfkooperationsstaaten (GCC).
Globale Mindeststeuer greift
Neu ist laut Noor bint Ali Al Khulaif indes, dass „wir seit Jahresbeginn die globale Mindeststeuer (DMTT) von 15% für Unternehmensgewinne eingeführt haben. Andere lokale Unternehmenssteuern fallen nicht an“, betont die Managerin. Sie wies darauf hin, dass die DMTT in Deutschland und international als Teil der globalen Steuerreformagenda eingeführt wurde. Al Khulaif fügte hinzu, dass „die allgemeine Kostenwettbewerbsfähigkeit etwas ist, das das Königreich kontinuierlich überprüft, um sicherzustellen, dass es ein attraktiver Standort für Investoren bleibt”. Die Ministerin hebt darüber hinaus besonders die Subventionierung von Löhnen und Gehältern hervor. „Wir haben verschiedene Anreizprogramme, die auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten werden können“, sagte sie und wies darauf hin, dass die Höhe der Unterstützung je nach Umfang der Investition und den spezifischen Anforderungen des Unternehmens variiert“. Im Einzelfall könnten über fünf Jahre 20% der Lohnkosten subventioniert werden.
„Der Aufwand spielt besonders bei personalintensiven Fertigungsstätten eine zentrale Rolle, wobei die Wettbewerbsposition des Landes dann ebenfalls stark von den Wohn- und Lebenshaltungskosten beeinflusst wird. Auch hier ist Bahrain mit jährlichen Aufwendungen für eine hypothetische Familie über 44.000 Dollar gut 30% günstiger als der Durchschnitt der GCC, laut EY. Besonders groß sind die Unterschiede zum Dubai Investment Park, wo Wohnen und Lebenshaltung rund 53% teurer sind als im Durchschnitt. Bei den Energiekosten, die für viele Firmen in Deutschland eine besonders gravierende Belastung sind und Anlass zur Verlagerung von Produktionskapazitäten an andere Standorte geben, liegt Bahrain indes in der Region nur im Mittelfeld hinter Katar, Oman und Saudi Arabien. Das hat mittelbar auch damit zu tun, dass Öl bzw fossile Energien als Wirtschaftsegment in Bahrain seit längerem an Bedeutung verloren haben. „Wir sind zu 85% eine Nicht-Öl-Economy und der Nicht-Öl-Sektor wächst mit 3,5% im Jahr“, so Noor bint Ali Al Khulaif.
Trotz erheblicher Kostenvorteile tut sich Bahrain mit Direktinvestitionen aus Deutschland noch schwer. „Die Zahl ist mit rund 150 Mill. Dollar eher gering und wir arbeiten daran, dies zu steigern“, räumt sie ein. Ein Hemmschuh gerade auch im Vergleich zu Dubai ist zweifellos die relativ bessere Verkehrsanbindung des Rivalen. Während Emirates als eine der größten global agierenden Fluggesellschaften Dubai in hoher Frequenz mit dem Rest der Welt verbindet, hat Bahrain hier noch Nachholbedarf. Auch die Lufthansa fliegt den Golfstaat bisher nicht direkt an.
Die längste Historie hat Bahrain im Finanzsektor, der bisher nach wie vor die größte Rolle spielt. Mit einer Bevölkerung von 1,5 Millionen Menschen verfügt der Golfstaat laut der Ministerin über „mehr als 400 lizenzierte Banken und Finanzdienstleister“. Sie erklärt, dass „das Interesse deutscher Family Offices“ an den Finanzdienstleistungen des Landes deutlich gestiegen sei, insbesondere für Superreiche und Family Offices.
Auch in diesem Sektor beansprucht Bahrain die Kostenführerschaft mit Blick auf Arbeitskosten, Büromieten und sonstige operative Aufwendungen. Das Hauptaugenmerk dieser Klientel gilt allerdings anderen Themen, darunter die Regulierung treuhändisch verwalteter Vermögen und ein hohes Maß an Vertraulichkeit.
