Halbjahreszahlen

Deutsche Bahn fährt auf Milliarden­gewinn zu

Im Fernverkehr der Deutschen Bahn ist aktuell jeder dritte Zug mehr als fünf Minuten verspätet – wenn er nicht schon vorher ausgefallen ist. Auf der Fahrt zu den Finanzzielen für 2022 liegt der Konzern dank der Logistik-Tochter Schenker nach halber Strecke dagegen vor dem Plan.

Deutsche Bahn fährt auf Milliarden­gewinn zu

Reuters Berlin

Die krisengeschüttelte Deutsche Bahn ist wegen eines Milliardengewinns ihrer Logistik-Tochter Schenker im ersten Halbjahr und aufgrund der Rückkehr der Passagiere nach der Coronakrise auch für das Gesamtjahr optimistischer. Im laufenden Turnus rechne man nun wieder mit einem Milliardengewinn, teilte der Staatskonzern am Donnerstag in Berlin mit. Zuvor hatte er nur auf eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen gehofft. Grund ist, dass die Bahn im ersten Halbjahr aufgrund eines Betriebsgewinns bei Schenker in Höhe von fast 1,2 Mrd. Euro auch im Gesamtkonzern wieder in die Gewinnzone kam. Auch der Fernverkehr mit IC und ICE erholte sich trotz Problemen bei der Pünktlichkeit. Der Konzern erzielte unter dem Strich gut 420 Mill. Euro Gewinn, nachdem er im Vorjahreszeitraum noch ein Minus von 1,4 Mrd. eingefahren hatte. „Die Trendwende ist gelungen: Die Nachfrage boomt und wir schreiben wieder schwarze Zahlen“, sagte Bahnchef Richard Lutz. Inakzeptabel sei allerdings die mangelhafte Pünktlichkeit. Im ersten Halbjahr war fast jeder dritte Zug im Fernverkehr mehr als fünf Minuten zu spät.

Die Explosion der Energiekosten treffe die Bahn – einen der größten Stromverbraucher Deutschlands –hart, warnte Finanzvorstand Levin Holle mit Blick nach vorne. „Wir können uns nicht auf Dauer dem Preistrend verschließen“, sagte er zu möglichen Preiserhöhungen. Im ersten Halbjahr sei die Bahn im Rahmen bestehender Verträge aber noch weitgehend vor steigenden Energiepreisen geschützt gewesen.

Der Konzern schnitt deutlich besser ab als geplant, wie interne Unterlagen zeigen. Der Umsatz legte vor allem bei Schenker kräftig auf fast 28 Mrd. Euro zu. Im Gesamtjahr sollen es nun mindestens 54 Mrd. Euro sein. Schenker profitiert von den weltweit knappen Frachtkapazitäten in der Land-, Luft- und Seefracht und kann daher deutlich höhere Preise verlangen. Die Bahn-Tochter erzielte im ersten Halbjahr 2022 allein so viel Gewinn wie im gesamten Jahr 2021 – dabei war auch dies schon ein Rekordergebnis. Das Betriebsergebnis (Ebit) des gesamten Konzerns liegt nach sechs Monaten bei mehr als 870 Mill. Euro.

Das Schenker-Ergebnis wird auch die Debatte beim Eigentümer Staat über einen Verkauf des Geschäfts weiter befeuern: Besonders bei Grünen und FDP gilt das internationale Geschäft als Fremdkörper innerhalb des Bahn-Konzerns. Mit einem Verkauf könnte zudem ein Teil des Schuldenbergs von rund 30 Mrd. Euro abgetragen werden. Auf der anderen Seite zeigt der Gewinn, dass Schenker für den Konzern eine wichtige Stütze ist. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat sich bislang noch nicht zu Schenkers Zukunft geäußert.