Jahresabschluss 2019

BaFin hält Adler-Bilanz für fehlerhaft

Der Immobilienkonzern Adler Real Estate hat laut der Finanzaufsicht BaFin eine fehlerhafte Bilanz für das Jahr 2019 vorgelegt. Die Gruppe widerspricht und kündigt an, den Rechtsweg auszuschöpfen.

BaFin hält Adler-Bilanz für fehlerhaft

hek Frankfurt

Der angeschlagene Wohnungskonzern Adler Group steht vor einem Rechtsstreit mit der BaFin. Die Finanzaufsicht hat nämlich Fehler im Konzernabschluss 2019 der Tochtergesellschaft Adler Real Estate beanstandet und dem Unternehmen einen entsprechenden Bescheid zugestellt. Adler hingegen verteidigt die Bilanzierung und legt nach eigenen Angaben Rechtsmittel ein. Die unterschiedlichen Auffassungen würden nun auf dem Rechtsweg geklärt, teilt Adler Group mit.

Strittig ist die Bewertung des Immobilienprojekts Glasmacherviertel im Düsseldorfer Stadtteil Gerresheim. Die BaFin stuft den Bilanzansatz als zu hoch ein. Adler hingegen hält die „mehrfach geprüfte und testierte Bewertung für ordnungsgemäß und korrekt“. Ein unabhängiger Sachverständiger habe die Bewertung vorgenommen. Adler kündigt an, den Rechtsweg auszuschöpfen, „um die Aufklärung voranzutreiben“. Der beanstandete Abschluss bleibe wirksam. Nach BaFin-Angaben hat Adler Real Estate in der Konzernbilanz zum 31. Dezember 2019 das Glasmacherviertel-Projekt um mindestens 170 Mill. Euro bis höchstens 233 Mill. Euro zu hoch bewertet. In gleichem Maße sei auch das Ergebnis aus der Bewertung von Investment Properties zu hoch. Das Projekt wurde in der Bilanz als zur Veräußerung bestimmter Vermögenswert geführt.

Bei der Wertbeimessung sei fälschlicherweise auf einen Wert abgestellt worden, der einem Anteilskaufvertrag implizit zugrunde gelegt worden sei, der aber nicht repräsentativ sei für den Preis, „der in einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag für den Verkauf des Vermögenswerts hätte eingenommen werden können“, moniert die BaFin.

Folgen für Verschuldungsgrad

Die Behörde sieht darin einen Verstoß gegen IFRS-Vorschriften. Der implizit im Kaufvertrag vereinbarte Immobilienwert stelle keinen beizulegenden Zeitwert (Fair Value) im Sinne der IFRS-Regel 13.9 dar. Der implizierte Wert basiere auf einer er­folgreichen Baurechtsverschaffung. Er unterstelle Verwendungsmöglichkeiten, „die zum 31.12.2019 nicht sicher gegeben waren“.

Die Bewertung des bei Brack Capital, einer Tochter von Adler Real Estate, angesiedelten Glasmacher-Projekts hatte bereits der britische Shortseller Fraser Perring im Report seiner Firma Viceroy im vergangenen Herbst angegriffen. In dem von Adler in Auftrag gegebenen Sonderprüfungsbericht hielt KPMG Forensic eine bilanzielle Korrektur für notwendig. Schon damals beharrte der Wohnungskonzern darauf, dass der Fair Value der Projektgesellschaft korrekt sei. Er sei in mehreren Jahresabschlüssen testiert worden. Verwaltungsratschef Stefan Kirsten sprach von einem offenen Dissens zwischen Adler Group und KPMG Forensic.

Brisant ist das Bewertungsthema mit Blick auf die Anleihebedingungen. Diese sehen eine Obergrenze für den Verschuldungsgrad (Loan to Value, LtV) von 60 % vor. Die Transaktion habe zu einer „nicht sachgerechten“ Entlastung des Verschuldungsgrads geführt, monierte KPMG Forensic. Der LtV-Schwellenwert von 60 % wäre laut der KPMG-Berechnung zum 30. September 2019 überschritten worden, hieß es in dem im April vorgelegten Gutachten.

Bei der Glasmacherviertel-Transaktion ging es um den Verkauf des Projekts an ein Unternehmen von Josef Schrattbauer, einem Schwager des umstrittenen Investors Cevdet Caner. Der Deal wurde später rückabgewickelt. Laut dem KPMG-Bericht wurde das Projekt innerhalb eines Wochenendes zu einer Bewertung von 375 Mill. Euro veräußert. Bei Adler Real Estate habe das zu 168,5 Mill. Euro Ertrag geführt. Der vereinbarte Preis habe um 80 % über dem intern kalkulierten Wert von 208 Mill. Euro gelegen. „Eine nachvollziehbare Begründung für den höheren Kaufpreis konnte uns nicht vorgelegt werden“, schreibt KPMG.

Trotz gegensätzlicher Positionen in komplexen Sachverhalten sei der Dialog mit der BaFin „nach wie vor gut und konstruktiv“, betont Adler. Die BaFin weist darauf hin, dass die Prüfung des Konzernabschlusses 2019 und des Lageberichts von Adler Real Estate noch andauert. Der Abschluss der Untersuchung und gegebenenfalls weitere Fehlerfeststellungen würden ebenfalls be­kanntgemacht. Im Juni hatte die Behörde angekündigt, dass sie ihre Prüfung auf den 2021er-Abschluss von Adler Real Estate erweitert. Die Mutter Adler Group hat ihren Sitz in Luxemburg. Sie unterliegt damit der luxemburgischen Aufsicht.

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