Bei Michelin geht die Luft raus
Bei Michelin geht die Luft raus
Bei Michelin geht die Luft raus
US-Nachfrage nach Lkw-Reifen geht zurück – Zölle und schwacher Dollar belasten – Gewinnwarnung zieht auch Conti runter
Der französische Reifenhersteller kämpft in seinem wichtigsten Markt Nordamerika mit stärkerem Gegenwind als bisher erwartet. Vor allem im Lkw- und Agrarsegment sind dort die Absätze eingebrochen. Strafzölle belasten die Margen und der schwache Dollar den Free Cashflow.
wü Paris
von Gesche Wüpper
Michelin hat Anleger mit einer Gewinnwarnung verschreckt. Die Aktie des französischen Reifenherstellers brach am Dienstag an der Börse von Paris um zeitweise fast 10% ein, so dass auch andere Werte aus der Automobilbranche unter Druck gerieten. Der deutsche Wettbewerber Continental gab streckenweise 2,5% nach. Die wie Michelin im CAC 40 gelisteten Autobauer Stellantis und Renault verloren 4,4% und 1,7%. Die Michelin-Aktie hat seit Beginn des Jahres fast 18% an Wert verloren.
Zwar hatten Analysten wegen entsprechender Äußerungen des Managements bereits im Vorfeld damit gerechnet, dass der Reifenhersteller seine Prognosen senken würde. Doch alle zeigten sich überrascht über den Umfang. Der Reifenhersteller habe sein Ertragsziel deutlich stärker nach unten korrigiert als befürchtet, meint etwa Christoph Laskawi von der Deutschen Bank.
Nordamerika bricht ein
In den Ergebnissen des dritten Quartals spiegele sich eine zusätzliche Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds im Vergleich zu den im Juli erstellten Prognosen wieder, erklärt Michelin. Deshalb habe man sich entschieden, noch vor der für den 22. Oktober nach Handelsschluss geplanten Veröffentlichung der Quartalszahlen den Ausblick für das laufende Jahr anzupassen.
Vor allem das Geschäft in Nordamerika habe sich stärker verschlechtert als gedacht, hieß es. Konkret sei die Nachfrage nach Lkw-Reifen und Reifen für landwirtschaftliche Fahrzeuge schwächer ausgefallen. Nordamerika ist mit einem Umsatzanteil von 39% der wichtigste Markt von Michelin – noch vor Europa (36%) und Asien (25%). Das Umsatzvolumen in der Region ist den Angaben zufolge um fast 10% gesunken. Zudem litten die Margen unter den Strafzöllen und der freie Bargeldmittelzufluss unter dem schwächer als erwarteten Dollar. Michelin hatte bereits im ersten Halbjahr einen Rückgang der Margen in allen drei Reifenkategorien hinnehmen müssen.
Enttäuschende Volumen
Wegen der Verschlechterung des Nordamerika-Geschäfts rechnet Michelin jetzt nur noch mit einem operativen Segmentergebnis von 2,6 bis 3,0 Mrd. Euro bei konstanten Wechselkursen. Zuvor war der Konzern noch von mehr als 3,4 Mrd. Euro ausgegangen. Gleichzeitig dürfte der freie Bargeldmittelzufluss im Gesamtjahr bei 1,5 bis 1,8 Mrd. Euro liegen, erklärte er. Der Reifenhersteller hatte bislang einen Free Cashflow von mehr als 1,7 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Es sei die Gewinnwarnung, die zu viel sei, urteilen die Analysten von Oddo BHF. Sie haben die Michelin-Aktie deshalb von „Neutral“ auf „Untergewichten“ abgestuft. Michelin hatte Branchenexperten bereits in der vergangenen Woche während einer Telefonkonferenz im Vorfeld der Quartalsergebnisse mit einer schlechter als erwarteten Volumenentwicklung beunruhigt. Das dritte Quartal sei bereits das 14. Quartal mit einem negativen Volumenwachstum in Folge, schrieben die Analysten von Bernstein. Das gehe mit einem signifikativen Rückgang der Bewertung trotz vernünftiger Margen und zur Verfügung stehender Geldzuflüsse einher.

Analyst Jose Asumendi von JPMorgan sieht nach der Gewinnwarnung von Michelin nur begrenzte Auswirkungen auf Wettbewerber wie Continental, Pirelli und Nokian, da der Hauptgrund für die gesenkten Prognosen vor allem in schwächeren Absätzen im amerikanischen Lkw- und im Agrarsektor liege.
Asumendi geht dennoch davon aus, dass die Entwicklung der Preis/Mix-Trends sowie die Ergebnisprognosen bei Continental und Pirelli jetzt im zweiten Halbjahr von Quartal zu Quartal genau geprüft werden dürften.
Für Michelin läuft es außerhalb Nordamerikas besser. So habe man bis auf den nordamerikanischen Markt im dritten Quartal ein Volumenwachstum verbucht, erklärte der Konzern. Die Jefferies-Analysten erwarten nun, dass sich der zyklische Gegenwind für Michelin in günstigeren Rückenwind umwandeln wird.