Studie

Dax-Konzerne liegen mit Prognosen oft daneben

Von den 21 Unternehmen, die in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2020 einen Soll-Ist-Vergleich bei der quantitativen Ergebnisprognose aufgestellt haben, haben 15 Konzerne ihre Ziele verfehlt – das liegt auch an Corona.

Dax-Konzerne liegen mit Prognosen oft daneben

kro Frankfurt

− Die Dax-Unternehmen haben in ihrer Treffsicherheit bei der Ergebnisprognose im vergangenen Jahr coronabedingt deutlich nachgelassen. Von den 21 Unternehmen, die in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2020 einen Soll-Ist-Vergleich bei der quantitativen Ergebnisprognose aufgestellt haben, haben 15 Konzerne ihre Ziele verfehlt. Das geht aus einer Studie der Beratungsgesellschaft Kirchhoff Consult hervor. Nur drei Unternehmen haben ihren Ausblick demgegenüber erreicht und drei weitere sogar besser abgeschnitten als prognostiziert.

Grund sei vor allem die negative Entwicklung im Zuge der Covid-19-Pandemie, auf die fast alle Unternehmen verwiesen hätten, schreiben die Autoren. Gleichzeitig haben alle Unternehmen auch in ihren Prognosen für das Geschäftsjahr 2021 Bezug auf die Pandemie genommen. Gemessen an der Häufigkeit der Nennungen war das am stärksten bei dem Rückversicherer Munich Re der Fall. Am wenigsten bezog sich dagegen RWE auf das Virus.

„Während der Pandemie wird besonders deutlich, mit wie viel Unsicherheit die Prognosen der Unternehmen behaftet sind“, sagte Kirchhoff-Chef Klaus Rainer Kirchhoff. Das zeige sich insbesondere an den zahlreichen Prognoseanpassungen im vergangenen Jahr. Demnach hielten lediglich fünf von insgesamt 26 untersuchten Dax-Konzernen an ihrem ursprünglichen Ausblick für das Geschäftsjahr 2020 fest. 13 Firmen schraubten ihre Ziele dagegen herunter und fünf strichen sie komplett zusammen. Immerhin: Bei einem Unternehmen verbesserte sich der Ausblick sogar.

Umfang nicht entscheidend

Wie schon im Vorjahr habe die Deutsche Telekom nach Einschätzung der Autoren den „besten Prognosebericht“ vorgelegt. Von allen Unternehmen hätten die Bonner mit ihrem elf Seiten umfassenden Ausblick die meisten Transparenzanforderungen erfüllt. Masse sei dabei aber nicht ausschlaggebend − denn auch Deutsche Wohnen und der Deutschen Post DHL wurde das höchste Transparenzniveau bescheinigt. Deren Prognosebericht war jedoch gerade mal zwei Seiten lang. Der Durchschnitt lag bei 4,4 Seiten, Delivery Hero benötigte sogar lediglich eine Seite. Hier hätten allerdings wesentliche Informationen wie das quantitative Konzern- und Segmentergebnis gefehlt, monieren die Experten. Der im Sommer 2020 in den Dax aufgestiegene Online-Lieferdienst landete somit in der Kategorie „niedrige Transparenz“, genauso wie die Deutsche Bank. Auch wenn die ihre prognostizierten Kennzahlen ausführlich auf neun Seiten erläutert habe, womit sie den zweitlängsten Bericht abgegeben hatte, haben die Autoren hier ebenfalls Ergebnisse auf Konzern- und Segmentebene für das Jahr 2021 vermisst.

Mehr ESG-Ziele gewünscht

Insgesamt wurde 14 Unternehmen eine „hohe Transparenz“ zugesprochen. Fünf Konzerne landeten zudem in der Kategorie „mittlere Transparenz“ − ein gemischtes Bild also, wie die Experten schreiben. Nach Ansicht der Autoren bemisst sich die Transparenz eines Dax-Unternehmens mittlerweile aber nicht mehr nur nach den rein finanziellen Kennzahlen. Auch nichtfinanzielle Leistungsindikatoren, bei denen es vor allem um ökologische und soziale Aspekte geht, spielen eine immer wichtigere Rolle. Seit 2017 ist die damit verbundene Berichtspflicht für große Unternehmen in Deutschland im CSR-Richt­linie-Umsetzungsgesetz geregelt. Mehr als 80% der Dax-Konzerne hätten denn auch in Nachhaltigkeitsberichten oder kombinierten Berichten über ihre Fortschritte in diesen Bereichen informiert, heißt es in der Kirchhoff-Studie.

In den Prognoseberichten sei das Thema bislang allerdings noch kein fester Bestandteil. Von 29 untersuchten Unternehmen haben demnach nur zwölf Firmen Aussagen zu ihren nichtfinanziellen Leistungsindikatoren vorgenommen. „Die Ergebnisse sind insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Bedeutung nichtfinanzieller Leistungsindikatoren für die Finanzmärkte bemerkenswert“, kommentierte Stefan Hannen, Sustainable-Finance-Chef bei Kirchhoff, die Ergebnisse. Für immer mehr Investoren sei ein gutes Abschneiden bei ESG-Kriterien eine Voraussetzung für eine Investitionsentscheidung. „In den Prognoseberichten blicken die Unternehmen auf die erwartete zukünftige Entwicklung der wichtigsten Steuerungsgrößen. Hierzu zählen die nichtfinanziellen Leistungsindikatoren für die Mehrheit der Dax-30-Unternehmen offenbar (noch) nicht“, so Hannen weiter.

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