Deutsche gehen bei FCAS auf Konfrontation mit Dassault
Deutsche gehen bei FCAS auf Konfrontation mit Dassault
In Deutschland mehren sich die Stimmen für einen Ausstieg aus der Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Kampfflugzeugs mit dem französischen Partner Dassault. Die Gewerkschaft IG Metall und der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) gingen auf Konfrontationskurs mit dem französischen Rüstungskonzern, der eine dominantere Rolle bei dem Kampfjet-Projekt FCAS gefordert hatte. „Der Fortbestand des deutschen militärischen Flugzeugbaus läge damit in den Händen eines einzelnen französischen Unternehmens“, warnte der BDLI in einem Brief an Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Es drohe irreparabler Schaden für die deutsche Industrie. Das Projekt sichere Tausende Arbeitsplätze.
Die Bundesregierung solle sich deshalb für den Bau eines eigenen Kampfflugzeugs ohne Dassault entscheiden, erklärte der Verband. FCAS müsse neu durchstarten, mit zwei sich ergänzenden Flugzeugen. „Für uns lautet die Lösung: Zwei Fighter – ein Programm.“
Entscheidung bis Jahresende
Eigentlich soll ein gemeinsamer Kampfjet etwa ab 2040 in Deutschland den Eurofighter und in Frankreich die Rafale ablösen. Die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Spaniens wollen bis zum Jahresende eine politische Lösung in dem Streit um das 100-Mrd.-Projekt finden, den der Chef von Dassault, Eric Trappier, vom Zaun gebrochen hatte. Er fordert für sein Unternehmen die klare Führung des Projekts und düpierte damit den Partner Airbus, der bei FCAS die deutschen Interessen vertritt. Pistorius trifft sich am Freitag mit seinen Kolleginnen aus Frankreich und Spanien, Catherine Vautrin und Margarita Robles. Dabei dürfte es auch um die Zukunft von FCAS gehen.
Die einflussreiche IG Metall ging mit den Franzosen hart ins Gericht: „Dassault hat sich als verlässlicher Partner innerhalb Europas in Zeiten akuter Bedrohung komplett disqualifiziert“, schrieben der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft, Jürgen Kerner, und der Gesamtbetriebsratschef von Airbus Defence and Space, Thomas Pretzl, in einem Brief an Pistorius und dessen SPD-Parteifreund, Bundesfinanzminister Lars Klingbeil. Auch die Arbeitnehmervertreter sehen „die Zwei-Kampfflugzeuge-Lösung als gangbaren Weg“, wie es darin heißt. Dabei würden Deutschland und Frankreich jeweils ein eigenes Flugzeug bauen, während Projekte wie Triebwerke, Drohnen und eine „Combat Cloud“ gemeinsam entwickelt werden könnten.
„Wir trauen Dassault nicht mehr“
„Wir arbeiten gerne mit französischen Unternehmen zusammen, nicht aber mit Dassault“, schreiben Kerner und Pretzl. Die deutsche Politik und die Industrie hätten bei FCAS von Beginn an Zugeständnisse gemacht. „Trotzdem ist Dassault von Anfang an bemüht, uns zu diffamieren, zurückzudrängen und gegen uns zu arbeiten. Der Bogen ist überspannt. Wir trauen Dassault nicht mehr“, heißt es in dem Brief der Gewerkschafter. Die Franzosen treten die europäische Kooperation mit Füßen.
Das Verteidigungsministerium bestätigte, den Brief der IG Metall erhalten zu haben, ging auf die Inhalte aber nicht ein. Die Gewerkschaft wollte sich nicht weiter äußern. Dassault lehnte eine Stellungnahme ab. Airbus-Chef Guillaume Faury äußerte sich zur Zukunft von FCAS dagegen vorsichtig optimistisch. „Ich glaube, dass dieses Programm umgesetzt wird. Aber wie die Zusammenarbeit bei den einzelnen Teilen aussieht, ist noch nicht ausgemacht“, sagte er dem französischen Radiosender France Inter.
