CEO-Wechsel weltweit auf niedrigstem Stand seit 2018
Tiefstand bei CEO-Wechseln
Russell Reynolds: Geopolitische Unsicherheit verringert Fluktuation an Vorstandsspitze
ab Köln
Die geopolitischen Unsicherheiten haben Folgen für die Chefetagen in großen Konzernen. Noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 2018 hat Russell Reynolds weltweit so wenige Wechsel an Vorstandsspitzen gezählt wie im ersten Halbjahr dieses Jahres. Die Personalberatung interpretiert die Entwicklung als direkte Folge aus Zöllen, Handelskonflikten, gestörten Lieferketten und der Energiekrise in Verbindung mit Kriegen und Schuldenkrisen und folgert daraus: In unsicheren Zeiten setzten die Unternehmen vermehrt auf Kontinuität.
„Auf der Suche nach dem richtigen Weg durch die aktuellen Krisen setzen die meisten Unternehmen nicht auf einen CEO-Wechsel. Das spricht für Besonnenheit und die Erkenntnis, dass mehr denn je externe Faktoren, die außerhalb des Einflussbereichs des Vorstands liegen, den Geschäftsverlauf bestimmen“, sagt Jens-Thomas Pietralla, Leiter des Global Board & CEO Practice von Russell Reynolds.
Aus den eigenen Reihen
In dieses Bild passt, dass bei den Nachbesetzungen vor allem auf interne Lösungen gesetzt wird. 76% der neu ernannten Vorstandschefs kamen nach der Auswertung aus den eigenen Reihen der Unternehmen. Diese unverändert hohe Quote belege auch, dass die Organisationen heute viel stärker auf die interne Weiterentwicklung ihrer Führungskräfte setzten. Zudem komme darin zum Ausdruck, dass die Aufsichtsräte (Boards) den Nachfolgeprozess inzwischen proaktiver und strategischer angingen, anstatt auf überraschende Abgänge zu reagieren.

Insgesamt verließen in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres 110 CEOs ihre Position, ein Rückgang um 11% im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024. Neu ernannt wurden 114 Vorstandschefs. Das ist sogar ein Rückgang um 19%. Die Differenz erklärt sich aus Stichtagsbetrachtungen im Zusammenspiel mit Umbauten in Vorständen. So ist Stephan Leithner beispielsweise seit Anfang 2025 alleiniger CEO der Deutschen Börse. Doch fungierte er bereits seit Oktober 2024 zusammen mit Theodor Weimer als Co-CEO des deutschen Börsenbetreibers.
Verweildauer nimmt ab
Analysiert werden in der regelmäßig erscheinenden Auswertung die Unternehmen der 13 weltweit wichtigsten Börsenindizes, darunter auch der Dax. Bereinigt um Doppelungen ergibt sich eine Grundgesamtheit von rund 1.800 Unternehmen. Daraus errechnet sich bei 114 Neuzugängen eine Fluktuationsrate von 6%, im ersten Halbjahr 2024 waren es noch 8%.
Zugleich hat sich die durchschnittliche Verweildauer der ausscheidenden CEOs auf 6,8 Jahre reduziert nach 7,7 Jahren im ersten Halbjahr 2024. Auch hierbei handelt es sich um den niedrigsten Wert seit Beginn der Auswertung, wie es heißt. Wenngleich es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, dass die Verweildauer abnimmt, obwohl es weniger CEO-Wechsel gibt, lässt sich mit dem Betrachtungszeitraum erklären, wird die durchschnittliche Verweildauer doch über den gesamten Betrachtungszeitraum gemessen. Die aktuelle Entwicklung legt demnach nahe, dass die durchschnittliche Verweildauer künftig wieder steigt.
Mit Blick auf Gendergerechtigkeit hat sich an der Gesamtsituation nichts verändert. 9% aller Neuzugänge an der Vorstandsspitze entfielen im ersten Halbjahr auf Frauen. Das ist exakt der Anteil, der auch in den vorherigen Jahren im ersten Halbjahr ermittelt wurde. Damit lassen die Unternehmen aus Sicht von Russell Reynolds weiterhin viel Potenzial ungenutzt.