Luxusgüterindustrie

Der Margenboom ist vorbei

Der Margenboom, den die Luxusgüterproduzenten in den vergangenen drei Jahren erlebt haben, "ist so gut wie vorbei". Diese Ansicht vertritt Flavio Cereda, Luxusgüterexperte des Schweizer Vermögensverwalters GAM. Immerhin ist er der Ansicht, dass "stärkere Marken wie Louis Vuitton, Dior, Hermès und Chanel" stärker vom Wachstum im Luxussektor profitieren könnten – zu Lasten von schwächeren Marken.

Der Margenboom ist vorbei

Der Margenboom in der Luxusgüterbranche ist vorbei

Vermögensverwalter GAM: High-End-Anbieter gehen gestärkt in die Post-Covid-Ära – Schwächere Marken unter Druck – Umsatzanteil Asiens steigt

md Frankfurt

Die Luxusgüterindustrie ist eine der dynamischsten und widerstandsfähigsten Branchen. Sie hat immer wieder Herausforderungen und Krisen gemeistert und ist gestärkt und profitabler daraus hervorgegangen, wie Flavio Cereda, Investmentmanager für Luxusgüteraktien beim Schweizer Vermögensverwalter GAM, feststellt. Die Covid-19-Pandemie habe jedoch noch nie dagewesene Veränderungen und Störungen für den Sektor mit sich gebracht.

Luxusmarken haben auch einen Polarisierungseffekt erlebt, bei dem die stärkeren Marken auf Kosten der schwächeren erhebliche Marktanteile gewonnen haben.

Flavio Cereda, Investmentmanager für Luxusgüteraktien beim Vermögensverwalter GAM

Cereda erinnert daran, dass die Ausgaben für Luxusartikel in China, dem wichtigsten und einflussreichsten Markt, während der Corona-Pandemie in die Höhe geschnellt sind; nun normalisierten sie sich. Zudem hätten Luxusmarken einen Polarisierungseffekt erlebt: Stärkere Marken haben auf Kosten der schwächeren erhebliche Marktanteile gewonnen.

Bedeutung Europas sinkt

Der Luxusmarkt hat sich von 2019 bis 2023 in Bezug auf Geografie und Nationalität stark verändert. China hat seinen Anteil am Sektor nach Angaben von GAM von 14 auf 28% verdoppelt, während Asien insgesamt seinen Anteil von 28 auf 47% erhöht habe; damit sei der Kontinent die wichtigste Region für Luxusmarken geworden. In Europa hingegen sei der Anteil von 49 auf 30% gesunken, was vor allem auf den Rückgang des Tourismus und Reiseverkehrs aufgrund von Covid-19 zurückzuführen sei.

Chinesische Verbraucher werden dieses Jahr schätzungsweise 36 bis 38% des weltweiten Umsatzes mit Luxusgütern ausmachen, verglichen mit 34% im Jahr 2019. Konservativeren Prognosen der Management- und Unternehmensberatung Bain zufolge dürften chinesische Verbraucher ihren Status als dominierende Nationalität für Luxus weiter ausbauen und bis 2030 einen Anteil von 38 bis 40% an den weltweiten Käufen erreichen.

Jedoch kaufen Chinesen jetzt mehr Luxusgüter vor Ort, da es teurer und schwieriger geworden ist, ins Ausland zu reisen. 2019 entfielen den Angaben zufolge 34% der Luxuskäufe auf chinesische Verbraucher, aber geografisch gesehen nur 14% auf China. Dies liegt daran, dass sie ihre Ausgaben in anderen Ländern tätigten, insbesondere in Europa, Japan, Südkorea und Hawaii. Da sich die Käufe ins Inland verlagern, wird geschätzt, dass China dieses Jahr geografisch 28% der weltweiten Luxusverkäufe ausmachen wird.

Für die Luxusgüterindustrie wird Asien eine immer größere Rolle spielen, Europa eine immer kleinere. Doch müssen Luxusmarken in Asien, besonders in China, die richtigen Geschäfte, die richtige digitale Präsenz, die richtige Preisgestaltung und die richtigen Botschafter haben, um erfolgreich zu sein, mahnt GAM.

