Baumwipfelpfade für das Aktiendepot

Warum das kleine Unternehmen Erlebnis Akademie das Wagnis eines Börsengangs auf sich nimmt

Baumwipfelpfade für das Aktiendepot

jh München – Halb aus der Not geboren sei die Idee für den Börsengang, gibt Finanzvorstand Christoph Blaß zu. Eine Bank zog im vergangenen Jahr plötzlich eine Kreditzusage für ein neues Projekt zurück. Die andere Hälfte der Idee liefern ehrgeizige Pläne der Erlebnis Akademie AG (EAK). Das Unternehmen in Bad Kötzting im Bayerischen Wald mit zuletzt 5,8 Mill. Euro Jahresumsatz und 58 Mitarbeitern will bis 2020 Marktführer in Europa werden – für “Naturerlebniseinrichtungen”.Bisher besitzt EAK vier Baumwipfelpfade. Den ersten baute und eröffnete die Firma 2009 in der Heimatregion. Blaß erinnert sich: “Wir haben gemerkt, das ist ein Riesenerfolg.” Im benachbarten Tschechien, auf Rügen und zuletzt 2014 im Schwarzwald kam je einer hinzu. Insgesamt mehr als eine Million Besucher werden in diesem Jahr auf den vier Anlagen im Wald erwartet, die vor allem aus Holz gebaut sind.Das Unternehmen investierte dafür 23,5 Mill. Euro. Aufgebracht haben das Geld 92 Investoren: Gründer und Manager wie Blaß, dazu Freunde, Verwandte und Bekannte. “Das sind nicht nur reiche Leute”, berichtet Blaß. Nach einer Kapitalerhöhung 2014 um 1,3 Mill. Euro ist diese Quelle erst einmal erschöpft.Nur mit dem Cash-flow zu wachsen geht dem Unternehmen zu langsam. 2014 betrug der operative Mittelzufluss 2 Mill. Euro. “Der Zeitdruck steigt”, sagt Blaß. Um die wenigen möglichen Standorte, die gut zu erreichen sind, kämpfen immer mehr Konkurrenten. In Deutschland wurden allein in diesem Jahr drei neue Pfade eröffnet. 14 sind es nun. Expansion in EuropaAlso muss es mit der Finanzierung schnell gehen. EAK strebt deshalb an das Mittelstandssegment M:access der Bayerischen Börse (vgl. BZ vom 22. Oktober). Die erste Notierung ist für den 9. Dezember geplant. Mit dem erhofften Emissionserlös von netto 4,7 Mill. Euro will das Unternehmen drei neue Baumwipfelpfade bauen: einen an der Saarschleife bei Mettlach, einen in Tschechien und einen in den Niederlanden. Dabei soll es nicht bleiben: “Unsere Projektpipeline ist ganz lang.” Blaß deutet eine mögliche Expansion nach Spanien, Frankreich, Dänemark und Ungarn an. “Wir werden weiterhin frisches Kapital brauchen.” Denkbar sei dafür auch eine Anleihe. “Jetzt müssen wir aber erst einmal zeigen, dass wir Termine einhalten und mit guten Zahlen das Vertrauen neuer Aktionäre gewinnen.”Angesprochen auf die Risiken, antwortet Blaß ohne Umschweife. Ein großer Nachteil ist die geringe Liquidität der Aktie. “Sie ist nichts für Investoren, die kurzfristig agieren.” Von den künftig 2 Millionen Aktien sei voraussichtlich die Hälfte im Streubesitz. Zudem ist die Standortwahl für den Geschäftserfolg ganz entscheidend. “Wenn kein Mensch kommt, haben wir ein Problem”, sagt Blaß. Ab einer Zahl von etwa 150 000 Besuchern im Jahr würden die Fixkosten gedeckt. Ein Risiko ist deshalb auch das Wetter. In der Vergangenheit seien einmal im Jahrzehnt der Juli und August verregnet gewesen. Solche Sommer trüben das Ergebnis. “Das muss dem Anleger bewusst sein”, mahnt der Finanzchef. Freiwillig QuartalszahlenBlaß verspricht Transparenz. Vorgeschrieben im M:access sind ein Geschäfts- und ein Halbjahresbericht. EAK werde trotzdem Quartalszahlen veröffentlichen, die ersten für Juli bis September 2015. Das Unternehmen bilanziert noch nach dem Handelsgesetzbuch, künftig soll es neben den bisherigen AG-Abschlüssen auch Konzernabschlüsse nach internationalen Standards geben. Der Zeitpunkt steht nach den Worten von Blaß aber noch nicht fest.Die Strukturen im Unternehmen seien ansonsten börsenreif, berichtet er. EAK sei nur noch auf der Suche nach einem Manager für Investor Relations, der gleichzeitig als Controller tätig werde. Mitte 2016 soll dieser Posten besetzt werden. Das Fazit von Blaß: Auch ein kleines Unternehmen könne einen Börsengang stemmen. “Der Aufwand ist groß, aber noch überschaubar.”