Chip-Mangel führt zu Kurzarbeit bei Autozulieferern
Chip-Mangel führt zu Kurzarbeit bei Autozulieferern
Der politische Konflikt um den Chiphersteller Nexperia schlägt auf die deutsche Autobranche durch. Nach Angaben der IG Metall vom Freitag haben Unternehmen wie der weltgrößte Autozulieferer Bosch wegen ausbleibender Chip-Lieferungen örtlich bereits Kurzarbeit beantragt. Andere Firmen bereiteten Kurzarbeit vor, sagte der bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott in München. Volkswagen schloss kurzfristige Auswirkungen des Chipmangels auf seine Produktion nicht aus. Im Handelskonflikt mit den USA hatte China den niederländischen Chiphersteller Nexperia lahmgelegt, der einem chinesischen Konzern gehört. Die Bundesregierung kündigte nicht näher bezeichnete Maßnahmen gegen den Chip-Mangel an.
IG-Metall-Vorstandsmitglied und Bosch-Betriebsrat Mario Gutmann aus Bamberg sagte bei einer Pressekonferenz der Gewerkschaft in München, wegen des Nexperia-Konflikts habe Bosch im niedersächsischen Salzgitter Kurzarbeit für mehr als 1.000 Beschäftigte angemeldet. Dort wirke sich die Knappheit wegen der „Just-in-time“-Materialversorgung sofort aus, sagte Gutmann. Ob der Antrag von der Arbeitsagentur genehmigt werde, sei noch offen. Von Bosch war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Zulieferer stecken in "Schwierigkeiten“
Der bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott sagte, auch bei anderen Autozulieferern gebe es „starke Schwierigkeiten“ in einzelnen Bereichen, wo Kurzarbeit bereits angemeldet worden sei. Auf die Frage nach Details antwortete Ott, voraussichtlich ab dem kommenden Mittwoch werde jeder größere Zulieferbetrieb und jeder Autohersteller sagen können, wie sich der Lieferengpass bei ihm auswirke. „Bis dahin müssen alle Krisenszenarien hochgelaufen sein“, erläuterte er. „Dann sieht man, ob Notfallpläne eben funktionieren oder nicht.“ Betriebsräte ließen sich bei der IG Metall bereits über Betriebsvereinbarungen beraten, die für Kurzarbeit nötig seien: „Bei uns laufen die Telefone heiß.“

picture alliance/dpa | Moritz Frankenberg
Volkswagen erklärte unterdessen, bis zum kommenden Donnerstag sei die Fahrzeugproduktion an den deutschen Standorten gesichert. „Kurzfristige Auswirkungen auf das Produktionsnetzwerk des Volkswagen Konzerns“ könnten „jedoch weiterhin nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden“, teilte ein Unternehmenssprecher mit. Volkswagen prüfe alternative Beschaffungsoptionen. VW-Markenproduktionsvorstand Christian Vollmer hatte zuletzt gesagt, das Unternehmen habe einen alternativen Lieferanten, der den Lieferausfall der Nexperia-Halbleiter ausgleichen könnte.
Kontakt zur chinesischen Regierung
Die Bundesregierung beobachtet den Chipmangel mit Sorge und will die Abhängigkeit vom Ausland reduzieren. „Wir sind da an Maßnahmen dran“, sagte eine Sprecherin des CDU-geführten Wirtschaftsministeriums. Details nannte sie nicht. Die Regierung sei im Kontakt mit der Wirtschaft. Sie verwies auch auf die zuletzt im Kabinett gebilligte Mikroelektronik-Strategie. Diese lege den Fokus auf die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sagte am Rande eines Besuchs in Kiew, die deutsche Wirtschaft sei auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Zusammen mit der EU-Kommission stehe Deutschland dazu im Kontakt mit der chinesischen Regierung und habe sich an das dortige Handelsministerium gewandt, um schnell wieder den Export von Chips möglich zu machen. „Aktuell ist die Situation noch nicht gelöst. Aber wir arbeiten daran.“
Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte bei einem Besuch in China von Sonntag an über die Kooperation beider Staaten sprechen wollen. Jedoch wurde die Reise nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin überraschend abgesagt. Konkrete Gründe nannte das Ministerium nicht.
IG Metall: Aus letzter Krise nichts gelernt
IG-Metall-Vorstand Gutmann kritisierte die nun von Unternehnen und Politik angekündigten Schritte als zu spät. „Warum haben wir es denn nicht gelernt aus der letzten Krise?“, fragte Gutmann. Deutschland und Europa hätten ihre Abhängigkeit schon längst verringern sollen. „Für mich ist die Kernbotschaft, die dahinter steht, das Schlimmste eigentlich, dass wir es nicht geschafft haben, uns an der Stelle sauber aufzustellen.“ Dieser politisch verursachte Lieferengpass werde nicht der letzte sein. „Das wird wieder kommen“, sagte Gutmann. „Wie schnell es geht, sieht man ja, und dann gehen die Lichter aus.“
Bitkom fordert Tempo
Der Digitalverband Bitkom sprach von richtigen Schritten der Politik, forderte aber mehr Tempo. Es brauche klare Verantwortlichkeiten und messbare Zwischenziele, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst.

G & D
„91% der Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe sowie IT- und Telekommunikation setzen Halbleiter ein, für 80% sind sie unverzichtbar - und die große Mehrheit kauft in den USA und China. Wenn dort etwas hakt, stehen hierzulande Bänder still.“
Nexperia gehört dem chinesischen Konzern Wingtech, der wegen angeblicher Risiken für die nationale Sicherheit auf einer schwarzen Liste der US-Regierung steht. Nexperia produziert in Europa, verarbeitet die Chips aber in China weiter, so dass sie teils als Bestandteil von Bauteilen von dort exportiert werden. Auf Druck der USA übernahmen die Niederlande vor wenigen Tagen die Kontrolle bei Nexperia, woraufhin China den Export stoppte. Dies führt zu Lieferproblemen bei Halbleitern wie Dioden, Transistoren und Chips für das Batteriemanagement. Betroffen sind vor allem die Autoindustrie und der Maschinenbau.
