Brainlab gibt Startschuss für den Börsengang
Brainlab gibt Startschuss für den Börsengang
„Google Maps der Chirurgie“ strebt in Frankfurt Emissionserlös von 600 Mill. Euro an
cru Frankfurt
Deutschland rückt mit dem vierten Börsengang in diesem Jahr ins Zentrum des europäischen IPO-Marktes. Das Medizintechnikunternehmen Brainlab aus München gibt an diesem Donnerstag seine Absicht bekannt, in Frankfurt an die Börse zu gehen.
Das Bookbuilding beginnt voraussichtlich am 23. Juni. Federführend mit dem IPO im Prime Standard beauftragt sind Berenberg und Deutsche Bank; beteiligt sind Commerzbank, Jefferies und Unicredit/Kepler Cheuvreux.
Angestrebt wird laut Finanzkreisen ein Emissionserlös von 600 Mill. Euro aus bestehenden und neuen Aktien bei einer Gesamtbewertung von rund 3 Mrd. Euro. Damit wäre Brainlab neben dem Online-Autoersatzteilehändler Autodoc aus Berlin, der ebenfalls in der Vorvermarktungsphase ist, das bisher drittgrößte IPO in Europa in diesem Jahr. Im weniger stark regulierten Freiverkehr waren zuvor schon der schwäbische Stromnetzausrüster Pfisterer (38% Kursplus seit IPO) und die Softwarefirma Innoscripta (minus 17%) aus München an der Börse gestartet.

Brainlab ist ein Spezialist für softwaregestützte Chirurgie am Gehirn sowie an Tumoren, der Wirbelsäule, an Nervenbahnen und bei der Behandlung von Epilepsie. Auch die Bestrahlung in der Onkologie kann mit der Technik präziser gesteuert werden. Laut Aufsichtsratschef und Firmengründer Stefan Vilsmeier hat Brainlab gleichsam „das Google Maps für die Chirurgie“ entwickelt – mit der individuellen Anatomie des einzelnen Patienten als Landkarte. Die Brainlab-Technik navigiert den Chirurgen bei der Operation, indem das Bild in das Sichtfeld der Datenbrille von der US-Firma Magic Leap übertragen wird. Zu den Kunden zählen 4.000 Krankenhäuser in aller Welt.
Zweistellige Wachstumsraten
Vilsmeier hatte schon mit 19 Jahren ein Buch über die Konstruktion von 3-D-Objekten geschrieben. Sein Informatik-Studium brach der heute 58-Jährige für die Gründung von Brainlab 1989 ab, die er mit den Bucherlösen finanzierte. Seither ist die Firma stetig gewachsen - seit 2001 mit jährlich 10% und seit 2022 mit jährlich 14%. Brainlab hat 2024 mit 2.000 Beschäftigten 470 Mill. Euro Umsatz gemacht, der überwiegend regelmäßig wiederkehrt, bei einer operativen Gewinnmarge (Ebitda) von 16,5%. Die Daten-Tochter Snke (sprich „Snake“) mit 3% vom Umsatz und 300 Beschäftigten wird per Spin-off ausgegliedert. In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2024/25 erzielte Brainlab einen Umsatz von 239 Mill. Euro und eine operative Gewinnmarge von 22,4%.
Vilsmeier ist mit mehr als 50,1% der Anteile noch immer der Haupteigentümer. Er hat 2024 nach 35 Jahren als Chef den CEO-Posten intern an den studierten Elektrotechniker und Softwareentwickler Rainer Birkenbach abgegeben, der von Anfang an für Brainlab gearbeitet hat. Weiterer Anteilseigner ist seit 2018 die deutsche Private-Equity-Firma EMH Partners mit 35,1% – neben dem Management und den Beschäftigten mit14,8%.
Vergleichbare Wettbewerber von Brainlab sind digitale Medizintechniker wie die US-Firmen Intuitive Surgical und Stryker oder Medtronic aus Dublin. Neben einem Teilausstieg der Alteigentümer, die Aktien verkaufen, ist eine Kapitalerhöhung im Umfang von 200 Mill. Euro geplant, mit deren Hilfe das Wachstum vorangetrieben und ein Teil der 230 Mill. Euro Schulden abgebaut wird.