Dalian Wanda Group zapft Chinas Technologieriesen an
nh Schanghai – Der unter heftigem Verschuldungsdruck und Restrukturierungszwang stehende chinesische Immobilien- und Unterhaltungskonzern Dalian Wanda Group hat sich binnen einer Woche zum zweiten Mal einen chinesischen Technologieriesen als Kapitalgeber und Kooperationspartner an Bord geholt. Der vom chinesischen Milliardär Wang Jianlin kontrollierte Mischkonzern hat mit den investmentfreudigen chinesischen Techkonzernen Alibaba und Tencent nun sowohl im Gewerbeimmobilien- wie auch im Kino- und Filmgeschäft Geldgeber mit tiefen Taschen gefunden, die gleichzeitig dazu beitragen können, Probleme mit dem Listing von Wanda-Gesellschaften auf dem chinesischen Festland zu bereinigen. Geldspritze für Wanda FilmDer neueste Coup für Wanda bringt überraschend Chinas führenden E-Commerce-Betreiber Alibaba Group Holdings mit ins Spiel. Wie zu Wochenbeginn bekannt wurde, erwirbt Alibaba für 4,7 Mrd. Yuan (600 Mill. Euro) eine Beteiligung von 7,7 % via neu ausgegebene Aktien an der Wanda Film Holding Co, dem führenden Kinobetreiber im Reich der Mitte, der es auf über 500 Kinosäle und 2 000 Leinwände bringt. Eine zusätzliche Geldspritze erfolgt über den Einstieg der von der Lokalregierung der Provinz Peking kontrollierten Beijing Cultural Investment Holding, die sich für 3,1 Mrd. Yuan mit gut 5 % bei Wanda Film beteiligt.Wanda dürfte bei dem Deal zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen hilft der Einstieg einer staatskontrollierten Holding im Kulturbetrieb in gewisser Weise bei der Legitimierung des weitreichenden Unterhaltungsgeschäfts der Wanda-Gruppe, nachdem diese mit ihren ausländischen Akquisitionen – darunter eine Mehrheitsbeteiligung an der US-Kinokette AMC Entertainment Holdings, das Hollywood Filmstudio Legendary Entertainment sowie eine Reihe von Sportmarketingfirmen – in die Kritik geraten war. Wanda ist in Bereiche vorgestoßen, die mittlerweile zu von der Regierung eher unerwünschten Auslandsakquisitionen hoch verschuldeter Konglomerate gerechnet werden. Hoffnung für AktionäreZum anderen ist der Einstieg von Alibaba ein probates Mittel, die leidgeprüften Minderheitsaktionäre der Wanda Film Holding zu besänftigen beziehungsweise neue Kursfantasie zu entfachen, wenn die gegenwärtig ausgesetzten Aktien an der Börse Shenzhen wieder in den Handel kommen. Die Notierung war bereits vor sechs Monaten ausgesetzt worden, nachdem Wanda Film von den Refinanzierungsschwierigkeiten im Konzern miterfasst wurde und einer größeren Restrukturierung anheimgestellt werden sollte.Alibaba und die Cultural Investment Holding zeichnen die neuen Aktien der Wanda Film auf dem Niveau der letzten Schlussnotierung. Mit der jetzt erfolgten Erweiterung des Aktionärskreises könnte ein heftiger Absturz der Titel nach Wiederaufnahme des Handels verhindert werden. Digitale VermarktungAnalysten jedenfalls sehen mit dem Eintritt von Alibaba neue Ansatzpunkte, das im Kampf um die Aufmerksamkeit von Filmkonsumenten durch die rasante Verbreitung von Video-Streamingdiensten beeinträchtigte traditionelle Kinogeschäft mit digitalen Vermarktungsmöglichkeiten und Online-Ticketkäufen via Alibabas Plattformen zu stärken.Vergangene Woche bereits hatte Wanda auf ihrer noch wesentlich größeren Baustelle der Kerneinheit Wanda Commercial Properties einen Durchbruch erzielt. Ein Konsortium unter der Führung des chinesischen Internetkonzerns Tencent wurde als neuer Geldgeber und strategischer Kooperationspartner für den weltgrößten Betreiber von Einkaufszentren gewonnen.Tencent wird im Verbund mit dem E-Commerce-Betreiber JD.Com, dem Elektronikhändler Suning sowie dem Bauträger Sunac in einer rund 34 Mrd. Yuan (4,3 Mrd. Euro) schweren Transaktion einen Anteil von 14 % an Wanda Commercial Properties übernehmen. Auch hier gibt es eine Verbindung zu Börsenplänen, nachdem Wanda diese Einheit 2016 von der Hongkonger Börse nehmen ließ, um sie auf dem chinesischen Festland wieder zu listen, aber aufgrund der Verschuldungsprobleme im Konzern hier nicht weitergekommen ist.Wanda hätte die Minderheitsaktionäre nach dem Going Private ab Herbst dieses Jahres großzügig entschädigen müssen, wenn bis dahin ein Listing der Wanda Commercial Properties nicht geglückt wäre. Nun aber hat die Investorengruppe um Tencent die Anteile der Minderheitsaktionäre zu einem kräftigen Aufschlag übernommen und Wanda damit erheblich mehr Bewegungsspielraum verschafft. O2O-Geschäft im VisierSowohl Tencent als auch JD.com und Suning als wichtige Player im E-Commerce-Geschäft sehen nun eine Chance, mit dem Einstieg beim Shopping-Mall-Betreiber Wanda Commercial noch stärker auf das Online-to-Offline-Geschäft (O2O) aufzuspringen. Dabei geht es um die Verknüpfung von E-Commerce mit physischem Einzelhandel sowie die Anwendung von Big-Data-Applikationen und digitalen Zahlungssystemen aus dem Hause Tencent.Mit Tencent und Co. im Rücken dürfte es Wanda nun wesentlich leichter fallen, die Flaggschiffeinheit Wanda Commercial Properties mit ihren rund 240 Wanda Plaza genannten Shopping-Malls zu einer attraktiven Bewertung wieder an die Börse zu bringen und neues Kapital aufzunehmen.