Deutsche Wohnen sucht das Ei des Kolumbus

Lösung für Squeeze-out bei übernommener GSW gefragt, ohne 130 Mill. Euro Grunderwerbsteuer zu zahlen

Deutsche Wohnen sucht das Ei des Kolumbus

Von Ulli Gericke, BerlinStolze 91,05 % der GSW-Aktionäre haben bis zum Ende der Nachfrist ihre Aktien in Papiere der Deutschen Wohnen umgetauscht. Und dennoch wird der damit größte börsennotierte Wohnimmobilienkonzern hierzulande nach der Deutschen Annington die kleine Tochter GSW Immobilien nicht von der Börsen nehmen können. Denn es widersprechen sich das Squeeze-out-Minimum von 95 % und das steuerliche Maximum von 94,9 %. “Das kneift sich”, räumt man bei der Deutschen Wohnen unumwunden ein, “wir prüfen, ob es dennoch irgendwelche Lösungsmöglichkeiten gibt.”Dabei geht es um 130 Mill. Euro. Übernimmt ein Käufer ein Immobilienunternehmen, wird Grunderwerbsteuer fällig. Im Falle des Berliner Vermieters GSW wären dies 130 Mill. Euro. Begnügt sich dagegen der Erwerber mit 94,9 % an dem Zielobjekt, wie vor Jahresfrist die TAG Immobilien bei der ostdeutschen TLG Wohnen, muss keine Grunderwerbsteuer abgeführt werden. Ausschließlich aus diesem Grund hatte die Deutsche Wohnen bei der GSW-Übernahme mit der Deutschen Bank eine “Überlaufstruktur” installiert, in die all die Aktien geflossen wären, die jenseits der Schwelle von 94,9 % zum Umtausch angeboten worden wären. Da dieses Sicherheitsventil bei 91,05 % nicht benötigt wurde, wird der Vertrag mit der Deutschen Bank aufgelöst.Gesucht wird jetzt eine Lösung, bei der das Aktienpaket von 5,1 %, das laut Gesetzestext von einem unabhängigen Dritten gehalten werden muss, um die Grunderwerbsteuer zu umgehen, doch insoweit der Deutschen Wohnen zugerechnet werden kann, dass die Gesellschaft mit einer Mindestmehrheit von dann 95 % das Squeeze-out-Verfahren initiieren kann. “Ein schwieriges Unterfangen”, konstatiert man bei dem MDax-Wert, “eine Lösung haben wir noch nicht gefunden.”Erste Überlegungen scheint es in die Richtung zu geben, ein Zinsprodukt zu erstellen, mit dem einerseits Eigenkapital ersetzt wird – und damit die 95 %-Schwelle geknackt werden kann – und andererseits die inzwischen starke Stellung bei Zinskonditionen ausgespielt wird. Bot doch die Deutsche Wohnen bei ihrer erst vor wenigen Tagen offerierten und deutlich überzeichneten 250 Mill. Euro schweren und sieben Jahre laufenden Wandelanleihe einen Zinskupon von überschaubaren 0,5 % bei einer Wandlungsprämie von 30 % auf den Referenzkurs oder etwa 45 % über dem Nettovermögenswert, was im Urteil von Investmentbankern “sehr selbstbewusste Konditionen” sind.Klar scheint dabei zu sein, dass die angepeilte Lösung dauerhaft anrechenbares Equity kompensieren soll und somit keine zeitlich begrenzte Zwischenlösung darstellt, für die Investmentbanken kurz- oder mittelfristig einspringen. In den Entry StandardDagegen ist noch offen, ob die Deutsche Wohnen einen Beherrschungsvertrag abschließen wird. Der MDax-Wert hat nicht nur gut 90 % der Aktien eingesammelt, sondern auch 98,8 % der bis 2019 laufenden GSW-Wandelanleihe. Die bislang ebenfalls im MDax gelistete GSW-Aktie dürfte dagegen binnen zwei Handelstagen aus dem Index genommen werden, wie es nach den Worten eines Deutsche-Börse-Sprechers für alle Werte gilt, deren Streubesitz unter die 10 %-Marke fällt.Die Deutsche Wohnen überlegt, die GSW-Aktie eventuell in den Entry Standard zu verbannen, wo wegen der geringeren Berichtspflichten die Kosten der Börsennotierung geringer wären.