Bund operiert bei Verteidigungsausgaben ohne Limit
Bund operiert bei Verteidigungsausgaben ohne Limit
Bund operiert bei Verteidigungsausgaben ohne Limit
Großteil fließt in militärische Beschaffung – Ministerium finanziert auch Infrastruktur – Vergabe wird beschleunigt
Von Angela Wefers, Berlin
„Wir wollen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.“ Dieser Satz von Kanzler Friedrich Merz (CDU) schlägt sich auch in harten Zahlen nieder. Deutschland wird in den nächsten Jahren sehr viel mehr für Verteidigung ausgeben. Die Bundeswehr rüstet auf. Der Bundestag hat die militärische Beschaffung deutlich ausgeweitet: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kann Panzer, Flugzeuge, Waffensysteme, Munition oder Bekleidung einkaufen.
Deutschland spielt mit seiner geografischen Lage in der Mitte Europas aber auch als Transitland militärisch eine wichtigen Rolle. Werden im Verteidigungsfall Streitkräfte verlegt, müssen die Straße, Schienen und Flugplätze hierzulande Transportansprüchen genügen. Auch eine taugliche Unterbringung der Soldaten in Kasernen muss gewährleistet sein. Infrastrukturinvestitionen sind somit auch ein Thema für die Bundeswehr und im Verteidigungsetat. Die schwarz-rote Koalition hat Pistorius dafür für 2025 mehr als die Ampel bewilligt: zusätzlich 900 Mill. Euro für Erhaltung und Ausbau von Autobahnen sowie 200 Mill. Euro für Betrieb und Erhaltung von Bundesfernstraßen.
Rasant steigender Verteidigungshaushalt
Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 wächst der Verteidigungsetat drastisch. 2022 waren die Ausgaben des Einzelplans 14 im Bundeshaushalt erstmals überhaupt über die Marke von 50 Mrd. Euro geklettert. Verteidigung nahm damit aber nur Platz vier gemessen an den Ausgaben ein. Mit dem dieser Woche abschließend beratene Bundeshaushalt 2025 belegt Verteidigung mit Ausgaben von 62,3 Mrd. Euro inzwischen Platz zwei, macht aber immer noch nur ein Drittel des Sozialetats aus. Im nächsten Jahr wird der Verteidigungshaushalt gemäß dem Entwurf der schwarz-roten Regierung bereits auf 82,7 Mrd. Euro ausgeweitet. Die mittelfristiger Finanzplanung sieht rasant steigende Verteidigungsausgaben vor: von 93,4 Mrd. Euro (2027) über 136,5 Mrd. Euro (2028) bis auf 152,8 Mrd. Euro (2029) auf.

Whatever-it-takes
Der Sprung ist möglich, seit der Bundestag mit einer Grundgesetzänderung im Frühjahr die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben ausgesetzt hat. Die „Whatever-it-takes“-Losung gibt dem Bundestag freie Hand, ohne Rücksicht auf Fiskalregeln die nötigen Verteidigungsausgaben durch Kredite zu finanzieren. Nur noch Ausgaben von 1% des Bruttoinlandsprodukts müssen auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Dies liegt unter dem Niveau des Verteidigungsetats von 2022. Darüber hinaus ist die Skala nach oben offen. Flankiert wird das Vorgehen durch die europäische Ausnahme von der EU-Fiskalregel. Zur Abschreckung ist eine solche Lösung adäquat. Fiskaldisziplin wahrt sie allerdings nicht.
Versäumnisse der Vergangenheit
Der Bund nutzt die zusätzlichen Mittel zum großen Teil, um die militärische Beschaffung erheblich auszuweiten und Versäumnisse der Vergangenheit nachzuholen: 22,4 Mrd. Euro sind dafür 2026 vorgesehen oder 27% des Verteidigungsetats. Hinzu kommen die Ausgaben aus dem Sondervermögen Bundeswehr. In den Wirtschaftsplan sind für 2026 Ausgaben von 25,5 Mrd. Euro eingestellt. In diesem Jahr gingen Beschaffungsausgaben im regulären Verteidigungsetat nach einem Tiefpunkt wieder auf 8,2 Mrd. Euro hoch. Ergänzt werden sie aus dem Sondervermögen – um 24,1 Mrd. Euro, rund 4 Mrd. Euro mehr als im Vorjahr.

Seit Frühjahr 2022 kann das Verteidigungsressort aus diesem zusätzlichen Topf schöpfen, den die Regierung Olaf Scholz (SPD) nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine eilends geschaffen hatte. Finanziert durch Kredite dienen die Ausgaben weitgehend der militärischen Beschaffung. Bis zum Ende seiner Laufzeit 2027 werden die Mittel von 100 Mrd. Euro ausgeschöpft sein. Anfang dieses Jahres waren rund 23 Mrd. Euro verausgabt, weitere 55 Mrd. Euro durch Verträge belegt.
Beschaffung wird beschleunigt
Flankiert wird die Beschaffung vom Bundeswehr-Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz. Das Bundeskabinett hatte es im Juni gebilligt. Anfang 2026 soll es in Kraft treten. Damit darf die Bundeswehr mehr als nur eng begrenzt Militärausrüstung zu diesen Regeln beschaffen und dies erleichtert gegenüber dem regulären Vergaberecht. Für Bieter wird der Schutz eingeschränkt. Juristen bewerten die Novelle allerdings als Vorboten der geplanten allgemeinen Vergaberechtsbeschleunigung.