Finanzierung

Bei Deutsche Konsum brennt es im Laden

Das Immobilienunternehmen Deutsche Konsum ist mit größeren Fälligkeiten konfrontiert. Eine Refinanzierung steht bislang aus. Das Geld ist knapp, auch weil Großaktionär Obotritia ein Darlehen bisher nicht zurückgezahlt hat.

Bei Deutsche Konsum brennt es im Laden

Bei Deutsche Konsum brennt es im Laden

Einzelhandels-Investor vor größeren Fälligkeiten – Refinanzierung bisher offen – Elgetis Obotritia bleibt Rückzahlung schuldig

hek Frankfurt

In der krisengeplagten Immobilienbranche entwickelt sich die Deutsche Konsum Reit-AG zum nächsten Problemfall. Die auf Einzelhandelsimmobilien für die Nahversorgung spezialisierte Gesellschaft muss nämlich im laufenden Jahr Anleihen und Schuldscheine im Volumen von mehr als 100 Mill. Euro tilgen oder refinanzieren. Das Problem: Großaktionär Obotritia Capital hat ein Darlehen bisher nicht zurückgezahlt. Nicht zuletzt deshalb ist die Liquidität knapp. Womöglich müssen nun Fremdkapitalgeber Zugeständnisse machen.

Eine pikante Rolle spielt dabei der bekannte Investor und bisherige Vorstandschef Rolf Elgeti. Der einstige Analyst und Aktienstratege und frühere Chef des Wohnungskonzerns TAG Immobilien stand bis Juli vergangenen Jahres an der Spitze des Deutsche-Konsum-Vorstands, leitete dann bis November den Aufsichtsrat und gehört derzeit dem Gremium als Mitglied an. Zugleich ist er General Partner von Obotritia, die knapp 30% der Deutsche-Konsum-Aktien hält und das Darlehen von Deutsche Konsum erhalten hat – was kritische Fragen hinsichtlich der Corporate Governance aufwirft.

Diverse Umschuldungen im Immobiliensektor

Dem gesamten Immobiliensektor machen stark gestiegene Zinsen und Baukosten sowie daniederliegende Transaktionsmärkte zu schaffen. Etliche Unternehmen mussten bereits Verbindlichkeiten umschulden, etwa der Wohnungsvermieter Adler Group, der Büro- und Hotelimmobilienkonzern Vivion, der Investmentmanager Corestate, der Wohnungsprivatisierer Accentro und der Bürovermieter Preos. Projektentwickler sind in die Pleite gerutscht. Derzeit machen vor allem die Insolvenzen in der Signa-Gruppe des österreichischen Immobilien- und Kaufhaustycoons René Benko Furore.

Darlehensvertrag gekündigt

Deutsche Konsum besaß Ende September 184 Immobilien, die mit 989 Mill. Euro in den Büchern standen. Dem steht aktuell ein Börsenwert von rund 120 Mill. Euro gegenüber. Die Läden werden an Lebensmittelhändler, Apotheker, Drogerien, Baumärkte und andere Einzelhändler vermietet. Wichtigste Pächter sind die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Edeka.

Der Vorstand geht von einer vollumfänglichen und relativ zeitnahen Rückzahlung des ausstehenden Betrags aus – im allerspätesten Fall bis 30. Juni 2025.

Christian Hellmuth, Finanzvorstand der Deutschen Konsum Reit-AG

Im Frühjahr 2023 habe sich Deutsche Konsum entschlossen, den Darlehensrahmenvertrag mit Obotritia zu kündigen, erläutert der Vorstand im Bericht über das am 30. September abgeschlossene Geschäftsjahr 2022/23. Die im September fällige Forderung von 62,5 Mill. Euro sei aber nicht beglichen worden. Im Dezember kam es zu einer Verständigung mit Obotritia. Demnach wird die Rückzahlung bis spätestens Juni 2025 gestundet. Obotritia habe gestaffelte Teiltilgungen zugesagt und ein Sicherheitenpaket gestellt, das die Ausleihungen „zum großen Teil“ decke. Dennoch hat Deutsche Konsum im Jahresabschluss 70% der Forderung abgeschrieben. Die Wertberichtigung geht sogar über die wenige Wochen zuvor avisierten 55% hinaus, als die aktuelle Höhe der Forderung mit 65,7 Mill. Euro angegeben wurde.