Die "Luxuspyramide"

Der Luxusgütermarkt lässt sich nach Cereda in eine „Luxuspyramide“ einteilen: Die Spitze bildeten "absolute Marken" wie Ferrari, Hermès, Chanel und Patek Philippe. Darunter folge der "High-End"-Bereich, u. a. mit Louis Vuitton, Gucci, Prada, Dior und Rolex. Als "Aspirational" (anspruchsvoll) bezeichnet Cereda Marken wie Burberry, Versace und Omega. Die unterste Luxusebene – mit "Accessible" (zugänglich) beschrieben – bildeten Labels wie Hugo Boss, Ralph Lauren und Samsonite. "Je höher die Kategorie, desto besser die Qualität, die Marge, die Nachfrage und die Loyalität", erklärt der Experte.

LVMH, Hermès und Kering seien drei Beispiele für gegensätzliche Leistungen im Luxusbereich. LVMH (u. a. Bulgari, Tiffany, TAG Heuer und Dom Pérignon) und Hermès hätten von 2019 an bis heute ein bemerkenswertes Wachstum erzielt, dank der absoluten und hochwertigen Positionierung ihrer Marken in der Luxuspyramide. Dagegen habe sich Kering (u. a. Yves Saint Laurent und Brioni) seit einiger Zeit unterdurchschnittlich entwickelt, was vor allem auf die unzureichende Leistung von Gucci zurückzuführen sei, die 2021 noch rund 80% des Gewinns von Kering ausgemacht habe.

Die Marken an der Spitze der Luxuspyramide werden mit hoher Wahrscheinlichkeit diejenigen sein, die in der Nach-Covid-Ära gedeihen werden, sagt Cereda. Sie hätten die Qualität, den Ruf und die Widerstandsfähigkeit, die sie attraktiver und defensiver machen als die Marken am unteren Ende. Sie seien in der Lage gewesen, sich an die veränderten Vorlieben und Verhaltensweisen asiatischer Verbraucher anzupassen, ihre Produkte und Dienstleistungen zu erneuern und zu diversifizieren, ohne dabei ihre Exklusivität und Handwerkskunst zu verlieren.

Generation Z als Kunden gewinnen

Die Generation Z wird nach Ansicht von GAM bald der größte Käufer von Luxusgütern sein, "aber sie muss erst einmal auf die Marke aufmerksam werden", so Cereda. Durch Sponsoring von Konzerten, Partnerschaften mit Sportlern oder Unterstützung von Künstlern könnten Marken ihre Reichweite erweitern und mit Verbrauchern auf verschiedene Weise interagieren. Dies habe das Potenzial, die Umsätze enorm zu steigern.

Die Ausgaben für Luxusgüter in China werden 2024 nach Schätzung von GAM um 5% steigen. Die Nobelmarken werden sich noch mehr anstrengen müssen, um chinesische Kunden anzuziehen und zu halten. Diese zeigen zwar ein starkes Interesse und eine hohe Loyalität für Luxusgüter, aber weisen auch veränderte Vorlieben und Verhaltensweisen auf.

Der Margenboom, den wir in den letzten drei Jahren erlebt haben, ist so gut wie vorbei.

Flavio Cereda, Investmentmanager für Luxusgüteraktien beim Vermögensverwalter GAM

"Der Margenboom, den wir in den letzten drei Jahren erlebt haben, ist so gut wie vorbei", erklärt Cereda. Für Luxusmarken gelte es, den Umsatz zu steigern und den Marktanteil weiter zu erhöhen, was zu stabilen Margen führen sollte. "Die stärkeren Marken wie Louis Vuitton, Dior, Hermès und Chanel könnten stärker vom Wachstum im Luxussektor profitieren, da sie in Bezug auf Qualität, Markenidentität, Kundenerlebnis und Innovation im Vorteil sind", meint der Luxusexperte.

LVMH von Moody’s hochgestuft

Auch Moody’s ist für den Branchenprimus LVMH, zu dessen Markenportfolio Louis Vuitton und Dior gehören, positiv gestimmt. Das Rating für den französischen Branchenprimus wurde am Donnerstag von "A1" auf "Aa3" angehoben. Zur Begründung wird auf die langjährige Erfolgsbilanz im Hinblick auf Marktanteile und Margen sowie die Widerstandskraft in schwierigeren Zeiten verwiesen.

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