Börsengänge

Deutscher IPO-Markt steht vor dem Comeback

Die Hoffnungen für ein Comeback des deutschen IPO-Markts wachsen: Autodoc, Vincorion, Ottobock und Stada planen mögliche Börsengänge im Herbst, begünstigt durch neuerdings positive Marktbedingungen.

Deutscher IPO-Markt steht vor dem Comeback

Hoffnungen für deutschen IPO-Herbst fliegen hoch

Autodoc, Vincorion, Stada und Ottobock erwägen neuen Anlauf für Börsengänge

cru Frankfurt

Die Hoffnungen für ein Comeback des deutschen IPO-Markts im Herbst fliegen hoch. Nach den Absagen der Börsengänge von Autodoc und Brainlab vor der Sommerpause hatte die Stimmung den Tiefpunkt erreicht. Jetzt wagen sich mit Autodoc im zweiten Anlauf sowie der Ex-Jenoptik-Rüstungssparte Vincorion, dem Prothesenhersteller Ottobock und dem Generikakonzern Stada gleich vier Kandidaten erneut aus der Deckung für ein mögliches Debüt. Die Aussicht auf sinkende Zinsen, die abnehmende Volatilität und die US-Euphorie für IPOs aus den Branchen KI und Krypto scheinen den Mut auch hierzulande neu geweckt zu haben. Zudem liegen 10 der 15 europäischen Börsenneulinge des Jahres mit ihren Kursen im Plus.

Bis auf den Kampfflugzeug-Mechatroniker Vincorion, der im November 2021 von Jenoptik an den britischen Finanzinvestor Star Capital verkauft worden war, handelt es sich bei den aktuellen IPO-Kandidaten um Unternehmen, die schon den zweiten oder dritten IPO-Anlauf nehmen. Entsprechend neigen sie dazu, auf großspurige Ankündigungen zu verzichten.

Autodoc erwägt Comeback

„Wir werden sicher nicht die ersten sein in diesem Herbst“, sagte Lennart Schmidt, Finanzvorstand des Online-Ersatzteilhändlers Autodoc aus Berlin, der Börsen-Zeitung. „Aber wir beobachten das Umfeld und können bei Bedarf schnell reagieren. Dafür braucht es vor allem belastbare Aussagen zum Interesse der Investoren. Finanziell stehen wir auch so exzellent da – mit einem Cashbestand von deutlich mehr als 100 Mill. Euro und quasi gänzlich ohne Schulden.“ Autodoc hatte im Juni kurz nach der Bombardierung des Irans den zweiten IPO-Versuch abgesagt.

Auch der Prothesenhersteller Ottobock aus Duderstadt wollte schon 2017, 2019, 2022 und das letzte Mal im März 2024 an die Börse. Seither hat der als eigenwillig verschriene Eigentümer Hans Georg Näder die 20%, die der Finanzinvestor EQT sieben Jahre gehalten hatte, für 1,1 Mrd. Euro zurückgekauft. Jetzt soll offenbar der fünfte Anlauf erfolgen: Die Eigentümerfamilie Näder könnte bei einer Gesamtbewertung von 6 Mrd. Euro bis zu 30% an die Börse bringen.

Ottobock steigert Umsatz und Gewinn

In den ersten sechs Monaten des Jahres hat Ottobock den Umsatz um 5% auf 801 Mill. Euro gesteigert, das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) ist um mehr 30% auf 180 Mill. Euro hochgeschnellt. Neben einem günstigen Produktmix hätten dazu Größenvorteile beigetragen, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. „Wir sind bereit für einen möglichen Börsengang“, sagte CEO Oliver Jakobi dem „Handelsblatt“.

Die größte Wiedervorlage für ein IPO ist indes der Generikakonzern Stada. Inklusive des Schuldenbergs wird das Unternehmen aus Bad Vilbel mit 10 Mrd. Euro bewertet. Ein Verkauf zu diesem Preis ist in den vergangenen zwei Jahren indes schon zweimal gescheitert. Erst wendete sich nach längeren Verhandlungen die Private-Equity-Firma Clayton Dubilier & Rice ab, und zuletzt zog der britische Finanzinvestor CapVest unverrichteter Dinge von dannen.

ISS Stoxx soll an die Börse

Derweil treibt auch die Deutsche Börse selbst ihre Pläne für den Börsengang der Tochter ISS Stoxx voran, der bis zu 1 Mrd. Euro Emissionserlös einspielen soll. An dem Stimmrechtsberater ist auch der Finanzinvestor General Atlantic mit 20% beteiligt. Gesicherte Kandidaten für eine Börsennotierung sind darüber hinaus die Continental-Autozuliefersparte Aumovio und die Thyssenkrupp-U-Boot-Sparte TKMS.

Rückenwind bekommen sie von der guten Kursentwicklung bei den 15 bisherigen Debüts dieses Jahres in Europa. So hat sich der Wert des schwäbischen Stromnetzausrüsters Pfisterer seit IPO im Freiverkehr glatt verdoppelt. In Norwegen legte der Kurs des Wasserstoffbetankers Cavendish um 40% zu. Einer der fünf Ausreißer nach unten ist der spanische Hotelbettenvermittler HBX Group mit einem Minus von 30%.