CFO erwartet volle Rückzahlung

„Der Vorstand geht von einer vollumfänglichen und relativ zeitnahen Rückzahlung des ausstehenden Betrags aus – im allerspätesten Fall bis 30. Juni 2025“, versichert CFO Christian Hellmuth auf Fragen der Börsen-Zeitung. Seit 2015 habe ein Darlehensrahmenvertrag mit Obotritia bestanden. Deutsche Konsum habe Kredite bei Obotritia aufnehmen oder Liquidität kurzfristig zu 8% unbesichert anlegen können („zu Zeiten von Nullzinsen“). Dies habe Deutsche Konsum wie ein Cashpooling bis Frühjahr 2023 genutzt. Der Sachverhalt sei in den Jahres- und Quartalsabschlüssen enthalten und Gegenstand von Fragen auf Hauptversammlungen gewesen. „Mir ist nicht bekannt, dass juristische Schritte eingeleitet worden sind“, teilt Hellmuth weiter mit.

„Signifikantes Liquiditätsrisiko“

Im April und im Mai 2024 laufen zwei Anleihen im Gesamtvolumen von knapp 106 Mill. Euro aus. Daraus ergebe sich ein „signifikantes Liquiditätsrisiko“, räumt Deutsche Konsum im Geschäftsbericht ein. Der am 5. April fällige 70-Mill.-Euro-Bond ist unbesichert, während die Ende Mai fällige Anleihe im Volumen von 35,9 Mill. Euro mit 13 Immobilien besichert ist und durch Bankfinanzierungen der hinterlegten Objekte abgelöst werden soll.

In der Hand einer Gläubigerin

Wie CFO Hellmuth erläutert, liegen beide Bonds in der Hand einer Anleihegläubigerin, „mit der wir im fortlaufenden konstruktiven Austausch sind und was die Verhandlungen recht einfach hält“. Daher sei keine Gläubigerversammlung erforderlich. Die Bonds sind gelistet, seien aber bisher nicht gehandelt worden.

CFO Christian Hellmuth Foto: Deutsche Konsum Reit-AG

Für die besicherten Immobiliendarlehen von 21 Mill. Euro, die 2024 auslaufen, rechnet das Unternehmen mit einer Verlängerung. Im November werden außerdem 10 Mill. Euro Schuldscheine fällig.

Vorstand zeigt sich zuversichtlich

Sollten die Planungen zur Rückführung oder Verlängerung von Anleihen und zu den Refinanzierungen besicherter Schuldinstrumente nicht greifen, „könne sich eine erhebliche Liquiditätsunterdeckung ergeben“, heißt es im Geschäftsbericht weiter. Daraus könne eine „wesentliche Unsicherheit im Hinblick auf die Unternehmensfortführung“ resultieren. Angesichts der „soliden Eigenkapitalbasis“, des Bestands unbesicherter Immobilien und des Pools potenzieller Fremdkapitalgeber zeigt man sich aber zuversichtlich, zeitnah eine Refinanzierungslösung zu finden.

Rating-Herabstufung

Dass die Finanzlage schwierig ist, macht auch die drastische Herabstufung der Ratingagentur Scope deutlich. Die Kreditwächter setzten das Emittentenrating Ende November von zuvor „BB “ auf „B“ herab. Eine solche Rückstufung um gleich vier Notches kommt selten vor. Scope bescheinigt Deutsche Konsum damit mangelhafte Bonität.

Die Ratingagentur begründet das Vorgehen mit dem starken Anstieg des Verschuldungsgrads, der vornehmlich auf Wertverluste im Portfolio zurückgeht, der gesunkenen Zinsdeckung und den bisher nicht adressierten Fälligkeiten. Als weiteres Argument führt Scope die negative Bewertung der Governance an. Die Agentur nimmt das Darlehen an Obotritia und die Rollen von Elgeti als Funktionsträger von Deutsche Konsum und Partner von Obotritia als Interessenkonflikt wahr.

Starker Anstieg des Verschuldungsgrads

Der Verschuldungsgrad (Loan-to-Value) sprang im vergangenen Geschäftsjahr um 11,9 Prozentpunkte auf 61,6% des Immobilienvermögens. Er bewegt sich also über der für Immobilienbonds als kritisch geltenden Marke von 60%. Parallel kletterte der Durchschnittszins der Darlehen und Anleihen von 1,98 auf 2,81%.

Auf den Immobilienbestand hat Deutsche Konsum im abgelaufenen Geschäftsjahr auf vergleichbarer Basis 9% abgeschrieben. Daraus ergab sich ein Bewertungsverlust von 114 Mill. Euro. Auch die Finanzbehörden sorgen für Ungemach. Die Finanzverwaltung Brandenburg stellt nämlich den Reit-Status (Real Estate Investment Trust) infrage. Dieser Punkt wird nun in einem Rechtsstreit geklärt. Deutsche Konsum hat schon mal 50,2 Mill. Euro Steueraufwand im Jahresabschluss 2022/23 verbucht.