Im GesprächMatteo Tiraboschi, Brembo

Brembo erhöht Investitionen

Der weltgrößte Bremsenhersteller Brembo fühlt sich laut Executive Chairman Matteo Tiraboschi gut vorbereitet auf die Elektrifizierung. Tiraboschi sagte der Börsen-Zeitung auch, er sei hoch zufrieden mit der Entwicklung des Joint Ventures mit SGL Carbon. Derzeit werde eine Erweiterung der Kapazitäten geprüft.

Brembo erhöht Investitionen

Im Gespräch: Matteo Tiraboschi

“Wir sind vorbereitet”

Der Executive Chairman des Bremsenherstellers Brembo zur Elektrifizierung, dem Joint Venture mit SGL Carbon und der Beteiligung an Pirelli

Von Gerhard Bläske, Mailand

Der weltweit größte Bremsenhersteller Brembo fühlt sich gut „vorbereitet“ auf die Elektrifizierung der Branche. „Wir haben enge Beziehungen zu allen Herstellern, traditionellen und neuen, die in die Automobilindustrie eintreten, einige aus ganz anderen Sektoren, sowohl in Amerika als auch in Asien. Außerdem werden wir mit unserem intelligenten Bremssystems Sensify eine hochinnovative Lösung einführen, die auch nachhaltiger sein wird“, sagt Executive Chairman Matteo Tiraboschi im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Das neue System soll 2025 auf den Markt kommen.

Brembo gehört zu der Riege italienischer Zulieferer wie Pirelli, Adler Pelzer und Pininfarina, die eng verflochten mit der internationalen Autoindustrie sind. Selbständige Autohersteller gibt es mit Ausnahme von Ferrari seit der Bildung des französisch dominierten Stellantis-Konzerns nicht mehr.

Brembo beliefert praktisch alle Hersteller, darunter auch Tesla. Der seit 1995 börsennotierte Konzern hat den Umsatz im ersten Quartal um 27% auf 857,6 Mill. Euro gesteigert und den Nettogewinn um 16,8% auf 71,7 Mill. Euro. Für das Gesamtjahr peilt Tiraboschi „ein Umsatzwachstum in der Größenordnung von 10% und eine prozentuale Marge auf dem Niveau des Vorjahres“ an, obwohl die Preise etwa für Rohmaterial massiv gestiegen sind: „Wir haben in unseren Verträgen mit unseren Kunden regelmäßige Preisanpassungen vereinbart und geben daher Preissteigerungen in vollem Umfang weiter“, erklärt der Schwiegersohn des langjährigen Unternehmenschefs Alberto Bombassei. Die Familie kontrolliert 53% des Kapitals und fast 70% der Stimmrechte.

Brembo hat ein Investitionsprogramm von 500 Mill. Euro in Polen, Mexiko und China angekündigt. In Nordamerika, dem mit einem Anteil von 27% größten Markt, wird die Kapazität im Werk Escobedo in Mexiko verdoppelt. In Deutschland, mit einem Anteil von 20% zweitwichtigster Markt, ist Brembo seit jeher stark: „Deutschland wird auch in Zukunft wichtig für uns ein. Ich erwarte ein starkes Wachstum“, sagt Tiraboschi.

Entscheidung bis Jahresende

Das 50:50-Joint-Venture mit SGL Carbon mit Werken in Stezzano bei Bergamo und in Meitingen bei Augsburg zur Herstellung von Carbon-Keramik-Bremsscheiben, funktioniere sehr gut. „Wir wachsen weiterhin stark und können die Nachfrage nicht befriedigen“, berichtet der Executive Chairman. Den Umsatz des Gemeinschaftsunternehmens gibt er für 2022 mit 225 Mill. Euro an. „Wir prüfen eine Erweiterung der Produktionskapazität. Wir wollen bis Jahresende eine Entscheidung treffen“, sagt Tiraboschi.

Auch in China investiert Brembo kräftig: „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage anzieht, insbesondere im Luxussegment.“ Kunden sind dort neben einheimischen Herstellern amerikanische und europäische Produzenten mit ihren lokalen Werken.

Fokus auf Digitalisierung

Akquisitionen seien nicht geplant, „aber wir beobachten ständig den Markt“, so Tiraboschi. „Wichtiger als Akquisitionen ist der Erwerb technologischer Kompetenz“, erklärt er: „Wir wollen unsere Kompetenzen im Bereich Software und Datenanalyse ausbauen. Wir orientieren uns immer mehr an der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz. Nur so können wir langfristig an der Spitze der Entwicklung bleiben.“

Über einen Kilometer zieht sich eine rote Mauer entlang der Autobahn Richtung Mailand. Dahinter liegen der Firmensitz und der von dem französischen Architekten Jean Nouvel konzipierte Wissenschafts- und Technologiepark Kilometro Rosso. Mehr als 70 Unternehmen aus verschiedenen Wirtschaftssektoren, Forschungszentren und Universitäten tüfteln hier an neuen Ideen. Im Silicon Valley hat das Unternehmen ein Inspiration Lab eröffnet, in dem Datenanalysten und Softwarespezialisten „neue Ideen für das Brembo der Zukunft entwickeln“.

Tiraboschi bemängelt das Fehlen großer Konzerne in Italien, die groß genug sind, „um auf dem Markt bestehen zu können, ausreichend in Forschung und Entwicklung zu investieren und eine solide Präsenz in anderen Ländern aufzubauen.“ Das liege auch am „Fehlen einer echten Industriepolitik mit Investitionen von internationaler Bedeutung“.

Brembo ist mit 6% an Pirelli beteiligt, was Beobachter als ersten Schritt zur Bildung eines großen italienischen Autozulieferers sehen. Italiens Regierung will angeblich den chinesischen Pirelli-Großaktionär Sinochem (37%) herausdrängen. Tiraboschi sagt: „Derzeit gibt es keine gemeinsamen Projekte. Was uns eint, ist unsere Präsenz im High-End-Bereich, eine starke Marke und unser Engagement im Motorsport.“

Der weltgrößte Bremsenhersteller Brembo fühlt sich laut Executive Chairman Matteo Tiraboschi gut vorbereitet auf die Elektrifizierung. Tiraboschi zeigt sich zudem hoch zufrieden mit der Entwicklung des Joint Ventures mit SGL Carbon. Derzeit werde eine Erweiterung der Kapazitäten geprüft.

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