Broadcom bietet 130 Mrd. Dollar für Qualcomm

Chiphersteller will zu den Konkurrenten Intel und Samsung aufschließen - Kostendruck treibt Konsolidierung

Broadcom bietet 130 Mrd. Dollar für Qualcomm

Die Konsolidierungswelle in der Halbleiterbranche nimmt neuen Schwung: Mit dem Kauf von Qualcomm will Broadcom zu den Branchenführern Intel und Samsung aufschließen. Ob die derzeit etwas angeschlagene Qualcomm allerdings die Offerte annimmt, ist fraglich.hen New York – Broadcom-Chef Hock Tan steht kurz davor, den Chiphersteller in die Riege der ganz Großen in der Branche aufsteigen zu lassen. Bereits in den vergangenen Jahren hat er mit einer Reihe von milliardenschweren Zukäufen Broadcom zu einem beachtlichen Chipkonzern mit einem Umsatz von rund 15,3 Mrd. Dollar und einem Börsenwert von derzeit rund 117 Mrd. Dollar ausgebaut. Mit dem am Montag vorlegten Kaufangebot für den Konkurrenten Qualcomm wäre Tan am Ziel: Broadcom hätte zum Branchenführer Intel und Samsung aufgeschlossen. Smartphones im BlickBeide Unternehmen stellen Halbleiter für Smartphones her und sind auf Wifi- und Bluetooth-Technologie spezialisiert. Qualcomm verfügt überdies über ein breites Portfolio an Patenten auf in fast allen Smartphones verwendete Kommunikationsstandards und vergibt für diese Lizenzen. Broadcom ist auch außerhalb des Halbleiterbereichs für Smartphones tätig und liefert Teile, die in Speichern, Displays und Set-top-Boxen verwendet werden. Und obwohl der Markt für Smartphones wächst, ist der Halbleiterbereich stark umkämpft. Patente und Innovationsfähigkeit sind unerlässlich, da die Branche sich auf neue Technologien wie 5G bei Smartphones, aber auch solche im Bereich autonomes Fahren oder Industrie 4.0 vorbereitet. Gleichzeitig ist auch der Kostendruck hoch, was zu einer Konsolidierungswelle geführt hat. Mit dem Zusammenschluss könnten nicht nur die Kosten gesenkt werden, sondern auch die Verhandlungsposition gegenüber den beiden größten Kunden, Apple und Samsung, und die Innovationsfähigkeit gestärkt werden.Ob Tans Vorhaben gelingen wird, ist allerdings alles andere als sicher. Denn der Broadcom-Chef hat in Gesprächen mit seinem Konkurrenten hinter den Kulissen bereits seit einem Jahr versucht, Qualcomm zu einem Zusammenschluss zu überreden. Deren Management aber hat sich bisher auf einen Deal nicht einlassen wollen. Am Montag teilte Qualcomm lediglich mit, dass man das Angebot überprüfen werde. Das Unternehmen steht im Moment unter Druck, unter anderem weil es mit Apple in einen seit längerem andauernden juristischen Streit über Lizenzvereinbarungen verstrickt ist. Der Aktienkurs des lange unangefochtenen Pioniers im Bereich der Halbleiter für den Mobilfunk hat in den letzten zwölf Monaten rund ein Fünftel verloren. Aufschlag von 27 ProzentGemäß der am Montag unterbreiteten Offerte würden die Qualcomm-Aktionäre pro Titel 70 Dollar erhalten; die Kaufsumme setzt sich zusammen aus 60 Dollar in bar und 10 Dollar in Form von Broadcom-Aktien. Das entspricht einem Aufschlag von 27 % im Vergleich mit dem Schlusskurs vom vergangenen Donnerstag; am Freitag waren erste Gerüchte um eine mögliche Fusion aufgekommen. Damit beläuft sich der angebotene Kaufpreis auf 130 Mrd. Dollar; der Deal würde die Übernahme von Schulden von 25 Mrd. Dollar umfassen. Gemäß Angaben von Broadcom hätte das neue Unternehmen einen Pro-forma-Umsatz (für 2017) von 51 Mrd. Dollar und ein Betriebsergebnis (Ebitda) von 23 Mrd. Dollar.Dass sich Tan zu dem Angebot durchgerungen hat, obwohl das Qualcomm-Management sich zuvor auf keinen Deal hatte einlassen wollen, deutet auf seine Entschlossenheit hin. Und es ist denkbar, dass er sich – sollte sein Angebot vom Qualcomm-Verwaltungsrat zurückgewiesen werden – direkt an die Qualcomm-Aktionäre wenden würde. Das könnte in eine der größten Übernahmeschlachten in der Geschichte von Corporate America münden.Generell würde ein Deal zu den größten Transaktionen in der Informationstechnologie zählen. An deren Konsolidierung hatte Tan bereits in den letzten Jahren kräftig mitgewirkt. Er hat die ursprünglich aus Hewlett-Packard herausgelöste Sparte über Zukäufe erst zu dem bedeutenden Spieler gemacht, der er heute ist. Der größte Schritt kam, als das mittlerweile unter Avago Technologies firmierende Unternehmen vor zwei Jahren den Konkurrenten Broadcom für 37 Mrd. Dollar übernahm und der Gesamtkonzern in Broadcom umbenannt wurde.