Blaupause Springer

Finanzinvestor General Atlantic verdient als Minderheitsgesellschafter an Joint Ventures mit Konzernen - Tiefe Taschen zur Expansion

Blaupause Springer

Von Walther Becker, FrankfurtDass der “Wachstumskapitalinvestor” General Atlantic in der Auktion für das Digitalgeschäft von ProSieben den Zuschlag bekommen hat, liegt nicht zuletzt an den Erfahrungen mit einer grosso modo vergleichbaren Transaktion in Deutschland: Geht es aktuell um eine Sperrminorität der mit 1,8 Mrd. Euro bewerteten ProSiebenSat.1-Sparte Nucom, so war General Atlantic 2011 in das Online-Rubrikengeschäft von Axel Springer eingestiegen. Damals waren es 30 % für 237 Mill. Euro. Nucom, zu der unter anderem Parship oder Verivox gehören, soll nun mit dem Investor zu “einer führenden europäischen Omnichannel-Plattform für Consumer Services und Lifestyle Brands” werden.”Die Zusammenarbeit mit Springer war für beide Seiten äußerst erfolgreich, weil wir das Unternehmen beim Wachstum – durch Zukäufe und organisch – gemeinsam unterstützt haben”, sagt Jörn Nikolay, Managing Director und Deutschlandchef von General Atlantic, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Rendite für den Finanzinvestor will er aber nicht beziffern, zumal dies angesichts der M & A-Deals in der Haltezeit nicht einfach zu beziffern sei. Allerdings sei der aktuelle Deal mit ProSieben komplexer, weil die Digitalsparte für das Unternehmen auch strategische Bedeutung hat und der größte Kunde von ProSieben im TV-Werbegeschäft ist. Das war beim Einstieg in Digital Classified von Springer anders. Dieses Geschäft galt anfänglich eher als Randaktivität des Berliner Unternehmens, mit dem ProSieben 2015 sogar einen Schulterschluss auf Konzernebene ventilierte. Inzwischen steht es längst für das Gros der Bewertung, des Umsatzes und des operativen Ergebnisses der Gruppe, die heute an der Börse 7,9 Mrd. Euro schwer ist. Bei Springer stand am Anfang des Investments die Option des Börsengangs im Raum. Je mehr das Geschäft aber wuchs und florierte, umso größer die Begehrlichkeit von Springer, sich doch nicht von den Aktivitäten zu trennen. Und so wurde kaum drei Jahre nach dem Einstieg in Classifieds das Paket in Springer-Aktien getauscht; damals war von mindestens Verdreifachung des Einsatzes die Rede. Der Deal wurde mit Folgeplatzierungen von Springer-Aktien bei dem steigenden Kurs infolge der Digitalisierung noch lukrativer für General Atlantic (GA). Rasant gewachsenDiese hatte für den Minderheitsanteil an Springer-Classifieds, die damals drei Firmen mit Auto-, Job- und Immobilienportalen umfasste, das Zwölffache des operativen Ergebnisses gezahlt. In der Folge stieg das Ebitda kräftig, und der Enterprise Value von Classifieds wurde nach Eigenkapitalzuführungen von General Atlantic (bis zu 100 Mill. Euro) 2014 bei dann zehn Firmen auf 4 Mrd. Euro veranschlagt.Für den Nucom-Einstieg wird das 15-fache Ebitda fällig, und zum Start werden die Minderheitsanteile an mehreren Portfoliofirmen aufgekauft, um die Kontrollstrukturen zu vereinfachen und die Basis für neue Zukäufe zu legen. Nucom-Vorstand Florian Tappeiner freut sich auf die “tiefen Taschen” von GA, ist überzeugt, dass der Finanzinvestor Talente wie ein Magnet anzieht und Nucom vom internationalen Netzwerk profitiert. “M & A ist unser Tagesgeschäft”, sagt Nikolay.Zum Exit aus Nucom will sich Nikolay noch nicht äußern – wegen der Synergien mit dem ProSieben-Werbegeschäft. Zwar sei Nucom in absehbarer Zeit reif für die Börse – doch für die Optionen redet eben ProSieben ein wichtiges Wort mit. Zeitlichen Druck hat GA nicht, wird doch nicht aus klassischen Fonds mit begrenzter Laufzeit investiert. Im Portfolio hat GA in Deutschland Flixbus, noch Delivery Hero sowie Control Expert, die Prozesse in der Kfz-Versicherung digitalisiert.”Springer ist sicherlich eine Blaupause für die aktuelle Transaktion mit ProSieben, aber nicht die einzige”, betont der GA-Deutschlandchef. In 90 % der Investments sei man Minderheitsgesellschafter. So gab es ähnliche Strukturen beim Wealth Management von Santander, das die spanische Bank wieder zurückkaufte, ein Joint Venture mit GE ebenso wie eines mit der chinesischen Lenovo-Mutter oder zwei Gemeinschaftsunternehmen in Indien. Das GA-Team umfasst rund 110 Professionals in New York, Amsterdam, Peking, Greenwich, Hongkong, London, Mexiko, Mumbai, München, Palo Alto, Sao Paulo, Schanghai und Singapur. Bekannte Investments der seit 1980 aktiven Gesellschaft sind Snap, Airbnb, Uber, IHS Markit, Saxo Bank oder Meteo. Allein 2017 gab es global 19 Deals. Im aktuellen Fall setzt ProSiebenSat.1 auf J.P. Morgan, Goldman Sachs berät General Atlantic. Rechtlich steht Milbank auf Seiten des Dax-Konzerns und Gleiss Lutz arbeitet für GA.