Daimlers Prototyp für die Revolution

Von Isabel Gomez, Stuttgart Börsen-Zeitung, 28.7.2016 Eine "Revolution beim Lkw", bei der "die Königsklasse im Verteilersegment" angepackt werde. Mit Superlativen spart Daimler-Trucks-Vorstand Wolfgang Bernhard nicht, als er am Mittwoch den...

Daimlers Prototyp für die Revolution

Von Isabel Gomez, StuttgartEine “Revolution beim Lkw”, bei der “die Königsklasse im Verteilersegment” angepackt werde. Mit Superlativen spart Daimler-Trucks-Vorstand Wolfgang Bernhard nicht, als er am Mittwoch den Prototypen eines rein elektrisch betriebenen Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 26 Tonnen vorstellt. Noch ist die fast geräuschlos herbeigefahrene Mercedes-Zugmaschine mit Folie abgeklebt, um das Design bis zur Branchenmesse IAA im September zu verschleiern. Die Fakten aber, die will Bernhard schnell loswerden.Die bis zu 26 Tonnen schweren Lastwagen sollen bei voller Zuladung eine Reichweite von 200 Kilometern haben und Lieferungen auf den letzten Kilometern zum Bestimmungsort in Städten emissionsfrei und leise machen. Wie viel Geld Daimler investiert, lässt Bernhard offen, räumt aber ein: “Wir sind auf der Wirtschaftlichkeitsseite noch nicht dort, wo wir sein wollen.” Die Kosten für einen E-Lkw lägen “noch weit über einem Diesel”. Daimler hatte schon 2012 einen Elektrotransporter auf den Markt gebracht, das Angebot aber mangels Nachfrage schnell wieder eingestellt. “Die Zeit war nicht reif”, so Bernhard. Nun aber entwickelten sich Kosten, Ladedauer und Leistung von Elektroantrieben so rasant, dass der Markt bereit sei. Ende des Jahrzehnts soll der neue E-Truck in Serie gehen. Bernhard zufolge sind 10 % aller Lkw im städtischen Verteilerverkehr unterwegs – das sei der potenzielle Markt.Immer mehr Menschen leben in Städten, wollen versorgt werden und bequem online bestellen. Zahlreiche Großstädte erwägen wegen der hohen Schadstoffbelastung und angesichts drohender EU-Strafen wegen zu hoher Stickoxidwerte, Diesel-Lkw aus dem Stadtverkehr zu verbannen. Elektromobilität in der innerstädtischen Logistik ist daher für Lkw-Hersteller und ihre Kunden ein heißes Thema. Daimler führt gerade einen zweiten Feldversuch mit kleineren Lkw der Marke Fuso Canter mit bis zu 6 Tonnen durch. Testkunden sind Hermes und die Stadt Stuttgart. Renault Trucks testet einen 16 Tonnen schweren Truck mit Kunden und verkauft ein kleineres Modell bereits in Serie. MAN hat für die IAA Neuheiten zum Thema Elektromobilität angekündigt.Der “weltweit erste Elektro-Lkw in dieser Gewichtsklasse” zog am Mittwoch zahlreiche Gäste an, Sitzplätze waren rar. Das lag auch daran, dass Tesla vorige Woche verkündet hatte, künftig auch elektrische Busse und Lastwagen bauen zu wollen. Elon Musk, Tesla-Chef und einer, der die Klaviatur des Marketing perfekt beherrscht, schrieb diese Vision in einem Schriftstück nieder und nannte es, gewohnt bescheiden, Masterplan. Was den öffentlichkeitswirksamen Eintritt in neue Geschäftsfelder angeht, macht ihm kaum jemand etwas vor. Das zeigen die begeisterten Reaktionen auf die Meldung. Es gelingt ihm mit visionären Ankündigungen, selbst Lieferschwierigkeiten und Unfälle in den Hintergrund zu drängen. Auch Daimler kann, trotz der Superlative, in diesem Bereich viel von den jungen Konkurrenten lernen. Aber den Wettbewerb fürchtet Bernhard nicht. “Ich habe die Nachricht gelesen”, sagt er. Teslas Interesse zeige zwar, dass das Timing stimme. Daimler aber habe viele Jahre Erfahrung im Fahrzeugbau voraus. “Wir haben die Nase vorn, wir haben hier schon einen Elektro-Lkw stehen.” ——–Tesla vermarktet die Vision eines elektrischen Lkw geschickt. Daimler baut indessen einen.——-